Zeit und Geschichte

Zeit und Geschichte (3/2022)



Wir leben im Jetzt. Blicken wir zurück in die Vergangenheit, erscheinen uns viele Erlebnisse, viele Erfahrungen, viele kennengelernte Eigenschaften von Menschen, Tieren und der Erde in positiverem Lichte. Gehen wir weiter zurück in die Geschichte, in die Zeit, die wir nicht erlebt haben, lange zurückliegende Zeit, dann fällt auf, dass wir in wahrscheinlich realitätsnahen Geschichtsbüchern ziemlich krude, gewalttätige, harte Gesellen gezeigt bekommen. Unsere Vorstellung von Vergangenheit aber geht immer wieder von der Deutung aus, dass früher alles besser war, dass früher der Mensch besser war, familiärer, liebevoller, an die Umwelt angepasster. Sie werden das auch bei mir stellenweise so finden.

Unsere Theorie, unsere Vorstellung ist, alles müsse doch gut und harmonisch laufen können. Das sei das Ziel der Welt. Wie kommen wir eigentlich darauf? Wir müssen nur die richtigen Regeln für alle finden und alle müssen sie einhalten. Dann wird alles gut. Im Judentum hat Gott diese Regeln gegeben und das jüdische Volk müsste sie nun einhalten. Im Islam geht es um klare Regeln, die eingehalten werden müssen, dann … Die buddhistischen Mönche lehren und leben Regeln, dann ... Die meisten christlichen Gemeinden lehren bestimmtes Verhalten. Dann kommst Du eines Tages vor Gott mit nicht so völlig leeren Händen. Dann brauchst Du Dich wenigstens nicht vor Gott zu schämen, wenn Du ihm gegenüber stehst. In der postchristlichen Zeit müssen wir diese Regeln selbst finden, verwirklichen und einhalten. Das kann man extrem in der Schweiz studieren, aber auch in vielen anderen typischerweise „hoch entwickelten“ Ländern. So wird theoretisiert, idealisiert und entsprechend geregelt.

In der Mitte, beim Mitläufermensch funktioniert es auch halbwegs. Über die Fehler schauen wir grosszügig hinweg. Der Mittelmassmensch eckt ja möglichst nirgends an. An den Rändern, „rechts“ und „links“ will keiner Mittelmass sein. Die dort beheimateten müssen sich selbst etwas Besonderes sein (Ich bin da nicht besser) und damit torpedieren wir unsere eigene Moral.

Könnte es sein, dass wir in unseren Vorstellungen von der grauen Vorzeit unsere Vorstellungen vom „Paradies“, wie es in der Bibel beschrieben wurde, wiederfinden? Auch ohne je die Bibel gelesen zu haben oder dem christlichen Glauben zu folgen, haben wir einen Glauben an ein „Früher“, in dem alles besser war, „paradiesisch“ eben? Andere Religionen haben entsprechend ihrer Grundphilosophie andere Vorstellungen von diesem Sein, aber wir finden diese Struktur nicht nur im christlichen Glauben, sondern in verschiedenen Religionen.

Das, was wir uns als gute Zukunft vorstellen, liegt bereits in der Vergangenheit, im ehemaligen Paradies. Das Paradies malen wir uns immer wieder aus. Dabei war die Vergangenheit nach dem Paradies grausam und sie ist es noch. Woher wollen wir wissen, dass wir so einfach wieder das Paradies für uns schaffen können? Spricht nicht unsere Erfahrung der letzten tausende Jahre klar dagegen?

Wenn wir die Vergangenheit in diesem Lichte sehen, ist erklärlich, warum die heutige Zeit schlechter wirkt, ja warum die Zeiten immer schlechter werden, obwohl wir doch seit sicher mehr als 300 Jahren die Welt immer besser machen.

Früher war alles besser und in Zukunft soll alles besser werden. Nur heute ist alles schlecht? Seit mindestens Jahrzehnten machen wir die Welt immer besser und doch war es früher immer besser als heute. Ist da nicht etwas faul?


Ich wage mal einen sehr kurzen Abriss aus der menschlichen Geschichte und ich muss Sie warnen: Ich bin kein Historiker. Ich habe nur oft zugehört, habe ein wenig nachgedacht und bin hoffnungslos relativ. Wir wollen uns nicht in Kleinigkeiten verlieren. Ich deute aus einer ganz bestimmten Richtung.

Wir Menschen haben eine sehr lange tierische Geschichte hinter uns. Zumindest glauben wir das, wenn wir die Evolutionstheorie als realitätsnah, als „richtig“, als „Wissen“ annehmen. Über hunderttausende von Jahren können wir nur indirekte Informationen aus Funden ableiten. Dann kamen in den letzten zehntausend Jahren etliche „Hochkulturen“, Kulturen von Menschen, die sich vom Tier unterschieden. Werkzeuge, Selbstverständnis, Denken und Nachdenken, Philosophie und Religion bekamen und hatten einen grossen Platz unter den Menschen, die uns bekannt wurden. Die vielen Anderen wurden uns nicht bekannt. Die Geschichte verschweigt sie uns. Sie hinterliessen keinen für uns identifizierbaren Fuss- oder Lebensabdruck. Wahrscheinlich gäbe es uns aber nicht ohne diese vielen Namenlosen, Vergessenen?

Über Milliarden Jahre war Leben immer endlich, immer biologisch, immer eingebettet in die Abstimmung mit der Umgebung. Die Erde war ein ökologisches System. Sehr lange gehörten wir dazu. Wir Menschen, die Tiere und Pflanzen lebten sozusagen auf Augenhöhe. Einer frass den Anderen und lebte von und auf Kosten der und des Anderen. Einer war die Gefahr des Anderen. Jeder war zugleich Grundlage, zum Teil Nahrung, zum Teil Begleitung, zum Teil Tod des Anderen. Die relative Ähnlichkeit auf diese Weise sorgte für ein lang andauerndes Gleichgewicht, in dem Leben möglich und mehr oder weniger gedeihlich war. Nur die Entwicklung, die fand sehr langsam statt. Es änderte sich wenig und nur über lange Zeiträume.
Dummerweise entwickelten die Evolution und/oder das allgemeine Sein und/oder Gott Wesen mit Händen und einem Selbstbewusstsein entwickelnden Hirn. Wahrscheinlich sind sie die bedeutendsten Entwicklungen und Fehlentwicklungen der Evolution. Sie ermöglichen die Vorherrschaft des Menschen zu Ungunsten aller und alles Anderen. Die Evolution hätte dem Menschen Ewigkeit und Unendlichkeit geben müssen, gab ihm aber nur die Erde und die Gesellschaft der anderen Lebewesen, noch dazu das Leben auf Kosten der Anderen. Die Evolution gab uns Menschen in jeder Hinsicht Grenzen. Wir werden das später noch wahrnehmen und nachdenken. Aber das geht uns Menschen (vor allem Männern und Möchte-gern-Männern) so völlig gegen den Strich, gegen den Stolz, gegen unser Selbstbewusstsein, dass wir gar nicht in der Lage sind, die Tatsache wahrzunehmen und uns darauf einzustellen.

Wahrscheinlich nur der Mensch, nur wir sprengen das System relativ plötzlich. Was machen die letzten 3 tausend Jahre gegenüber den 100 bis 150 tausend Jahren Menschsein zuvor? Das soll der Erde und dem Menschen gemäss sein? Das ökologische Gleichgewicht braucht z.B. unseren Tod und zwar schon viel früher als uns lieb ist und als wir das als moralisch ansehen. Unser „ökologisch“ heute ist doch schon lange nicht mehr ökologisch.

Wie sehr es uns gegen den Strich geht, auf unsere Vorherrschaft und unsere Interessen zu verzichten, zeigt der Versuch der Wiedereingewöhnung wilder Tiere in eigentlich von Menschen besiedelten und beanspruchten Gebieten. Da werden in Zentraleuropa Wölfe und Bären wieder angesiedelt. Aber sie dürfen es nur so weit, wie sie uns Menschen (und unseren Zuchttieren) nicht gefährlich werden können oder werden und uns keinen Schaden zufügen. Sonst ist mit unserer Ader für die Ökologie schon gleich wieder Schluss. Die Regierungen und Behörden wären nicht unsere Fürsorger, wenn sie nicht peinlich darauf achteten, dass uns eben kein Schaden zugefügt wird, also unsere Vorherrschaft in keinster Weise in Frage gestellt wird. Lockerer nehmen das immer nur Wähler anderer Parteien von Nicht-Betroffenen, die per Gesetz über Betroffene entscheiden. Ein Tröpfchen Ökologie auf den Riesenvorsprung des Menschen. Sollen wir es nicht gleich sein lassen? Von Ökologie, von Gleichgewicht, sind wir Monstermenschen doch hunderttausend Jahre weit entfernt, oder? Stellen wir uns doch uns Menschen aus Sicht der Tiere vor, damals im ökologischen Zeitalter und heute im „Irrtumszeitalter“. Welch ein Unterschied?

Bisher waren immer die Evolution und/oder das allgemeine Sein und/oder Gott und ganz besonders die Frauen stärker als die Männer und es wurden mehr Menschen geboren als getötet wurden oder starben. Könnten der Mensch/Mann stärker werden als die Frauen in der Evolution und/oder das allgemeine Sein und/oder Gott? Dann würden wir Menschen wieder weniger werden, würden vielleicht sogar aussterben?

Ist es denn so sicher, dass in der Evolution die „Darwinschen Gesetze“ so ausnahmslos galten? Wir nehmen das der Einfachheit halber an und interpretieren dann alle (neuen) Funde entsprechend. Woher wissen wir, dass das so stimmt? Welchen Praxistest könnten wir vornehmen, um das zu klären? Wir fragen nur, ob unsere Interpretation in unsere vorformulierte Theorie passt. Wenn ja, dann stimmt es, wenn nein, dann verwerfen wir es. Wenn also ein Vorurteil zu einem anderen Vorurteil passt, dann ist das der Beweis für Realitätsnähe, dafür, das etwas stimmt, dass es „Wissen“ ist? Soso?

Hunderttausende Jahre waren wir Menschen eingebettet in das Gleichgewicht der Natur auf Erden. Wir kannten nur die Erde, unseren Raum, unsere Grössenordnungen, weder grösser, noch kleiner... Warum hat die Evolution nicht selbst auf dem genetischen Weg mehr Weite geschaffen, mehr ermöglicht? Womöglich ist die Zügellosigkeit unseres Verstandes, unserer klügsten Leute, das Ende der Menschheit?

Die Unsicherheit und Verletzlichkeit des ersten Coronajahres (2020/21) war 100000 Jahre die Normalität auf diesem Globus. Die Sorglosigkeit und der Überfluss der letzten 50 Jahre war und ist hochgradig abnormal. Aber die Generation, die diese Situation ihr ganzes Leben über wie selbstverständlich so wahrgenommen bzw. er- und gelebt hat, hält das jetzt für „normal“. Ist das nicht ein eklatantes Beispiel für unsere Fehlwahrnehmung auf Grund unserer Intuition und deren Interpretation? Natürlich wünschen wir uns das Abnormale zurück. Es war so sicher und so bequem. Dass heute jeder seinen eigenen Psychiater braucht, ist doch auch nicht normal oder?

Der Corona-Virus ist doch eine willkommene Chance zum Nachdenken. Er weckt die Egoisten und die Karrieretypen. Plötzlich ist da etwas im Weg. Für die Einen ist es eine Beleidigung, dass es so etwas überhaupt noch gibt. Du Virus (noch auffallender: Du Regierung) störst meine Freiheit. Was fällt Dir ein? Für die Anderen ist so etwas schlicht nicht mehr vorstellbar. Wer hat da so geschlammt, dass sich so ein kleiner unscheinbarer Virus uns noch in den Weg stellt? Auf den angemessen zu reagieren ist unterhalb unserer Würde. „Sicher hat die Regierung Schuld“. Beide Generationen haben gar keine Möglichkeit mehr in ihrem Gedankengut, angemessen auf solch ein Auftreten zu reagieren. Denken und Handeln gegen den eigenen Egoismus wurden nicht entwickelt.
Ich glaube nicht einmal mehr, dass die Evolution alles Sinnlose ausgemerzt und nur Sinnvolles ausgebildet hat.

Die entpersonalisierte Evolution hat Vieles gemein mit einer Welt des allgemeinen Seins. Erstaunlicherweise sind sich die östlichen Religionen und die westliche Wissenschaft in ihrem Grundverständnis der Welt sehr nahe. Für beide ist die materielle und die lebende Welt eins und Leben, Menschsein, Gegenüber, Miteinander gibt es eigentlich nicht. Sie werden einfach nicht gedacht. So gibt es in beiden keinen Schöpfer, keine Persönlichkeit, die anders als materiell gedacht wird. Leben und Menschsein gibt es nur materiell.

Vielleicht verläuft die Evolution gar nicht optimal, sondern kennt auch ihre Sackgassen, z.B. die menschliche Sackgasse? Es spricht viel dafür, dass die Entwicklung des Menschen eine Sackgasse der Evolution ist. Egoistisch, wie wir sind, rotten wir uns zusammen selbst aus und merken es gar nicht.
Die Evolution hat uns Menschen zwar Denkfähigkeit gegeben, aber sie hat vergessen, uns mit Intelligenz auszustatten. Menschen, die sich aus Egoismus am Ende der toten Technik auf Gedeih und Verderben und vollständig ausliefern und sich selbst hinweg rationalisieren... Hat es das schon mal auf der Erde gegeben? Wird das zu mehr Menschsein führen?

Hat die Evolution die Frauen tausende Jahre lang missbraucht und nun wollen sich die Frauen von der Bürde der Pflicht der Evolution befreien? Verstehen könnte ich es gut, aber hiesse die Befreiung der Frau nicht womöglich das Ende der Menschheit? Woher sind Sie so sicher, dass das nicht sein kann?

Die menschliche Entwicklung der letzten 100000 Jahre verlief möglicherweise gar nicht rational, sondern irrational, religiös oder durch andere innere und äussere Einflüsse überformt? Wir werden die Entwicklung möglicherweise durch eine logische Theorie (wie z.B. die Evolutionstheorie) gar nicht angemessen nachvollziehen können? Auch heute passieren sehr viele Entscheidungen und Entwicklungen gar nicht rational, sondern irrational, eben intuitiv und willkürlich mit und gegen den Verstand. Wir geben uns nur dem Irrtum hin, wir entschieden immer rational und glauben auch gleich noch, dass unsere Intuition rational sei. Ist nicht die Geschichte gespickt mit Zufällen unklaren Ursprunges? Eine Menge dieser Irrationalität entspringt aus der Unkenntnis unseres Körpers, der Seele und des Verstandes, aus unseren Irrtümern über uns selbst und unserem Selbstbetrug.

Die Evolution, die Entwicklung von Leben ist gespickt mit zufälligem Zusammentreffen verschiedener Individuen verschiedener Arten und verschiedenen Faktoren. Mal entwickelte sich hier etwas, mal da etwas. Das eine hatte günstige Umstände, obwohl es selbst eher unangemessen ausgeprägt war. Das andere war sehr angepasst, aber plötzlich änderten sich die Umstände und schon wieder wurde eine Entwicklung zur Sackgasse. Grundsätzlich fand eine Art von Evolution statt, aber sie auf bestimmte Regeln und Faktoren genau festlegen zu wollen, kann eigentlich nur neben der Realität sein und aus unserer Distanz kann man behaupten, was man will, kontrollieren oder überprüfen kann es sowieso keiner. Keiner ist oder war dabei. Mehr als Indizien zu interpretieren, ist uns Menschen gar nicht möglich. Dabei mögen einzelne Indizien sehr realitätsnahe Schlüsse zulassen, aber wer will, wer kann das in der Realität überprüfen?

Bei der Entwicklung des Menschen, die die Evolution sicher ganz gezielt vorgenommen hat, konnte sie doch gar nicht ahnen, dass wir später in der Neuzeit so im Überfluss und in Reizüberflutung leben wollten und würden. Dafür hat sie unseren Körper gar nicht ausgelegt. Sonst hätte sie mit Sicherheit einen Stoffwechsel in den Menschen eingebaut, der je nach Bedarf umschaltbar wäre auf sehr sparsam (für Notzeiten) und sehr verschwenderisch (damit in Überflusszeiten nicht zuviel Energie gespeichert wird). Sie hätte dem Menschen einen Ersatzkörper gebastelt, damit er immer erst einmal mit dem Ersatzkörper probieren kann und erst nach der Erprobung an ihm mit dem echten Körper das Leben lebt. Sie hätte dem Menschen nicht nur einen Kopf und ein Gehirn gegeben, sondern gleich mehrere, damit er mehrere Gedanken gleichzeitig denken kann und damit er mehrere Aktivitäten zugleich verrichten kann. Den Schlaf hätte die Evolution wegentwickelt, damit der menschliche Körper hocheffektiv leistungsfähig ist. Damit wir uns nicht in der Neuzeit gegenseitig Gleichberechtigung erkämpfen müssen, hätte sie nur ein Geschlecht geschaffen. Wenn alle gleich sind, braucht keiner mehr um Gerechtigkeit zu kämpfen.

Die Evolution war ziemlich dumm, oder? Oder sind wir Menschen die Dummen und die Evolution wollte ganz etwas Anderes? Wer weiss? Erzählen Sie es mir.

Bereits bevor im „Westen“ menschliche Kulturen mit höhergradiger Aufgabendifferenzierung, Vernetzung und Verständigung entstanden, entwickelten sich solche im Fernen Osten. Es entstanden Kulturen mit Kunst, Moral, Kampfgeist, bestimmten Umgangsformen, technischen Fähigkeiten etc. Von ihnen zeugen alte Schriften, Bilder, Gegenstände etc. Wir können manches bewundern und uns unsere Gedanken dazu machen. Trotz all dieser Kunstfertigkeit in vielerlei Hinsicht gab es Mord und Totschlag, Krieg und Neid und vielerlei zwischenmenschliche Spannungen. Eine der gelehrten Tugenden war die Einheit und der Ausgleich zwischen Ying und Yang, zwischen den Extremen. Offenbar musste das aber schon damals gelehrt werden, weil es nicht von Vorneherein im Menschen verankert war und heute auch nicht ist. Der Ausgleich von Ying und Yang dürfte eine gewisse Entsprechung in der Gauss-Kurve haben, um den Scheitelpunkt, um den Punkt der vermutlich besten, der angepasstesten Lebensweise. Schon damals war das eine Kunst, die zu lernen, sich viel junge Männer vornahmen.

Später führte diese Art von Lebensweise aber zu einer Art gesellschaftlichen Stillstandes, der unter westlicher Sichtweise als nachteilig empfunden wurde und von dem grossen Revolutionär deshalb mit aller Macht zerschlagen wurde. Welche Art zu leben dem Leben dienlicher war, könnten wir uns fragen und je nach Sichtweise sind die Gedanken, die uns dazu kommen, doch recht unterschiedlich. Bewerten? Wann dürften wir annehmen, dass alle Fakten dazu nicht nur auf dem Tisch liegen, sondern auch von uns abschliessend verstanden wurden und wir eine wirklich abschliessende Bewertung durchführen können und dürfen? Heute will der Osten westlicher werden als der Westen und doch der Osten bleiben. Wie kann das gehen?


Um die Stunde 0 nach christlicher Zeitrechnung kam Jesus zu den Juden. Die Bedeutung haben wir schon erörtert.

Seit 325/380 christlicher Zeitrechnung läuft die Geschichte vermutlich in die Irre. Seitdem glauben Menschen immer mehr, dass der Zweck die Mittel heiligt. Das haben Christen übernommen, Männer, die damit in der Folge einen kleinen Weltkrieg auslösten, einen Glaubenskrieg, der die gesamte damals bekannte Welt ergriff. Das war noch eine kleine Welt. Viele Völker schliefen noch unberührt im Unbekannten. Aber dieses Ereignis, das Christentum wird zur Staatsreligion erhoben, ist ein sehr einschneidendes Ereignis. Bis dahin liessen die meisten Christen wie Jesus ihr Leben für ihren Glauben an Jesus den Erlöser. Es war ein furchtbares Leiden und Sterben. Die Jesus Christus folgenden Menschen mussten ihren Glauben mit Schmerzen und dem eigenen Leben bezahlen, denn die Anwendung von Gewalt hätte ihren Glauben entweiht.

325/380 ändert sich das und wie das bei uns Menschen so ist, wir wechseln von einem Extrem in das gegenteilige. Es geschieht nicht die Befreiung für die Christen und fertig. Jetzt entsteht ein laizistischer Staat wie 15 Jahrhunderte später mehr oder weniger. Nein, jetzt werden die Andersgläubigen unterdrückt, erleiden die Schmerzen und bezahlen ihren abweichenden Glauben mit dem Leben. Damit wird der christliche Glauben durch die Gewaltmittel entweiht und für die folgenden Jahrhunderte wird der christliche Glauben zur herrschenden Ideologie. Es geschehen Kreuzzüge und allerlei andere Gewalttaten, die mit dem Leben und Sterben Jesu kaum vereinbar sind.

610 christlicher Zeitrechnung bekommt Mohammed nach eigenen Angaben eine Erleuchtung. Er verkündet in Mekka den Glauben an Allah. Keiner will ihm zuhören, so dass er 622 Mekka verlässt. In der Oase Jathrib gelingt ihm durch die Schlichtung eines Streites zwischen verschiedenen Stämmen der Durchbruch. Er lehrt, dass wir Menschen durch das Halten gewisser Regeln Gott wohlgefällig werden könnten, so dass er uns im letzten Gericht ins Paradies senden wird und die Anderen, die Bösen in die Hölle. Die meisten Bewohner der Oase glauben Mohammed seine Regeln zum Leben. Schliesslich marschiert Mohammed mit den Oasenbewohnern 630 zurück nach Mekka und weiht die Kaaba um vom Götzendienst zum Dienst für Allah. Sie wird zum wichtigsten Heiligtum des Islam. Gewaltfreies „Gewinnen“ Anderer für einen Glauben, für eine Wahrheit, war damals (ist das heute anders?) nicht in Mode.

Dann kam das „finstere“ Mittelalter. Die Menschen quälten sich mit Phantasien, denn sie kannten viele auf sie einstürmende Dinge dieser Welt nicht wirklich. Dazu waren sie ihnen auch noch ausgesetzt ohne Feuerwaffen, die aus Distanz töten. Für viele Phänomene hatten sie keine Erklärungen. Sie machten sich welche, so gut sie eben konnten und sie hielten sie genauso für Urteile wie wir unsere Beurteilungen heute als Urteile ansehen, obwohl sie nur Vorurteile sein können. Sie hatten kein Licht (ausser Feuer und Tageslicht). Sie hatten keine Maschinen, die ihnen die Arbeit abnahmen. Sie hatten keine Transportmittel ausser den eigenen Beinen und fremden Beinen. Die Liste dessen, was wir heute haben und die damals nicht hatten, lässt sich unendlich verlängern. Aber ihr Körper war an diese Zustände gewöhnt. Er war für diese Zustände ausgelegt. Und die Erde war im Vergleich zum Verbrauch durch den Menschen luxuriös mit Ressourcen ausgestattet. Die Erde und der Mensch waren ein erstaunlich gut eingespieltes Team. Das Dumme, der Mensch war der Erde unterlegen und ausgeliefert, nicht nur ein paar seltenen Naturgewalten, sondern täglichen einschränkenden Einflüssen. Das war schon ein „finsteres“ Mittelalter. Da gibt es gar keine Frage. Wer möchte dorthin zurück? Ich bekenne, ich nicht.

Das Mittelalter war schon wirklich finster, natürlich! Dem eigenen Egoismus waren sehr enge Grenzen gesetzt. Für Egozentriker war das natürlich wirklich finster. Endlich seinem Egoismus freien Lauf lassen zu können, das war natürlich eine neue Zeit. Das bedeutete Befreiung. Aber wenn wir Egoismus weiter denken, dann wird die „Neuzeit“ erst recht finster. Heute erleben wir die Auswirkungen dieser Unrechtsjahrhunderte. Gruppenbildung, Völkerbildung, Rassenbildung ist ja nichts gutes oder böses, sondern einfach menschlich, Ausdruck von Mensch sein. Aber das angetane Unrecht hat Menschen der letzten Jahrhunderte und heute geprägt und böse Gefühle erzeugt und es wird wahrscheinlich Jahrhunderte des aufeinander Zugehens und aufeinander Achtens brauchen, bis diese Gefühle wieder ausgemerzt sind. Da braucht es Milliarden Menschen, die aufeinander zu gehen und Rücksicht nehmen aufeinander, ohne zu fordern.

Im Mittelalter spielte die Religion, in der damals bekannten und „entwickelten“ Welt vor allem das Christentum, eine grosse Rolle. So lag und liegt es auch heute noch nahe, die Schuld für die „Finsternis“ des Mittelalters der Kirche oder dem Christentum in die Schuhe zu schieben. Wer konnte denn das widerlegen? Zeitliche Parallelität bedingt kausalen Zusammenhang. So einfach ist das und unser Bauchgefühl hat schliesslich Recht. Zeitlich parallel gingen diese Strukturen. Ob sie sich gegenseitig kausal beeinflussten, wissen wir nicht und lassen wir daher offen. Selbst wenn ein kausaler Zusammenhang bestünde, wäre ja auch immer noch die Frage: In welche Richtung?

Im ausgehenden 15. Jahrhundert bahnten sich grosse neue Entwicklungen an. In der katholischen Kirche wurde langsam klar, dass die christliche Lehre in der Form kirchlichen Lebens nicht mehr vorkam. Die christliche Botschaft war derart dreist und eng an den Egoismus bestimmter Männer (im kleinen Massstab auch Frauen) gebunden, dass für eine Gruppe von Menschen neue Formen nötig wurden, damit die christliche Botschaft wieder Platz finden konnte. Heute im Nachhinein werden wir wohl annehmen müssen, dass dabei gravierende Fehler gemacht wurden, aber hinterher ist man immer schlauer. Deshalb bin ja auch ich solch ein Schlaumeier.

Parallel dazu und oft miteinander verknüpft fand die erste grosse Globalisierung statt. Forscher zogen aus, die ganze Erde zu erkunden. Die kirchlichen Vertreter zogen gleich mit, um allen die beste bis dahin bekannte und geglaubte Botschaft zu überbringen. Mit von der Partie waren allerdings auch die „Eigentümer“ der Welt. Sie dachten sich, Ihre Eigentümer zu vergrössern und sie taten es ausgiebig. Die Jahrhunderte vom Ende des 15. Jahrhunderts bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts müssen wir eigentlich als den gigantischsten Weltkrieg auffassen, der bisher stattfand. Dieser Weltkrieg verdient tatsächlich den Namen Weltkrieg, denn er zog auf einer der beiden Seiten nahezu alle Länder mit in den Krieg. Geben wir ihm den Namen „0. Weltkrieg“. Dann brauchen wir die Bezeichnungen der beiden folgenden Weltkriege nicht zu ändern.

Der 0. Weltkrieg war eine Aneinanderreihung von Eroberungskriegen und Unterjochungen, Versklavungen und Genoziden, wie sie uns in gesicherten Häusern und sicheren Staaten lebenden Individualisten überhaupt nicht vorstellbar ist. Die Hauptauswirkungen dieses Krieges hatten die Eroberungen und die Ausbeutung und Versklavung. Die Forschung und die Christianisierung blieben dagegen zweitrangig.

Das war ein Krieg der damals weiter entwickelten Völker gegen die, die weniger Waffen entwickelt hatten, die weniger Eroberungsgeist hatten, die vielleicht mehr mit sich selbst beschäftigt waren, die sich selbst mehr genügten oder die bequemer waren oder auch dümmer? Es wäre ja spannend, unvoreingenommen nach den Ursachen für diese Ungleichheit zu suchen, unabhängig von Rassismusvorwürfen, Moralkeule, Geld, Einfluss, Ideologie, Politik etc. Das Dumme: Wir werden all diese Einseitigkeiten nicht los. Keiner von uns kann sich zur Objektivität aufschwingen und sagen „So war es“. Wir können nur eine Seite bejahen oder die Gegenseite oder müssen mühevoll nachdenken, beide in Beziehung zueinander einzuordnen, ohne das Ziel je zu erreichen.

Das sich selbst belügen Müssen scheint in Asien noch wichtiger zu sein als im Westen. Sonst müsste man nicht so höllisch aufpassen, dass der Partner nicht sein Gesicht verliert. Sonst verliert der Partner seine Persönlichkeit, seine Würde. Spiele das Spiel mit bis zum Ende. Das würde aber auch bedeuten, dass im Osten der Selbstbetrug unausweichlich ist. Wie wollen östliche Bewohner dieses Planeten dann realistisch werden? Das ist ihre Realität. Wir Bewohner des Westens müssen das akzeptieren. Das ist ein Geheimnis des Ostens. Rechthaber dürfen ihr Gesicht nicht verlieren, denn so würden sie plötzlich merken, dass sie gar nicht richtig mit ihren Ansichten liegen.

Die Geschichte vom nullten Weltkrieg bis heute zeigt, dass Gewalt immer wieder Gegengewalt hervorgerufen hat. Entrinnen konnte man höchstens durch 100%igen Genocid. Deswegen gab es ja Herrscher, die genau dieses Ziel verfolgten und noch verfolgen werden. Mord macht den Anderen mundtot. Er kann nicht mehr sagen, wie es war, kann nicht mehr anklagen. Im Krieg zwischen Völkern gibt es immer viele Gegner. Gibt es Überlebende, können die sprechen, mitteilen, anklagen. Als Mordender oder auch nur Tötender sind sie nie sicher, dass sie auch genug gemordet oder getötet haben. Es könnte ja noch irgendwo jemand sein, der reden, der anklagen kann.

Gewalt ist natürlich physische Gewalt (Waffen, Krieg, Mauern etc.), aber auch psychische Gewalt, politische Gewalt (Zölle, Sanktionen, Beschränkungen, Gesetze, Regeln...). Dazu gehört auch wirtschaftliche Gewalt mittels Knebelverträgen, Maffia, Subventionen (häufig auch Ideendiebstahl und Diskussionsgewalt (der Krieg der Argumente). Wer, zumindest welcher Mann, lässt sich schon überzeugen und verliert nicht dabei sein Gesicht vor sich selbst, wird nicht seines Selbstbetruges gewahr? Das aber ist beschämend und vermeiden wir um jeden Preis. Damit entweihen wir unsere Ziele.

Wenn wir pro Jahrhundert vier bis fünf Generationen rechnen, dann waren in dieser Zeit 22 bis 27 Generationen betroffen, die auf einer der beiden Seiten (die meisten ja auf der unterlegenen Seite) von diesen Ereignissen geprägt wurden. Das ist tief in das Völkergedächtnis, tief in das Unterbewusste und das Bewusstsein, tief in die Lebensweise und nicht zuletzt auch in äussere Verhältnisse wie unterschiedliche Bildung und Eigentumsverhältnisse eingegangen. Wir sind Rassisten ganz verschiedener Prägung in beide Richtungen geworden. Wir haben Angst voreinander, meiden uns am liebsten, haben wenig Kraft, unsere menschliche Intoleranz wegen solcher Unmenschen auf der anderen Seite zu überwinden. Und Rachegefühle, -gedanken und -pläne kommen ja auch noch dazu. Früher hiess es als fortschrittliches Ziel bereits „Auge um Auge und Zahn um Zahn“, weil die Rache dazu neigte, immer mehr zu schaden als vorher geschehen war und damit zur Eskalation zu führen. Wir wollen glauben, dass wir (und wichtiger noch: die Anderen) jetzt mal so eben zu ändern seien innerhalb einer oder weniger Generationen und alles wird gut? Dass es nicht gelingt, liegt natürlich immer an den Anderen. „Ach, wären die doch so gut wie ich“... Dann wäre alles gut, denn die würden mir zu Füssen liegen und mir alle Wünsche erfüllen. Das wollen die aber nicht, sondern die wollen es umgekehrt.

Wir können Menschen, ja können uns selbst nicht einfach so umschalten: So, jetzt funktioniere mal so, wie ich es will und für richtig halte. Die Festplatte, der Speicher kann nicht so eben mal einfach geleert werden. Wer es versucht, wie derzeit in den chinesischen Umerziehungslagern oder früher unter Mao tse tung oder in den russischen Lagern eines Archipel Gulag und viele Andere oder in weniger gewalttätigem Masse durch die 68er, der wendet eben doch Gewalt an und entheiligt damit seinen Zweck, das Ziel.

Wozu also all die Demonstrationen, all die Proteste, all die Artikel und Bücher darüber, die Filme und und und? Nur weil wir eben nicht fertig werden mit all dem Leid und Unrecht und Schmerz, den Generation um Generation, Volk um Volk erlitten und verinnerlicht haben. Selbst die Täter waren auch Opfer. In der Regel ist zerstören viel schneller vollbracht als aufbauen oder wieder aufbauen. 25 Generationen hätten wir dann vielleicht zu verdoppeln? Wir könnten ja jetzt eine Studie bei den Experten und den Computeraktivisten dazu in Auftrag geben. Ich käme also auf ungefähr 50 Generationen. Das wären eintausend Jahre. Ob die Rechner dann mittels Computersimulationen auf 23,75 oder 28,35 Generationen kämen, hat keinerlei Bedeutung, wäre aber wissenschaftlich genauer, denn wir hätten jetzt auch noch Stellen hinter dem Komma. In eintausend Jahren wird keiner mehr nach diesen Computersimulationen fragen. Der breite Graubereich oder besser farbige Bereich (Buntbereich) menschlicher Diversität würde solche Zahlen sowieso konterkarieren. Selbst wenn wir viel Glück hätten und ich mich verschätzt hätte und es keine Verdopplung der Anzahl Generationen bräuchte, sondern nur die einfache Übernahme auf die Gegenseite, wären wir immer noch bei 500 Jahren Abklingen der Schäden in den Menschen (vorausgesetzt, es kommen keine neuen dazu).

Jetzt haben wir mal eine Vorstellung vom Ausmass der Folgen unseres europäischen Egoismus vom ausgehenden 15. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Selbst mit einer Entschuldigung sind diese Schäden nicht wieder gut zu machen.

Der 0. Weltkrieg führte in den letzten 500 Jahren zu einem enormem Heimatverlust. Die Einen zogen aus der Heimat aus und die Anderen hatten ab nun immer die Gefahr fremder Menschen im eigenen Wohnzimmer, wenn nicht sogar fremder Krieger und in der Folge zerstörter Häuser. Wir haben uns die Welt untertan und zu Eigen gemacht, aber die Heimat haben wir dabei verloren. Am Ende haben wir womöglich Beides verloren?

Der 4. Weltkrieg wird vermutlich die Revanche für den 0. Weltkrieg. Wenn seit 500 Jahren der nachchristlich entwickelte Norden oder Westen nach der Devise lebte „We first!“, dann müssen wir uns nicht wundern, wenn danach die Gegenreaktion, die Rache, kommt und wenn diese nicht aufzuhalten ist, auch von einem amerikanische Präsidenten nicht, der „America first“ proklamiert. Diese Zeiten sind längst vorbei. Die Entwicklung war nicht aufzuhalten. Jetzt ist eher die Zeit der Rache der Anderen, der vormals Benachteiligten. Das einfache Proklamieren nützt auch nichts. Das ändert nicht gleich die Realität, aber meist doch, nur meist in eine andere Richtung oder die Gegenrichtung.

Im 0. Weltkrieg haben die Weissen, hat der Westen über alle gesiegt, unter vielen Anderen auch über das Reich der Mitte. Das war sehr beleidigend und erniedrigend für dieses Volk und seine Herrscher. Der böse Westen hat über den guten Osten gesiegt. Der 4. Weltkrieg wird vermutlich der Rachefeldzug für den 0. Weltkrieg werden. Der böse Osten wird über den sich für gut haltenden Westen siegen. Von östlicher Seite wird natürlich der vormals gute besiegte Osten als Guter den bösen Westen besiegen, worauf sich alles wieder umkehren wird. Böse siegt in der Regel über Gut, wenn der Andere siegt und umgekehrt. Lassen wir "böse" und "gut" am besten weg. Dann haben wir eine Chance, dem Kinderzimmer (nichts Anderes ist Politik) zu entfliehen, wenn überhaupt.

Eigentlich hatte der Ferne Osten seine Lebensweise. Jetzt wurden die Menschen aus ihrem Leben gerissen und wollen es den Menschen im Westen gleichtun, nein wollen den Westen überflügeln. Ihre Lebensphilosophie war und ist aber eine andere. Zuerst haben wir es in Japan gesehen, später im Reich der Mitte und in der Folge in fast allen Ländern des (ehemaligen?) Ostens. Es wird spannend, was das für neue Entwicklungen gibt, wenn solch eine (die westliche) Weltanschauung in ganz anderen Hintergrund übernommen wird.

Auch wenn viele Menschen im Westen heute östlichen Ideen huldigen und damit den Eindruck erwecken, der Osten erobere den Westen, ergibt sich doch der Eindruck, dass der Westen den Osten philosophisch überrannt hat. Der Osten hält zwar theoretisch seine „Werte“ hoch, aber im Leben strebt er der wirtschaftlichen Dekadenz des Westens nach. Er ist nicht nur infiziert, sondern er ist bereits genauso schwer krank an der westlichen Krankheit namens: Ich!

Eine der prägenden Auseinandersetzungen in Zukunft wird die zwischen Ost und West sein, zwischen Asien und dem Westen, zwischen 1 oder/und 2. Dabei geht dieser Kampf, diese Auseinandersetzung ins Leere. Leiden und Sterben in diesem Kampf oder für eine der beiden Seiten wird völlig sinnlos sein, denn die Realität wird sehr wahrscheinlich heissen: 1=1 und 1=2.

Es folgte die Industrialisierung. Menschen mit Ideen und Visionen und/oder Geld-/Goldrausch schufen Manufakturen, dann Fabriken und dann immer grössere Verbünde (Trusts, Konzerne, Konglomerate, Holdings). Die Arbeiter mussten härteste Arbeit leisten für wenig Geld. Die Eigentümer oder Führer verdienten grosse Mengen Geld. Es konnte nicht lange dauern und der Neid der Armen auf die Neureichen brach sich Bahn in Revolutionen. Natürlich sprach man nicht von seinem Neid, sondern man forderte Gerechtigkeit. Das können wir auch verstehen, denn es bestand eine unmässige Ungerechtigkeit; oder sagen wir besser: Unterschiedlichkeit. Was bei genauer Aufarbeitung jedes einzelnen Schicksals von Unternehmer und Untergebenem am Ende wirklich gerecht gewesen wäre, können wir ja nicht einmal erahnen. So kam recht schnell in den Revolutionen heraus, dass die Sache nicht so einfach lag und auch nicht so einfach zu ändern war. Wenn wir bei Georg Büchner „Dantons Tod“ (1835) lesen über die Wirrnisse der französischen Revolution 1789, dann stellen wir fest, dass „die Revolution sogar ihre eigenen Kinder frass“. Was unter dem Kennzeichen „gut“ begann, nahm dann doch einen sehr bösen Verlauf. Die Dinge sehen eben von einer Seite gut und von der anderen böse aus und der Verlauf ist unberechenbar. Das haben Revolutionen, Kriege und Gewaltanwendungen aller Art so an sich. Unsere Beurteilung im Voraus oder dabei, um sich entweder zu schützen oder zu gewinnen genauso wie unsere Beurteilung im Nachhinein über Erfolg oder Misserfolg, sind meist recht fragwürdig. Nicht selten müssen wir unser (Vor-)Urteil nach längerer Zeit in der Distanz sogar noch korrigieren, wobei allerdings nicht sicher ist, ob wir dann der Realität näher sind. Es kann fast nur schief gehen.

Vor 300 bis 100 Jahren wurde unsere heutige Lebensweise als dekadent beschrieben. Damals war es die Lebensweise der Reichen, der Aristokraten, der Unternehmer, der Regierenden. Heute gleicht in vielen Dingen unser Leben dem der Reichen damals. Heute sind wir dekadent, halten uns aber für die moralische Norm. Dekadent sind immer die Anderen, die Reicheren. Unsere Ansichten und sogar unsere Moral wandeln sich unbemerkt mit unseren Interessen. Dekadenz – Unsere Art zu leben kann doch nicht dekadent sein?

Das „wir ändern und verbessern mal fix die Welt“ der jungen Revoluzzer im letzten Jahrhundert ist doch so etwas von in die Hose gegangen, dass es uns doch nachzudenken geben müsste, oder?

Dass der Kapitalismus die dem menschlichen Egoismus nächstliegende Gesellschaftsform ist, ist im Nachhinein einsichtig. Das sahen unsere Vorfahren, erst die Kapitalisten, dann die Revolutionäre schon ganz richtig. Dem widersprechen wir nicht. Dass die Sackgasse dieser Gesellschaftsform durch den Kommunismus eine Lösung finden könnte, entbehrt nicht einer gewissen Logik. Da aber der Kommunismus offenbar dem menschlichen Egoismus völlig widerspricht (was der Logik entspricht), haben wir immer wieder in der Realität gesehen, dass er nur unter Druck von oben funktioniert und damit also nicht funktioniert. Es wurde so oft und in verschiedenen Variationen ausprobiert und es gibt heute noch genügend Herrscher und Idealisten, die es immer wieder neu versuchen. Da wird uns noch viel Unmenschlichkeit begegnen. Der Kommunismus funktioniert also auch nicht. In der Folge kam nicht der Neoliberalismus, sondern der Neokapitalismus. Nun sind wir wieder dort, wo unsere Vorfahren schon vor 200 Jahren standen. Was können wir daraus lernen?

Unsere Beurteilung von „Mittelalter“ ist sehr relativ, auch die von „Neuzeit“. Woran messen wir solch ein Urteil? Natürlich, in der „Neuzeit“ können wir besser unseren Egoismus ausleben. Das macht das Leben endlich leicht. Nicht irgendein Gott steht im Mittelpunkt, sondern ich. Endlich bin ich nicht mehr Nebensache, sondern Hauptsache. So wird das Leben endlich angenehm. Jetzt machen wir es uns schön auf der Erde. Aber, ist das wirklich „Neu“? Und ist das wirklich sinnvoll?

Ein Irrtum der „Neuzeit“ heisst: „Was kostet die Welt? (Nicht: „Ich will sie kaufen!“, sondern) Ich kaufe sie!“ Ich bin hier der Chef (über Gott und/oder das allgemeine Sein und/oder die Evolution und deren Ergebnis). Dummerweise meint dann jeder Individualist auch noch: Ich alleine! (zumindest wir Männer meinen es so.) Wir Menschen sind aber nicht nur der Welt gegenübergestellt als Ich, als Person, als Akteur. Wir gehören auch zur Welt. Wenn wir die Welt verändern, verändern wir auch uns und all zu oft verändern wir uns auch nicht, also auch die Welt nicht. Bisher wurden wir fast nur unmenschlicher. Wir sind zugleich aktiver Spieler im Spiel, aber auch passiver Ball auf dem Spielfeld. Beides lässt sich nicht voneinander trennen. Sie erinnern sich? 1=1 und 1=2. Beides gilt zugleich.

Eine andere Illusion der Neuzeit: Werde ein Anderer, ein Besserer, ein Etwas, dann bist Du etwas. Das stimmt sogar. Dann bist Du ein Etwas und eben keine Person, keine Persönlichkeit mehr. Dann bist Du ein mehr oder weniger dem Ideal entsprechendes Ding. Eine Person wäre Wert an sich, egal wie oder was irgendein Ideal vorgaukelt.

Ich schlage vor, unsere Zeit, die Neuzeit „Illusionszeit“ oder „Zeit des Selbstbetruges“ zu nennen. Sie begann Ende des 15. Jahrhunderts mit den grossen Eroberungen der Welt und der Neuorientierung der christlichen Religionen. Die „Neuzeit“, die sich auch so nennen dürfte, würde beginnen, wenn die Zeit des „Schenkens, Teilens“ und „Verzichtens“ begänne. Auch „Postmoderne“ ist schon schlicht begrifflicher Unsinn. Das hätten ihre Schöpfer und Protagonisten bereits selber zu Beginn merken müssen, wenn sie ein bisschen nachgedacht hätten. In dieser Neuzeit hätte die Illusion „Der menschliche Egoismus macht die Welt besser“ (nicht nur eine Ansicht namhafter Ökonomen) ausgedient. 2+2=4 bedeutet auf der anderen Seite 2-2=0. Wo ist etwas besser geworden? Unsere Erdkugel lehrt uns jetzt, dass es so ist und nicht Verbesserung aus dem Nichts, nicht Verbesserung Kraft menschlicher Aktivität.

Wir befinden uns heute nicht in der „Postmoderne“, sondern im „Zeitalter des Irrtums“, im „Illusionszeitalter“. Der Mensch ist nicht nur Herrscher der Erde, sondern er ist auch Teil der Erde wie die Tiere auch und wie die vielen Jahrhunderte zuvor. Der „Herrscher der Erde“ ist zwar glücklicherweise Realität, aber zugleich ein verhängnisvoller Irrtum. Es ist ein Irrtum, dass wir einfach glauben dürften, die Welt zu verbessern, wenn wir sie erobern, verändern und bezwingen. Wir Menschen haben uns so daran gewöhnt, immer ewiger Sieger zu sein. Vielleicht sind wir das aber gar nicht? Wir Männer müssen da vielleicht umdenken?

Die Neuzeit ist die Illusionszeit. Die Illusion der Neuzeit ist, sie mache etwas neues. Das ist nicht ganz falsch. Sie hat das Ego, den Menschen als Egoisten als uneingeschränkt gut in die Mitte gestellt. Endlich dürfen wir ohne schlechtes Gewissen Egoisten sein und uns ganz und gar um uns selbst kümmern, um unser Recht und unsere Freiheit und dürfen die Anderen unbemerkt ausnutzen. Das wäre ja nur halb so schlimm, aber wir erwarten als egoistische Egoisten dann doch, dass auch die anderen sich um uns kümmern (auch wenn wir das nicht erwidern).

Wollen wir nicht langsam wieder zum „Menschsein“ zurückkehren? Das Experiment der „Neuzeit“, so wie wir es gemacht haben, war ein Versuch, der sich als Irrtum herausgestellt hat. Sammeln wir die noch heilen Steine aus den Trümmern und bauen neue Strukturen in Übereinstimmung mit dem menschlichen Sein und der Welt.

Holen wir die Moderne und erst recht die Postmoderne vom Sockel. Sie waren nur ein Irrtum.

Die zwei bekannten Weltkriege des letzten Jahrhunderts hinterliessen tiefe Spuren in den Menschen der beteiligten und geringer auch unbeteiligten Völker. Seit 1945 gibt es nun endlich keine Kriege mehr. Alle liegen sich glücklich und tolerant und nicht auf Rache sinnend in den Armen. Absolute Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme prägen seit 1945 die Wirtschaft, Wissenschaft, Religion und Politik. Eine Fata Morgana?

Der zweite Weltkrieg (1939 bis 1945) suggerierte, dass für die vielen erbrachten Opfer Gewalt zur Überwindung des Unrechts das rechte Mittel sei. Unter gewissen Umständen mag man das glauben. Ich will auch nicht dagegen wettern. Ob der zweite Weltkrieg aber als Begründung dafür gelten kann, dass Gewalt als Abwehr, als Verteidigung den Zweck (den Sieg) nicht entheilige? Ich muss gestehen, dass ich froh bin, dass das Hitlerregime überwunden wurde, aber dass der Sieg die Gewalt heiligte? Da bekomme ich doch zunehmend Zweifel. Eher zeigt das Beispiel, dass wir gar keine Chance haben, von uns aus, heilig zu werden oder zu bleiben. Diese Gewalt und dieser Sieg bedeuten jedoch nicht, dass damit jede Gewalt als Abwehr zuvor und hernach geheiligt sei. Wir können uns nicht darauf berufen.


Verlassen wir die Weltkriege. Endlich Frieden, zumindest im klassischen Westen, in den USA, Kanada, Australien, Neuseeland und dem grössten Teil Europas. Neue Generationen wachsen heran.

Dass die Nachkriegsgeneration nach der Hölle den Himmel bauen wollte, ist doch nachvollziehbar. Aber gleich den 7. Himmel? Das Mass! Die Nachkriegsgenerationen wollten endlich mit dem Verstand die friedliche Welt bauen, vergassen aber ihr und unser Menschsein.

„Stell Dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin.“ Was für eine lächerliche, altkluge Denkweise von uns in jungen Jahren. Der Krieg sucht uns heim. Meist sind die im Krieg, die gar nicht den Krieg gewollt oder verursacht haben. Die, die ihn verursachten, sind meist gar nicht im Kriegsgeschehen. Wie wollen Sie Frieden machen? Die Jungen leben in Illusionen und die Alten können sich aus ihren negativen Erinnerungen und Verletzungen nicht lösen.

Arbeiten wir die Weltkriege auf:

Die 68er hatten das Glück, dass die alte Generation so vom Krieg geschwächt war, dass sie plötzlich die Oberhand gewinnen konnten. Sie hatten ferner das Glück, dass sie nach dem Krieg vom Aufbauboom profitierten. In Aufbauphasen insbesondere nach Kriegen, Krisen und Unwettern werden immer Arbeitnehmer gebraucht und Unternehmer haben leichtes Spiel, erfolgreich zu sein. Mindestens diese zwei geschenkten Vorteile haben die 68er genutzt, um ihre (egoistische) Philosophie durchzudrücken. Die heute jungen Leute werden wieder eine starke alte Generation vor sich haben. Sie werden vieles vom Erkämpften wieder verlieren. Sie werden wieder eine Verlierergeneration, glauben und wollen aber die Alten überflügeln.

Die 68er haben die moralische Lücke der Eltern ausgenutzt und den Alten gezeigt, wie man es besser macht, wenn man seine Ansichten, seine Ideale, seinen Egoismus durchsetzt.

Die 68er haben es auf die Spitze getrieben. Sie waren und sind gänzlich davon überzeugt, nun endlich die Welt vom Alten befreit zu haben. Sie sind so vollständig davon überzeugt, dass nachdenken für sie gar nicht mehr sinnvoll und möglich ist. Zweifel ist nicht erlaubt und da Nachdenken von Anderen Zweifel wecken könnte, wurden diese Fragen zum Tabu gemacht. Über Tabus kann man nicht mehr gemeinsam nachdenken oder gar reden. In Parlamenten und auf der Strasse wird sogar dafür gekämpft, dass diese Tabus Tabu bleiben. Moral ist ein wunderbares Kampfmittel dafür.

Der Egoist muss zum Individualisten werden und wird schliesslich vereinsamen, denn wenn jeder sich nur noch um sich selber kümmert, könnte es theoretisch wohl weniger Kriege geben, aber auch weniger beziehungshaftes Leben. Ist Leben ohne entsprechende Beziehungen dem Menschen gemäss? Ich hätte da so meine Zweifel. Der 68er Lebensentwurf ist eine Sackgasse, vergleichbar dem Welteroberungskrieg, dem 0. Weltkrieg.
Die 68er wollten ja gerade nicht aus der Geschichte lernen, sondern sie wollten sich selbst verwirklichen. Damit meinten sie, aus der Geschichte gelernt zu haben. Wir manipulieren hinterher unsere Geschichte, nicht nur die Völker, nicht nur die Herrscher, ganz besonders auch jeder Einzelne.

Bei den Frauen der 68iger Generation wurde endlich der tägliche Kampf mit sich selbst um die eigene Selbstbeherrschung zu Gunsten der Kinder in Richtung des Selbst der Frau verschoben. Endlich kann auch die Frau und Mutter sich selbst in den Vordergrund stellen. Die Frauen sind erleichtert und fassen das als Fortschritt auf. Gefühlsmässig ist das völlig nachvollziehbar. Aber was ist mit den Frauen, damit auch mit den Männern und vor allem mit den Kindern passiert? Frauen haben den Unterschied gar nicht verstanden. Glücklicherweise wirken die Gene noch teilweise. Jetzt sind die Kinder störendes Anhängsel, das halt mit durchgeschleppt werden muss, denn schliesslich müssen Kinder ja sein oder sie kamen ungewollt. Kinder in warmherziger, fürsorglicher, gewünschter Atmosphäre? Das war einmal, falls es überhaupt jemals war. Menschlich? Plötzlich können nur noch liebevolle und zugreifende Männer das Leben der Kinder menschlicher machen, einen Lebensmittelpunkt bilden, denn die Frauen/Mütter müssen ja Karriere machen und Geld verdienen, gleichberechtigt neben den Männern. Was sollen das für Kinder werden? Vielleicht können wir Männer "leben" sogar besser als die Möchte-gern-Männer?

Die 68er, die Befreiung unseres Egoismus, haben uns auch viel Kultur gekostet. Ein egoistisches Ich entwickelt keine „Kultur“, auch wenn es sich in Form von Selbstverwirklichung nicht nur sprachlich, sondern in anderer Weise äussert (was wir dann oft als Kunst und Kultur bezeichnen). Kultur als Selbstverwirklichung wird oft die Spannung verursachen „Ich bin gut“, aber der Andere, der das wahrnimmt, wird oft merken „Das ist aber Selbstbeweihräucherung, Selbstdarstellung, also eher "böse". Kultur setzt doch wohl überwiegend zumindest teilen, wenn nicht sogar schenken voraus. Kultur ohne Teilen und Schenken? Das ist dann die Kultur, die zwar viel kostet, aber wenig bewirkt. Geht Kultur ohne Teilen und Schenken überhaupt?

Bitte fallen Sie nicht über die 68er und die Nachkriegsgeneration her und bestrafen sie jetzt wie seiner Zeit die Aggressoren im Krieg.

Im letzten Jahrhundert haben nun die USA die Rolle der Weltpolizei übernommen, genauer, des Weltmilitärs. Sie haben geglaubt, dass der Zweck des selbstgeglaubten Guten ihre militärischen Mittel heiligen würde und nun merken wir, dass das Gegenteil der Fall ist. Die früheren Siegermächte unter Einschluss der USA sind noch verhasster geworden. Es spricht vieles dafür, dass der dritte, dann eigentlich der vierte Weltkrieg seinen Grund im nullten finden wird. Der gesamte Rest der Welt wird an den ehemaligen Siegern Rache üben. So verkehrt sich das "Gute" von damals in das Böse von heute. Wo es damals hiess „Europa zuerst“ (jedes Land für sich zuerst) wird sich jetzt zeigen, dass am Ende das Gegenteil dabei herauskommt. Die Zusammenhänge haben viel grössere Zeitbögen als wir glauben. Das allgemeine Sein und/oder Gott und/oder die Evolution haben eine Ewigkeit oder zumindest Milliarden Jahre Zeit. Für wie bedeutsam wir Menschen, noch dazu jeder einzelne von uns, sich halten, ist doch so etwas von überheblich und unangemessen. „Die Menschheit schafft sich selber ab (in Anlehnung an „Deutschland schafft sich ab“, wir erinnern uns?).
Tilo Sarazin mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ hat vermutlich noch viel mehr Recht, als ihm lieb sein dürfte: Die Menschheit schafft sich ab (und merkt es nicht einmal).

Die Krise Nordamerikas und vor allem der USA heute ist: Die Auswanderer und damit Einwanderer in die USA gingen davon aus, dass sie eine bessere Welt aufbauen würden als die alte (aus der sie auswanderten). Seit dem sesshaft Werden der Einwanderer sind die Amerikaner davon überzeugt, die besseren Menschen zu sein, die bessere Gesellschaft und den besseren Staat, die beste Demokratie aufgebaut zu haben. Das Dumme daran war nur, dass da lauter „alte“, normale Menschen aus- bzw. eingewandert sind, die nun glaubten, im neuen gelobten Land ein neues Land, ein besseres Land aufzubauen als das alte Europa, aus dem sie ausgewandert, die meisten sicher in irgendeiner Weise eigentlich geflohen sind. Aber die alten Menschen aus dem alten Europa konnten gar keine neue Welt aufbauen, sondern sie haben nur wieder ein Land wie das alte Europa aufgebaut in dem Glauben, in der Illusion, etwas „Neues“ aufzubauen. Ich fürchte, die heutige Krise der USA ist die Erkenntnis, dass das alles nur Selbstbetrug war und ist und dass nun die Wirklichkeit offenbar wird. Eine auf maximalem Egoismus aufgebaute Gesellschaft kann nicht „gut“ sein und kann auch die Welt nicht „besser“ machen. Das schliesst sich gegenseitig geradezu aus, auch wenn schlaue und studierte Leute das propagieren.
Die nach 1989 geborenen sind besonders schlimm dran, weil die beiden Nachkriegsgenerationen sie ausgebeutet haben, als sie sich noch gar nicht wehren konnten. In der Kindheit wurden sie aber von ihren Eltern nicht auf das Leben vorbereitet. Sie wurden statt dessen verwöhnt bis ins Extrem. Das wird ein sehr böses Erwachen geben.

Die Schuldenpolitik nach dem 2. Weltkrieg machte höhere Betriebsgewinne, höhere Lohnsteigerungen, höhere Börsengewinne, höhere Renten möglich als realistisch gewesen wäre, hätten wir keine Schulden gemacht.

Die 70 Nachkriegsjahre nach dem 2. Weltkrieg waren nicht normal, stellten nicht die Normalität auf dieser Erde dar. Alles wurde durch Raubbau und durch Schuldenmachen geschönt, vor allem unser Einkommen, unsere Gewinne, unsere Möglichkeiten, unsere Individualiät, unser Glauben, sparen zu können für das Alter.

Die Idee vom europäischen Haus in den 1990iger Jahren war doch faszinierend, oder? Alles sah so friedlich miteinander aus. Wieviel Unfrieden in Häuser einzieht, wenn Menschen einziehen, wurde vergessen, nicht erst durch Wladimir Putin, nein schon durch den Brexit und viele andere Spannungsherde in Europas Organisationen vor- und nachher. Welch eine Täuschung! Unsere Träume, unsere Theorien sind meist zu gut, selten realistisch. Und doch stellt sich die Frage, ob diese Theorien und Träume damit „falsch“ waren. Sind sie „falsch“ als unsere Theorien und Träume oder sind sie nicht Wert, gedacht und geträumt zu werden, auch wenn sie sich hinterher als nicht der Realität angemessen erweisen? Wir können gar nicht nur im Sein leben. Zu unserem Leben gehört auch der Schein. Das moralisch bewerten zu wollen, ist schlichtweg sinnlos. Es ist so. Stellen wir Theorien auf und träumen wir in dem Wissen, dass wir sie nicht verwirklichen können oder dass sie sich nicht verwirklichen werden.

Nach dem Ende des „kalten Krieges“ stellte Francis Fukuyama die These auf, „Die Geschichte gehe jetzt zu Ende“. Sollten wir gemeinschaftlichen Selbstmord begehen? Sah er das Ende der Menschheit bereits kommen? Wird es Menschheit ohne Geschichte geben?

Generation Z? Nein, Generation „Karriere, digitale Welt und Party“. In diese Lebensauffassung passen Kinder nicht hinein. Selbstbeherrschung ja, aber nur für die Karriere, für das Geld, sonst nicht. Und die Generation ist nicht einmal selbst Schuld, dass sie so geworden ist. Wir, die Eltern haben ihnen das so vorgelebt und ihnen eingetrichtert. Karriere, Karriere, Karriere!

Die Millenials wollen wieder Familie und Freizeit, aber sie glauben, dass sie ein Recht darauf haben. Sie scheuen den Einsatz. Wer sollte ihnen denn das Recht darauf ohne Einsatz schenken?

Warum Generation Z? Kommt danach keine neue Generation? Haben die Namensgeber schon beschlossen, die Menschheit nun auszumerzen? Name ist auch Programm. Sind wir in der Namensgebung schon so gedankenlos geworden, dass wir das bei der Namensgebung schon gar nicht mehr mit bedenken können?

Wir haben unser Leben auf Kosten der Zukunft besser gemacht und werden uns wundern oder wundern uns schon, dass es immer schlechter wird? Es konnte doch gar nicht anders kommen.

Die Nachbabyboomergeneration wird sich sehr umschauen, weil sie plötzlich wieder mit wenig Einfluss einer Masse und Macht alter Menschen gegenüberstehen wird. Nur die 68er hatten die fast einmalige Chance, das anders zu handhaben. Das heisst aber noch lange nicht, dass das für alle Nachfolgenden jetzt auch so sein wird oder so sein muss oder so sein kann. Ich fürchte, das ist ein Irrtum.


Die Zeit hat den Nachteil, dass es kein Zurück gibt. Wenn wir in der Entwicklung vorne gewinnen, kommt nicht nur Neues, also Gutes dazu. Hinten verlieren wir. Unsere Nervenzellen mögen noch viel zusätzliche Information speichern können (Woher wissen wir das eigentlich?), aber wir können unser Sein nicht erweitern (Zeit und erleben). Wo wir vorne gewinnen, verlieren wir hinten Fähigkeiten, z.B. Lösungen mit einfachen Mitteln. Wir gewinnen vielleicht „Wissen“, aber wir verlieren hinten Fähigkeiten, Weisheit, Leben. Das ist eine biologische Naturregel. Wir können nicht alles gleichzeitig haben oder sein! Halten wir es mit Reinhold Niebuhrs Gebet: "Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das Eine vom Anderen zu unterscheiden." In diesem Gebet stecken eine Menge Weisheit, eine Menge Erfahrung, viel Verständnis unseres menschlichen Seins. Genau das ist es, was ich und diese Notizen sich wünschen und wollen. Dies zu erkennen, fängt jeder Mensch von vorne an. Das kann keiner an den nächsten weitergeben.

Wenn es auf Grund einer Fehleinschätzung zu einem Unfall kommt, können wir in der Regel nicht noch einmal die Zeit zurückdrehen und das Ereignis ohne Unfall noch einmal ablaufen lassen. Geschehen ist geschehen. Unsere Selbsttäuschung und ihre Folge, der Unfall. Die Zeit kennt keinen Rückwärtsgang. Das ist besonders wichtig für gesellschaftliche Entwicklungen.

Attac, die Globalisierungsgegner haben schon richtige Ideen, nur, dann müssten sie sich selbst auch entglobalisieren. Nur die Anderen...?

Wie können wir Handlungen, die wir unbedacht, unbewusst, unwissentlich oder sogar wissentlich und bewusst getan haben, wieder entfernen oder rückgängig machen? Wie können wir das mit Handlungen Anderer tun? Z.B. KI, IT, Waffensysteme, Nutzung fossiler Energien und Vieles mehr? Es geht nur in den seltensten Fällen. Oft sind es unsere Fehlbeurteilungen, das, was wir für "Wissen" halten, die...

1972 hat der Club of Rome eine Prognose für die Entwicklung der Welt vorgestellt, die das Ende der Ressourcen voraussagte. Heute gibt es, wie die NZZ im März 2022 schreibt, Kritik an dieser Prognose. Sie sei falsch. Vieles spricht dafür, dass das so nicht realitätsnah ist. Die Zahlen stimmen sicher nicht. Wissenschaftliche Zahlen stimmen nur höchst selten (!), auch wenn wir das intuitiv völlig entgegengesetzt glauben. Zahlen sind sehr abhängig von der Grundlage der Annahmen, von den Berechnungsgrundsätzen, von der mathematischen Formulierung und von der tatsächlichen Entwicklung. Da wir alle keine Propheten sind, werden unsere Annahmen langfristig mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr oder weniger von der realen Entwicklung abweichen. Das lässt sich nicht mathematisch vorausberechnen. Das lässt sich nur philosophisch abschätzen. Das mögen Wissenschaftler gar nicht gern. Die Tatsache der endlichen Ressourcen auf dieser Erde an sich, wird sehr wohl stimmen. Es ist nur eine Frage, ob wir uns vordergründig auf Zahlen verlassen oder hintergründig nachdenken. Die Zahlen werden selten stimmen, die Sache an sich wohl schon. Für Änderungen haben wir inzwischen ein völlig unrealistisches Verhältnis zum Geld. Wir denken uns Geld und dann können wir damit jede gewünschte Änderung auf diesem Globus bezahlen und durchführen. Damit funktioniert die Welt dann nach unseren Wünschen. Können Sie sich vorstellen, dass das langfristig erfolgversprechend sein kann? Wie es aber angemessen wäre, weiss gar keiner.

Es gibt keine gültige Geschichtsdeutung, denn schon die damals im Heute lebenden waren völlig widersprüchlich, gut und böse und manches Andere zugleich, Schein und Sein. Die wussten selbst die Deutung nicht. Wie sollen dann wir heute aus der Ferne die Geschichte realitätsnah deuten, wo wir nicht einmal dazugehört haben? Wir deuten Geschichte, aber nur im Selbstbetrug dürfen wir annehmen, dass wir die Zeiten tatsächlich verstehen.
Die Frage wäre, was wollen wir aus der Vergangenheit, aus der Geschichte lernen? Wollen wir lernen, wie man es weiter selbstbezogen (ja narzistisch) macht, nur effektiver, angepasster, egoistischer, aber nach aussen unsichtbar? Oder würden wir gerne lernen, wie man Egoismus überwindet? Wären wir überhaupt bereit, unseren eigenen Egoismus zu überwinden und das nicht dauernd nur von den Anderen zu fordern? Der Buddhismus, das Christentum und andere Religionen haben uns das schon seit zweitausend Jahren und mehr gelehrt. Der Erfolg? Ziemlich mies, oder? Vielleicht dürfen wir dann gerade nicht zurück in die Geschichte schauen, sondern nach vorne? Vielleicht müssten wir dann unseren Selbstbetrug erkennen und überwinden? Müssen wir nicht einfach einsehen, so funktioniert menschliche Geschichte gar nicht?

Dann sprechen wir noch davon, dass wir unsere Welt besser gemacht hätten? Ja, die in unseren gut abgeschotteten europäischen und westlichen Ländern. Drum herum kocht und brodelt es.

Ich bin nur noch für's „Geniessen“ da, die Anderen für's „Leisten“. Wenn es nicht funktioniert, sind die Anderen Schuld. Das ist eine heute bestimmende Lebensauffassung.

Ausser in Krisenzeiten sehen wir nur das Gute und Positive in dem, was wir wollen und tun. Im Nachhinein sehen wir auch die Nachteile, oft sogar überwiegend die Nachteile, die Kosten. Oft sind die Kosten viel höher als vorhergesehen. Nicht selten überwiegen dann die Kosten den Nutzen. So wird aus einem + in der Vorausschau ein – in der Rückschau. Intuitiv sehen wir meist nur das + (meist sogar im Übermass). Das – zu sehen, müssen wir meist sehr intensiv gegen uns selbst nachdenken (und hinterher war es noch immer nicht der Realität entsprechend).

Sein sind nur wir selbst für uns. Alles Andere um uns ist nur Interpretation von Sein, also Schein. Selbst wir selbst sind nicht nur Sein, sondern auch Schein, sowohl für uns wie auch für Andere. Das lernen wir erst im Laufe eines Lebens. Das kann man nicht einfach vermitteln, wie das angeblich mit „Wissen“ gehen soll. Das kann man sich nur im leben, im erleben, mühevoll erarbeiten. Deshalb ist leben gegenüber „Wissen“, gegenüber Theorie, gegenüber Scheinwelten so wichtig. Realitätsnähe entwickeln wir nur in der Realität, nicht in der Flucht aus unserer Realität (mittels Alkohol, Drogen, schönen Träumen oder Theorien, digitalen Welten …).

Wir treiben die Entwicklung immer schneller in ungewisse und ungeschützte Regionen und reissen unbewusst und ohne es zu wissen immer gleich hinter uns den Rückweg ab. Entwicklung bedeutet Entwicklung. Die Zeit läuft ja nie wieder zurück. Das ist suizidales menschliches Handeln. Wahrscheinlich können wir nicht anders, warum aber immer in Hast und Eile, statt wohl überlegt und durchdacht? Sind wir inzwischen zwanghaft veranlagt oder werden wir vom Teufel getrieben?

Zeit hat den Charakter einer wandernden Grauzone (Sollten wir nicht den Begriff „Grauzone“ durch „farbenprächtige Zone der Vielfalt“ ersetzen? Könnten wir das nicht in vielen Bereichen unseres Lebens tun?). Mit der Wanderung dieser Zone (wichtig: Nicht Linie oder Grenze!) ändern sich immer wieder unsere Grundlagen, unsere Bewertungen, unsere Anschauungen, unsere Wünsche, Theorien und Träume ... R.D. Precht spricht hier in seinem Buch „Die Kunst, kein Egoist zu sein“ von „Shifting baselines“. Meint er ähnliches?

Wir können die Geschichte im Nachhinein auch kaum aufarbeiten, natürlich dann auch die Anderen nicht, denn wir sind alle befangen. Trotzdem ist es wichtig, dass wir uns die Geschichte immer wieder vor Augen führen, um unsere Wurzeln zu sehen. Sie haben unsere Intuition geprägt. Wir müssen immer wieder die Wünsche, Theorien und Träume unserer Vorfahren vergleichen mit dem, was für Ergebnisse ihre Handlungen brachten, damit wir erkennen, wie wir mit der Realität unserer Umgebung interagieren und noch viel mehr sie mit uns. Da gehören die Menschen um uns herum mit zur Realität, so wie sie sind, nicht wie unsere Ideale sie haben wollen.

Selbst die grosse Anzahl von Menschen auf dieser Erde hat zu einer Inflation geführt. Der Mensch selbst ist inflationär. Die Erde hält offenbar nur eine recht kleine Anzahl von selbstbewussten, egozentrischen Menschen mit Hirn und Hand aus, die ihre Hand auch noch mit allen möglichen Werkzeugen, Maschinen und schliesslich selbstarbeitenden Robotern immer wirkungsvoller machen. Das erweckt zunächst den Eindruck eines unheimlichen Erfolges (und alle sind glücklich und stolz). Auf der anderen Seite der Gauss-Kurve aber wartet nicht das weitere lineare oder gar exponentielle Wachstum, sondern der Niedergang, die Kosten für all den Wohlstand vorher, vielleicht sogar das Ende der Menschheit. Das Dumme ist, nicht nur die Zeit kennt kein Zurück, auch wir Menschen wollen kein Zurück und genau das treibt uns in den Ruin. Lieber kämpfen wir bis zum Sterben, neuerdings sogar die Frauen. Ja, dann sind wir tot. Das hört sich nicht so clever an, oder?

„Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“ las ich in einer spitzen Werbung. Welche Wahrheit steckt in dem Satz angesichts der Gedanken, die wir uns bisher gemacht haben? Ist der Satz allgemeingültig? Oder gilt er gar nicht? Oder gilt er zeitweise und zu anderen Zeiten oder Gelegenheiten gilt er nicht?

Wenn ich die Zeichen der Waffenindustrien, der Spannungen zwischen den Völkern und sozialen Schichten, der Egoismen der regierenden Männer (glücklicherweise kaum Frauen), der Überbevölkerung und der geschichtlichen Hintergründe sehen, dann käme es doch einem ausgesprochenen Wunder gleich, wenn im laufenden Jahrhundert nicht noch intensivere Kriege auf uns zu kommen als die uns schon bekannten?

Ein kleiner Einschub der Geschichte der Entwicklung von Waffen: Als wir noch im Einklang mit unserer Umwelt waren, hatten wir zwar wenig zu beissen, kein bequemes Lager, nur halb so viel Lebenszeit und wir waren nie sicher gegenüber unserer Umwelt und den Menschen um uns herum, aber vor fernen Mächten brauchten wir uns kaum zu fürchten. Flugzeuge, Raketen, selbst Schiesspulver oder gar Drohnen waren noch nicht erfunden. Unsere nahe Umgebung haben wir seitdem domestiziert, uns genehm und gehorsam gemacht. Unser Sieges- und Machtwillen haben aber dazu geführt, dass wir immer weitreichendere Waffen entwickelt und gebaut haben, so dass wir heute sogar in der Lage sind, bis ins Weltall zu kämpfen und Gegner zu zerstören. Das Dumme ist nur, wir haben unseren späteren Gegnern diese Waffen auch geliefert und wir haben aus wirtschaftlichem Egoismus die Gegner sogar dazu in die Lage versetzt, gegen uns noch wirksamere Waffen zu bauen und anzuwenden. Jetzt sind wir sicherer vor all den Menschen, denen wir lieb und teuer und sympathisch sind, vor allen Konkurrenten und Gegnern aber sind wir viel weniger sicher, oder? Clever, oder?

Wir können nicht einfach Frieden schliessen, Verträge schliessen etc. und dann glauben, wir hätten Frieden. Am Ende der grossen Reiche, der Osmanen, der Österreich-Ungarn, am Ende des ersten und am Ende des zweiten Weltkrieges... Da müssten wir schon sehr ähnliche Philosophien haben, was Frieden, Ehre, Eigentum und vieles mehr bedeuten. Da dürften schon nur sehr eingeschränkt Sieger- und Verlierer-Justiz geübt werden. Ein langfristiger Ausgleich für alle zuvor erlittenen Schäden, Unrecht, Schmerzen, Verluste etc. dürfte angemessen menschlich doch kaum erreichbar sein? Die Gefahr ist doch hoch, dass mit dem Friedensschluss der Keim für den nächsten Krieg schon gesäht wird, ohne dass wir das wahrgenommen haben. Ein bisschen mehr Schaden muss der Andere doch als Genugtuung für uns auch noch bekommen, oder? Wie liesse sich auch ein „gerechter“ Friedensschluss organisieren, wo die Kriegsgegner ja keine Maschinen oder Dinge sind (wie eine Anzahl Würfel, die man nur gleichmässig (wäre das gerecht?) verteilen müsste), sondern Menschen, Persönlichkeiten, Kämpfer, Sieger und Verlierer?

Wer räumt nach den vielen Kriegen im Nahen und Mittleren Osten dort wieder auf und gibt den Menschen eine lebenswerte Zukunft? Deutschland und Europa versuchen es mit Geld, vor allem der nächsten Generation, die sich nicht wehren kann gegen den Raub.

Wir verändern uns dauernd und wir sind ja geradezu besessen, immer alles zu verändern. Ob wir uns entwickeln, wissen wir doch gar nicht? Ob es Fortschritt oder Rückschritt ist, kommt auf die Sichtweise an. Woran sollten wir das messen? Woher wollen wir das angemessen beurteilen? Uns selbst und unsere Wünsche, Theorien und Träume als Massstab zu nehmen, ist vielleicht gar nicht angemessen? Das wird vermutlich erst in 500 Jahren möglich sein, aus der Distanz, aus dem Erleben der Folgen? Wer weiss denn, ob heutige Forschungsergebnisse, sich langfristig als „richtig“, als „sinnvoll“ erweisen oder ob die Zukunft nicht genau das Gegenteil zeigt?

Wenn wir sehen, wie sehr vor- und nachher unsere Ansichten in der Liebe wechseln oder wie sehr der Wert dessen, was wir haben und was wir nicht haben, wechselt, so ist fraglich, ob wir später eine solide Geschichtsbeurteilung überhaupt hinkriegen können. Sind wir da nicht viel zu optimistisch, ja geradezu selbstbetrügerisch? Trotzdem versuche auch ich es. Wir müssen es auch versuchen!

Es spricht viel dafür, dass unsere ganze Technisierung, Formalisierung, Mathematisierung uns immer mehr Freiheit nimmt, uns immer mehr zu Unmenschen, statt zu Menschen macht, obwohl wir sie genau zum gegenteiligen Zweck schaffen. Wir werden jetzt den formalen Algorithmen unterworfen, nein schlaue Mediziner und Techniker gieren geradezu danach, uns immer mehr zu algorithmisieren. Freiheit, die wir suchen? Adé! Wir Menschen sind doch eine Sackgasse der Evolution und fast alle unsere Führer (Politiker wie Wissenschaftler und Techniker) ziehen und treiben uns nur immer schneller und mächtiger in die Falle.

Bei allem Fortschritt, den wir heute erleben, sollten wir nicht vergessen, was wir alles an Bewährtem, an Menschlichem verlieren.

Immer die nächste Generation im Tier- und Menschenreich ist wichtig, nicht wir selbst. Beobachten Sie mal Frauen alten Schlages oder lesen sie mal Frauen früher Generationen (meistens werden sie nicht geschrieben haben, weshalb Sie sie heute gar nicht lesen können) oder in Gegenden dieser Erde, wo der Feminismus noch nicht vorherrschend wurde. „Meine Kinder sollen es einmal besser haben“ ist oder war der Leit- und Leidspruch ihres Lebens. Kinderarbeit lag diesen Müttern und Frauen fern. Nein, sie machten sie selbst und opferten sich buchstäblich. Die Folge waren und sind dann eher verzogene Kinder, die glauben, nun wirklich in einer Welt zu sein, die nach ihrer Pfeife tanzt, zumindest die Jungs, die sich nun als Herren fühlen. Die aktuelle Generation (vor allem die Frauen) kümmerte sich jeweils um das Gedeihen und angemessene Leben der nächsten Generation. Was die aktuelle Generation hatte, wurde an die nächste verschenkt, vererbt und weitergegeben. Heute ist es umgekehrt. Die aktuelle Generation nimmt sich in Form von hoher Staatsverschuldung den erhofften Reichtum der nächsten Generationen und im sogenannten „Generationenvertrag“ wird die nächste Generation zusätzlich gleich noch dazu verdonnert, neben dem Schulden abzahlen auch die Renten der Generation vorher zu berappen. Und mit der verbrauchten Erde muss sich diese Generation auch gleich noch plagen. Wir Nachkriegsgenerationen sind doch schon einzigartig egoistisch, diebisch und destruktiv veranlagt. Übertreffen wir nicht trotz „Friedens“ noch die Kriegsgenerationen vor uns? Wie dekadent sind wir doch? Wenn es uns allen gut geht, dann sind doch genau die Kriterien erfüllt, die bei Bert Brecht für Dekadenz gelten oder? Die zwei Nachkriegsgenerationen dürften doch wohl die dekadentesten Generationen sein, die die Erde jemals bevölkert haben?

Jede Folgegeneration muss ausbaden, was die Generationen vorher verbockt haben. Was richtig und was falsch ist, können wir angesichts einer unbekannten Zukunft ja in den seltensten Fällen sagen. Aber wir wissen es natürlich, denn sonst würden wir uns nicht um einflussreiche und politische Ämter bewerben und darum kämpfen. Natürlich brauchen wir Menschen in diesen Ämtern, keine Frage, aber Menschen, die um ihre und unser aller Unwissenheit und Unbedarftheit wissen, wären vielleicht wenigstens etwas vorsichtiger? Früher waren Frauen da im Vorteil. Heute haben sie sich in dieselbe unglückliche Lage manövriert, wie die Männer sie schon lange einnahmen und sich grandios selbst täuschten. Vielleicht sollten wir viel vorsichtiger sein? Unsere Kinder sind selten die Gewinner, sondern meist die Leidtragenden.

Unser Egoismus dreht sich längst nicht mehr nur ums Überleben (wie das zum Beispiel bei den meisten Tieren so ist). Unser Egoismus geht dahin, es so bequem wie möglich zu haben, so interessant, so arbeits- und leistungsfrei, so genussvoll wie möglich … Der erste Egoismus war noch auf dem steigenden Anteil der Gausskurve, der jetzige ist bereits auf dem absteigenden Anteil der Gausskurve.

Sind wir nicht heute bereits auf dem absteigenden Teil der Gausskurve, weil wir auf Grund einer falschen philosophischen Entscheidung „Wenn wir alle egoistisch handeln, funktionieren Markt und Leben besser, wird die Welt besser.“ die Erde und auch uns selbst weit überfordert haben?

Wenn Oswald Spengler bereits 1918 bzw. 1922 den Untergang des Abendlandes beschrieb und gewissermassen vorhersagte, so hat das an der Entwicklung des Westens vermutlich wenig geändert. Wenn George Orwell uns bereits 1949 in seinem Buch „1984“ beschreibt, wie sich unser gesellschaftliches Leben entwickeln könnte, dann stellen wir etwas später im Nachhinein fest, dass er recht realitätsnah mit seiner Beschreibung liegt. Die Beschreibung ist für freiheitsliebende Menschen nicht gerade sehr erquicklich. Sie hat uns nicht davor bewahrt, genau in diese Falle zu tappen. Offenbar können wir der Gefahr nicht ausweichen. Ich werde auch niemanden ändern und Entwicklungen verhindern oder gar umkehren. Wir haben diese Änderungen wohl gar nicht in der eigenen Hand?

Werden wir Menschen nicht mit Hand und selbstbewusstem Hirn nicht eher ruhen, bis wir uns selbst ausgelöscht haben, ohne dass wir merken, dass wir schon tausende Jahre genau darauf hin gearbeitet, geforscht, entwickelt, geleistet und gekämpft haben?

Die Menschheit wird sehr wahrscheinlich an ihrem eigenen Erfolg zugrunde gehen, es sei denn, es passieren noch Wunder, die ich nicht vorhersehen kann. Ist das eine Fehlentwicklung der Evolution oder die Auswirkung von Gott und Teufel oder gibt es noch eine andere Interpretation?

Wenn Menschheit eine Sackgasse der Evolution ist, falls es die Evolution so unpersönlich tatsächlich gibt, dann ist sie und sind wir nur ein Witz.

Liebes Silicon-Valley, bitte verlängern Sie nicht das Leben des Menschen auf 200 oder gar 1000 Jahre, sondern sorgen Sie dafür, dass wir der Realität des Lebens und des Menschen näher kommen, dass wir uns der Realität immer mehr anpassen, nicht gezwungenermassen in Notzeiten, sondern freiwillig, ganz bewusst und aktiv, proaktiv, vorausschauend. Denken Sie vor wissenschaftlichen Weiterentwicklungen des Menschen nach, was für Folgen das für uns Menschen und unsere Erde hätte, auch die negativen. Wäre das nicht wirklich sinnvoll? Braucht Wissenschaft vielleicht eine Selbstbegrenzung durch Sie Wissenschaftler selbst?


Später werden die Äonen raunen: Es gab da mal eine Art von Lebewesen, die hat gemeinschaftlichen Selbstmord auf ihrem Globus gemacht, weil

jeder nur an sich dachte und sich selbst für gut und richtig hielt und keiner merkte, wie alle nur sich selbst in der Gemeinschaft ruinierten.