Work - Life - Balance

In den letzten 200 Jahren, ganz besonders in den letzten 70 Jahren seit dem 2. Weltkrieg, haben wir unsere Welt immer besser gemacht. Wir haben geschuftet und gerackert. Unsere Eltern haben das Gleiche getan. Endlich ist es besser. Nun sollen die Maschinen, die Digitalisierung und die Künstliche Intelligenz all die Arbeit machen. Wir ruhen uns nun endlich auf unseren Errungenschaften und denen unserer Eltern aus. Wenn auch noch nicht ganz, so aber doch zu einem grossen Teil, geniessen wir jetzt das, was wir und unsere Eltern geschafft haben. Jetzt kommt endlich das Leben, gemeint ist das Leben ohne Arbeit, das Leben als Genuss. Ich hoffe für Sie, dass Sie auch bisher schon mit Arbeit gut und sinnvoll gelebt haben, denn sonst war die Vergangenheit natürlich furchtbar für Sie.

In der Regel werden wir davon ausgehen müssen, dass wir das, was wir geniessen wollen, auch erarbeiten müssen. Nun haben wir ja viel erarbeitet an Wohlstand, also Geld, Besitz und Rechten auf Leistung von Anderen (dem Staat, der Rentenversicherung, ja, allen möglichen Versicherungen), auf Leistungen im Gewerbe, Handwerk, Handel, Gesundheitswesen, Verkehr, Informationssystem, Rechtswesen, Schutz und Rettung, Bürokratie und vielem mehr. Dafür müssen wir bezahlen und Geld zum Bezahlen haben wir ja glücklicherweise wie Sand am Meer gescheffelt und gesammelt und gewinnbringend angelegt.

Wenn zu Ihrem Wohlstand ein Haus gehört, das Sie selbst bewohnen, ist das von Vorteil. Das kann Ihnen keiner mehr nehmen und es kostet Sie nichts mehr. Sie haben es und es ist schuldenfrei. Ach so. Es gibt doch immer Neider, die Ihnen das Haus am liebsten entreissen wollten? Manchmal gelingt es denen sogar? Und Unterhalt, Steuern und Versicherung für das Haus plus Ver- und Entsorgung kostet es doch auch noch? Die Realität ist doch ziemlich übel oder sind das alles nur die anderen Menschen, die Regierung, die Konzerne, die Verwaltungen, die Ihnen da mehr Geld aus der Tasche ziehen, als Ihnen lieb ist (hoffentlich nicht mehr, als Sie haben)?

Ihr Haus ist gar nicht schuldenfrei? Dann gehört es Ihnen gar nicht oder nur teilweise? Oh, Sie Ärmste, Sie Ärmster, dann fühlen Sie sich nur als Besitzerin oder Besitzer? Macht nichts, Hauptsache ein eigenes Haus. Wie realistisch unsere Gefühle und wie weit unser Verständnis von Realität geht, ist da ja völlig egal. So lange die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in unserem Umfeld sich nicht ändern, funktioniert es ja auch. Aber was ist, wenn sie sich ändern? Schliesslich propagieren wir ja den immerwährenden Wandel und beschwören ihn und treiben ihn ja selbst auch nach besten Kräften an. Vielleicht sollten wir das besser nicht tun? Wir schiessen uns womöglich selbst ins Bein, nur weil es um so viele Ecken in unserer Gesellschaft ging, merken wir gar nicht, dass wir selbst den Schuss (als Demokraten an der Urne oder sogar in der Regierungsverantwortung)(mit) abgegeben haben? Dann sieht es für uns so aus, als seien irgendwelche Anderen die Schützen gewesen. Vielleicht sollten wir doch schnellstmöglich dafür sorgen, dass unsere Schulden möglichst gering werden? Schliesslich wollen Sie doch das Haus besitzen?

Wenn Sie alleine geniessen wollen und nicht mehr (so viel) arbeiten wollen, dann gibt es ja genügend Andere, die die Arbeit machen können, so dass Sie frei haben (kürzere Arbeitszeiten, mehr Urlaub oder frühere und längere Rente). Wenn wir aber Alle gleich sind und mehr oder weniger Alle frei haben wollen oder weniger arbeiten wollen, dann entsteht ein Konflikt wie früher bei den Banken, wenn plötzlich Viele oder sogar Alle grosse Mengen ihres Geldes wieder haben wollten aus Angst, es verliere gerade seinen Wert oder wäre sogar ganz verloren. Lange Schlangen und nicht selten ein Banken-Zusammenbruch waren die Folge. Heute gibt es so etwas ja zum Glück nicht mehr. Unsere Gesetze verhindern das zuverlässig, zumindest, wenn nicht Viele ihr Geld zurück haben wollen und schon gar nicht Alle.

Wir haben uns in den letzten Jahrhunderten und vor allem in den letzten Jahrzehnten einen Wohlstand aufgebaut durch gegenseitige Arbeitsteilung und Kooperation und Effektivitätssteigerung mittels besserer Organisation, Hinzunahme von Technik und nicht muskulär erbrachter Energie. Einen grossen Schritt haben wir Menschen gemacht durch den Feminismus. Jetzt arbeiten die Frauen kräftig mit, zwar nicht mehr zuhause, aber draussen in der Wirtschaft und Politik, scheinbar für mehr Geld. Alle diese Hilfsmittel und auch die Frauen sind zum Gewinn und Erhalt des Wohlstandes inzwischen mit eingeplant und unverzichtbar. Erst wollten unsere Frauen unbedingt mit arbeiten. Jetzt müssen sie sogar mit arbeiten, wenn wir unseren Wohlstand als Paar, als Familie und auch als Gesellschaft erhalten wollen.

Weder wir Männer, noch unsere Frauen können jetzt einfach sagen, wir wollten nicht mehr oder nicht mehr so viel arbeiten, wenn wir das mehrheitlich so wollen und dann auch noch glauben, das hätte keine gesellschaftlichen Konsequenzen. Über die vielen gesellschaftlichen kommunizierenden Röhren, die wir gar nicht wahrnehmen und daher auch nicht mit bedenken, treten ganz ungewollte, unbedachte und in der Regel wohl eher nachteilige Effekte auf. Jetzt können wir nicht einfach sagen, wir wollten jetzt weniger arbeiten, womöglich noch bei vollem Lohnausgleich, also bei vollem Erhalt unseres Wohlstandes. Den Lohn oder Lohnanteil oder den Wohlstandsanteil müssten uns ja Andere erarbeiten und gewähren, die aber selbst auch weniger arbeiten wollen und mehr geniessen. Ohne Hinzunahme anderer Arbeitskräfte (z.B. Gastarbeiter oder stärker Ausgebeutete) geht das nicht. Es muss uns ja Jemand servieren, wenn wir den Service geniessen wollen. Und wenn die gleich viel verdienen sollen wie wir, dann gleichen sich die Gewinne und Verluste einfach aus. Dann gibt es Beides nicht. Dann müssen wir uns ein Wirtschaftssystem ausdenken und freiwillig leben, das ohne Gewinne und Verluste auskommt. Sehr verehrte Ökonominnen (Ja, heute auch Sie) und Ökonomen, sehr verehrte Wissenschaftlerinnen (Ja, heute auch Sie) und Wissenschaftler, ran an die Arbeit und erfunden und entwickelt. Eigentlich gibt es das schon. Eigentlich wurde das schon erfunden. Unsere kommunistischen Vordenker aller Art haben da schon vor zweihundert Jahren ihre Köpfe dran zerbrochen und getestet wurde dieses System ja auch schon in genügend Ländern dieser Erde unter verschiedenen Bedingungen. Wir haben doch schon vielfältige Testergebnisse damit.

Nun gibt es da Umfragen von Berufsverbänden, Gewerkschaften und anderen Interessenvertretungen, die uns als Arbeitnehmer oder Leistungserbringer fragen, was wir uns wünschen, damit wir überhaupt noch die Arbeit als arbeitswert ansehen. Die schnelleren, clevereren, stärkeren Verbände oder Interessenvertreter erkämpfen ihre Rechte und Wünsche schneller und effektiver, wie 2024 die Bahnarbeiter, das Flugpersonal oder andere. Dann werden irgendwann die Anderen nachziehen, werden auch kämpfen müssen. Das schaukelt sich hoch oder herunter, je nach Sichtweise. Gekämpft haben wir immer, gewonnen haben wir nur scheinbar, denn 100 % für alle zusammen sind es immer geblieben. Es wurde gar nicht mehr? Wenn die Einen mehr bekamen, bekamen die Anderen weniger oder es musste Geld gedacht werden, damit wenigstens die Einen mehr bekommen konnten. Gedachtes Geld aber ist teilweise Luftgeld, ist nur in erstaunlich geringem Masse und oft nur vorübergehend wirklich in unserem gewünschten Sinne wirksam und wird später teilweise zur Inflation, damit also zur Retourkutsche.

Zum Glück brauchen wir uns nur immerwährendes Wachstum zu wünschen, zu träumen, zu denken und in Theorien einzubauen und schon bekommen wir das immerwährende Wachstum. Es stellt sich nicht einmal die Frage, ob wir auf Wohlstand, auf immerwährendes Wachstum verzichten wollen. Unser Menschsein, wir selbst sind in vielerlei Hinsicht die Begrenzung, die immerwährendes Wachstum unmöglich macht. So ist unser Sein auf dieser Erde. Da braucht es gar keine Begrenzung durch aufgebrauchte Bodenschätze, zu viel CO2 in der Luft, Klimaerwärmung oder andere wissenschaftlich festgestellte äussere Begrenzungen. Die Ressourcen der Erde werden länger reichen als wir, als unsere eigenen Ressourcen selbst.

Meine sehr verehrten Damen, sie werden mir jetzt bitter böse sein und mich verfluchen und was sonst noch alles, aber es hilft doch nichts. Die Realitäten müssen wir wahrnehmen und auch anerkennen. Sonst wird uns die Realität zwingen. Sie kennt keine Kompromisse, kein Erbarmen und schon gar keine Liebe mit uns.

Wenn wir in den Spitälern gut ausgebildete und gut geübte Ärztinnen und Ärzte und Pflegepersonal haben wollen, die nicht dauernd wechseln und deshalb nicht Bescheid wissen, dann muss es Ärztinnen und Ärzte geben, die entsprechend lange und intensiv am Arbeitsplatz Dienst tun. Je mehr von den Ärztinnen und Ärzten Teilzeit arbeiten wollen und je niedriger deren Beschäftigungsgrad ist, desto mehr wird das Personal an Ihrem Bett wechseln, desto mehr werden die Beschäftigten Zeit für Informationsübergabe brauchen oder desto mehr werden Maschinen deren Arbeit übernehmen und lange intransparente digitale Kommunikationswege die Arbeit nicht nur erleichtern, sondern auch erschweren. Liebe Ärztinnen und Ärzte, je mehr Sie auf Ihren Genuss in Form von Freizeit, freier Arbeitszeitplanung und anderer (Vor-)rechte pochen, desto mehr leidet die Qualität und Effizienz an Ihrem Arbeitsplatz, auch wenn die Spitalleitungen und Firmenleitungen oder Praxisleitungen immer mehr Qualität propagieren und versprechen. Es gibt in unserer Realität nicht so einfach den Fünfer und das Weggli, die Ware und das Geld zusammen. Wenn wir es doch ab und zu oder vorübergehend geschafft haben, dass es Beides zusammen gibt, dann auf Kosten Dritter. Und gleicher Lohn für weniger Arbeit... Sie können sich selbst ausrechnen, welche Folgen das hat, oder?

Meine sehr verehrten Damen, Sie wollten unbedingt mit in den Arbeitsprozess, wollten mit Geld verdienen und mit Karriere machen wie die Männer. Sie haben studiert und oft besser abgeschnitten als wir Männer. Meine Gratulation und Hochachtung! Ihre Ausbildungen haben unsere demokratischen Gesellschaften viel Geld gekostet. Da Frauen die Hälfte der Gesellschaft ausmachen, mussten oder werden Sie in den nächsten Jahren müssen, die Hälfte dieser Kosten der Gesellschaft selbst mit aufbringen. Da auch die Männer ihren Teil dazu neben den Kosten für die eigene Ausbildung mit aufbringen müssen, werden sie zuhause bei Ihnen noch mehr fehlen als bisher schon. Nichts mit die können mehr von Ihrer Hausarbeit übernehmen. Und wenn die Männer doch mehr zuhause sind, dann werden sie am Arbeitsplatz fehlen und auch für weniger Qualität am Arbeitsplatz sorgen und weniger Geld mit nachhause bringen. Wir können ja nur verbrauchen und geniessen, was wir auch erarbeitet haben, wenn nicht Dritte das erarbeiten sollen, ohne selbst geniessen zu dürfen.

Auch wenn uns Ökonomen und Wissenschaftler vorgedacht und gelehrt haben, dass Wirtschaft ein immerwährendes und unbegrenztes Wachstum aufweisen könne, so fällt es mir angesichts der vielen gegenteiligen Hinweise inzwischen sehr schwer, das zu glauben. Wirtschaft geschieht grösstenteils in Kreisläufen und Flüssen mit mehr oder weniger Ausbeutung und da Prozesse in der Natur, aber offenbar auch in der Gesellschaft bzw. Wirtschaft, mehr Energiezufuhr brauchen als am Ende Gewinn herauskommt, da wir aber alle Gewinn haben wollen und von diesem Gewinn leben wollen, haben wir ein natürliches Problem. Woher soll der Gewinn kommen, wenn nicht aus Ausbeutung Anderer, denn uns selbst ausbeuten wollen wir ja nun gar nicht. Das beweisen wir gerade. Unsere Vorfahren, die uns unseren heutigen Wohlstand vererbt haben, haben grossteils sich selbst oder Andere ausgebeutet. Wohlstand will und muss nicht nur erarbeitet und gewonnen werden, sondern muss auch immer wieder erhalten und verteidigt werden gegen viele andere Lebewesen, von den Keinzellern (Viren) über die Einzeller bis zu den Lebewesen, die grösser und stärker als wir Menschen sind. Und das sind nicht die einzigen Gegner unseres Wohlstandes.

Ich fürchte, wir brauchen keine Regierungen oder Firmen-, oder Spitalleitungen, egal, ob sie Frauen oder Männer sind, dafür verantwortlich zu machen, wenn sie nicht in der Lage sind, unsere Wünsche zu erfüllen. Wir leben schliesslich nicht im Märchen. Die natürliche Realität von uns Menschen ist immer wieder, dass wir begrenzt sind und diese Begrenzung auch die Erfüllung unserer eigenen Wünsche betrifft. Da wir ja Demokraten sind und vor dem Gesetz alle gleich und da es ja ausser uns in unserem Land keine andere Gruppe von Arbeitverrichtenden gibt, die uns beschenken oder unterstützen könnte, müssen wir alle Qualität, die wir geniessen wollen, auch selbst schaffen. In unserer Person und in unserer Gesellschaft als Ganzes begrenzen sich aber beide Aktivitäten gegenseitig. Wir können nur eines von Beiden, nicht Beides zugleich. Das war früher unter anderen Umständen, bei mehr Armut teilweise anders. Da gab es noch geringe Freiheiten. Heute sind wir Sklaven unseres eigenen Wohlstandes.

Regierungen und Verbände wollen die Arbeit attraktiver machen. Das ist sehr löblich und unbedingt nötig. Mehr Geld, weniger Arbeit, mehr Freiheit, mehr Selbstwertgefühl, mehr Karriere, weniger Leistungsdruck. Aber bitte, das mit mehr Qualität bei der Arbeit. Weniger Leistungsdruck, aber bessere Qualität und mehr Geld? Na, da bin ich aber gespannt auf die realen Ergebnisse.

Wenn die Menge der Arbeitnehmer eines Volkes 100 % sind und wenn die überwiegend in Verwaltung, Regierung, Justiz, Forschung und Bildung, Beratung, Banken und Versicherungen und neuerdings in grosser Masse in der IT-Industrie arbeiten, dann nützen auch Verbesserungen am Arbeitsplatz wenig. Unsere Frauen oder wir zusammen als Paare haben in den letzten 40 Jahren nicht mehr Kinder bekommen, also auch nicht mehr Arbeitnehmer produziert. Wir haben statt dessen Wohlstand produziert. Mehr Kinder werden es so nicht werden. Aber selbst, wenn wir mehr Kinder bzw. mehr Arbeitnehmer produziert hätten, wären es auch wieder 100 % gewesen. Das wäre gar nicht die Lösung!?

Unsere Wirtschaft und das Wachstum unserer Wirtschaft werden begrenzt, und zwar von uns selbst. Steigerungen sind möglich, wenn wir Andere mehr ausbeuten oder wenn wir uns selbst mehr ausbeuten (was wir schon genug getan haben und nun auf jeden Fall nicht mehr wollen).

Wir können Arbeitskräfte von ausserhalb holen, aber wenn die hier bleiben, gewinnen sie auch Rechte (was wir menschlich ja begrüssen und inzwischen auch als Menschenrechte gewähren wollen). Sie fliessen dann aber in die 100 % mit ein und nach genügend langer Entwicklung in diese Richtung haben wir immer mehr Arbeitskräfte von aussen geholt und dann sind wir selbst in unserem eigenen Land in der Minderheit. Das wollen wir dann aber auch nicht. Dann gehört unser Land zunehmend Anderen. Ist das nicht unerhört?

Unsere Gesellschaft ist eben keine Maschine, wo wir mal eben einen Schalter umlegen können und dann passiert das und/oder das, sondern wir sind eine Menge von lebenden Menschen. Da haben Entscheidungen an einer Stelle über die vielen kommunizierenden Röhren in unserer Gesellschaft viele Auswirkungen an anderer Stelle auch. Wenn wir alle diese Wirkungen und Nebenwirkungen zusammenfassen, bin ich nicht einmal mehr sicher, ob das Ergebnis am Ende in irgendeiner Weise ein „plus“, ein „besser“, ein „gut“ ist. Das ist offenbar nicht viel anders als in der Medizin?

Wir können mehr Maschinen für uns arbeiten lassen, was wir ja in den letzten hundert Jahren zunehmend so verwirklicht haben. Das hat auch recht gut funktioniert. Wir glauben, dass das einfach so weiter gehen kann, aber da sehe ich doch begrenzende Faktoren: Diese Maschinen verbrauchen nichtmuskuläre Energie. Sie konkurrieren mit uns auf dieser Erde um den Platz, um Ressourcen, um Zeit, um Aufmerksamkeit, um Erhaltungskosten und um einiges mehr.

Wachstum ist offenbar möglich bis zum Scheitelpunkt der verbeulten Gausskurve. Nur, wir sind blind für diesen Scheitelpunkt. Er liegt im Nebel und weder wir als Wähler, die dann entscheiden könnten, welcher Kandidat ist wissend genug um solche Vorgänge, sodass wir ihn oder sie wählen könnten, noch die Kandidatinnen und Kandidaten oder gewählten Regierungsmitglieder, Firmenlenker und Verwaltungscheffinnen und -chefs scheinen den Durchblick zu haben. Natürlich, ich kenne noch niemanden, der von sich behauptet, dass er den Durchblick nicht hätte, weder Männer noch Frauen. Bisher gingen alle, mit denen ich zu tun bekam, davon aus, dass sie es ganz bestimmt wissen und nur die blöden Anderen von der anderen Partei nicht.

An solchen Naturregeln kann man auch mit Gesetzen, mit Gewalt, mit Revolutionen, ja nicht einmal mit Geld etwas ändern. Naja, eigentlich ist die Erkenntnis ja nicht so unerwartet, oder? Die Natur der Evolution, die Struktur der Welt und Erde hatte ja nach unserer bisherigen Auffassung auch „Naturgesetze“, die wir nicht einfach per Gesetz oder irgendeiner anderen Kraft ändern oder sogar ausser Kraft setzen konnten. An die mussten wir uns halten. Unsere Auffassung von der Erde, von uns selbst auf der Erde, von unserem eigenen Sein war nur eben nicht sehr realitätsnah.

Wer sein Leben organisieren will, wer Firmen, Verwaltungen oder sogar Länder und Länderzusammenschlüsse lenken will, sollte wissen, nach welchen Regeln menschliches Leben läuft und wie Naturregeln auf dieser Erde funktionieren. Gesetze sollten konform mit diesen Regeln formuliert werden. Einfach unsere Wünsche, unsere Ideale, unsere eigene Ansicht in Gesetzestexte giessen und das auch noch in einer Menge, die jede Wirksamkeit gegenseitig weitgehend aufhebt (wahrscheinlich ähnlich der Anzahl von Nebenwirkungen der verabreichten Medikamenten in der Medizin pro Patient)? Wahrscheinlich funktioniert das nicht nur in der Medizin nicht, sondern in anderen Lebensbereichen genauso wenig? Da schreiben wir ins Gesetz, dass wir in Zukunft die Ware und das Geld zusammen haben wollen oder dass unsere Wähler beides zusammen bekommen sollen und wir wundern uns, wenn unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft, gar nicht besser funktioniert?

Da schreiben wir ins Gesetz, dass unsere Konzerne nicht mehr ausbeuten dürfen, uns selbst nicht und andere in allen Teilen der Welt auch nicht. Ja, woher sollen dann die Gewinne unserer KMU, unserer Konzerne und unserer Banken kommen? Gewinn auf der einen Seite ist buchhalterisch Verlust auf der anderen Seite. Da brauchen wir uns noch nicht einmal gegen Wohlstand zu entscheiden. Die Buchhaltung der evolutionären Natur wird für die Balance sorgen, denn deren Art zu rechnen, zählt am Ende auf dieser Erde.

Offenbar gilt auch in unserer Gesellschaft und auch in unserer Wirtschaft der Satz, dass ein Unternehmen, eine Familie, eine Organisation nur am Laufen gehalten werden kann, wenn wir mehr Energie einsetzen als wir Energie herausbekommen. Das bedeutet mehr Arbeit als Genuss, mehr work als life without work. Wer das per Tarifvertrag, per Gesetz oder per Handschlag ändern will, wird das nicht können oder muss Dritten die Mehrarbeit aufzwingen. Ich kann Ihnen aber nicht sagen, wo die Balance liegt, zumal das wohl für jeden Balanceakt einzeln neu herausgefunden werden muss. Viel Erfolg!

Unsere Entscheidungen in Bezug auf unsere Work-Life-Balance haben also Auswirkungen, sowohl in unserem persönlichen Leben wie in der Gesellschaft, wahrscheinlich sogar beides zugleich und wahrscheinlich haben unsere Entscheidungen auch eine ganze Menge Nebenwirkungen, die wir gar nicht ahnen und die wir wahrscheinlich auch später gar nicht wahrnehmen. Bereits unser kleines Leben und erst Recht das einer ganzen Gesellschaft von Menschen (oder alle mit einbezogen) einer Gesellschaft aller Lebewesen in unserem Biotop, ist eben viel grösser, als unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Lage sind, wahrzunehmen und zu verstehen.


Wie immer bei meinen Texten denken Sie bitte daran, dass ich nicht weiss, was ich nicht weiss und was daher meiner Ansicht entgegenstehen könnte und dass ich nicht eine Minute in die Zukunft schauen kann (und daher nicht im Voraus rückblickend sagen kann, was richtig gewesen sein könnte, geschweige dessen war), dass ich weder den evolutionären Bauplan unserer Natur noch einen göttlichen Schöpfungsplan einsehen konnte und dass mein Hirn klein, vergesslich und einseitig ist. Glauben Sie mir bitte nichts, ohne lange nachgedacht zu haben, was an meinen Gedanken wie realitätsnah (oder auch -fern) sein könnte. Und überlegen Sie es sich bitte sehr gut, aus diesen Gedanken Reaktionen und Entscheidungen abzuleiten. Womöglich treffen Sie eine Entscheidung entgegen Ihrer bisherigen Lebensweise und sie ist gar nicht angemessen, sondern nur im entgegengesetzten Extrem genauso falsch? Zunächst wollen wir nur erst einmal verstehen, wie wir und unsere Welt überhaupt funktionieren. Ich bin schon damit überfordert.

10 April 2024
wf