Der Mensch (Homo Sapiens) in seiner Entwicklung
Der Mensch, das Tier, die Genetik (10/2024)
Gemäss der Evolutionstheorie und weiterer wissenschaftlicher Ansichten steht der Mensch im Prozess der Entwicklung der lebenden Welt, die zu einem sehr hohen Prozentsatz genetisch bedingt ist. Über Jahrmillionen wurde die Information über vorteilhafte Mechanismen in der Auseinandersetzung mit der Umwelt und dem Trieb zum Überleben in Erbanlagen gespeichert und weitergegeben. Der Prozentsatz betrug über viele Millionen Jahre 100. Erst bei den höher entwickelten Tieren wich dieser Prozentsatz etwas nach unten ab und es kamen erste Lernprozesse für diese Informationsweitergabe dazu. Diese Informationen wurden schon fragiler, weil sie zur Weitergabe einer intakten Familie zumindest zu Beginn des Lebens bedurften. Dann kamen Gewohnheiten dazu und komplexes Lernen. Das sind noch fragilere Prozesse, die auch noch des Aufbaus von Moral, Bildung, Beziehungspflege etc. bedürfen. Umgekehrt dürfen wir aber auch sagen, dass dieser neue Weg der Informationsweitergabe von Generation zu Generation solche komplexen Funktionen des Lebens und der Gesellschaft erst möglich machte. Jetzt erreichte der Prozentsatz an in Genen weitergereichter Information für ein gutes Überleben vielleicht noch 90 %? Die 10 % können wir als "Prägung" durch unsere Vorfahren, durch unsere Gesellschaft, durch Überlieferung bezeichnen.
Vererbung müssen wir in diesem Zusammenhang wahrscheinlich nicht im Sinne von ein Gen entspricht einem Protein oder einer chemischen Substanz oder ähnlichem verstehen. Hier hat bereits und wird die Genetik vermutlich in den nächsten Jahren verschiedene Ebenen finden. Vermutlich ist die Erbinformation ähnlich komplex wie die menschlichen Sprachen. Buchstaben (Nukleinsäuren) formen Worte (Gene) und über den Worten gibt es Sinnzusammenhänge und ähnliches. Auch unser Erbgut wird wahrscheinlich ähnlich funktionieren. Allein die Sequenzierung war noch lange keine Entschlüsselung der Erbinformation. Wir stehen erst ganz am Anfang des Buchstabierens, Wortefindens, Sätzebildens und schliesslich Sinnfindens im DNA-Roman.
Nicht unbedingt nur zeitlich danach, sondern zunehmend parallel zur Genetik entstanden der Verstand und der freie Wille, die freie Suche nach Informationen und Gebrauchsanleitungen und dem Verstehen der umgebenden Wirklichkeit. Mit dem Verstand werden „zweckmässig“ und „unzweckmässig“ unterschieden und die zweckmässigen Erkenntnisse ins Leben und Verhalten eingebaut und unzweckmässige gemieden. Allerdings ist es schon spannend, über die Definition und Unterschiede von „zweckmässig“ und „unzweckmässig“ nachzudenken. Meint es z.B. kurzfristig oder langfristig? Meist gibt es nämlich nicht beides zugleich oder nur mehr oder weniger in einer Art von Gleichgewicht.
Jetzt erreicht der Anteil der Genetik an der Informationsweitergabe aber immer noch locker 70 bis 90 %, je nach Entwicklung des menschlichen Individuums.
Die Weitergabe solcher Informationen in Form von genetischen Strukturen hatte sich über viele Jahrmillionen als äusserst zweckmässig und für das Leben nachhaltig und wertvoll erwiesen. Eine Betonung lag auf Beständigkeit und Nachhaltigkeit. Deshalb ändern sich diese Strukturen resp. Gene nur sehr, sehr langsam, im Zeitlupentempo. Da bedeuten 1000 Jahre nichts. Das können wir jetzt nicht einfach ändern. Die genetischen Informationen sind sehr beständig und nachhaltig. Sie gehören zu uns. Sie sind ein überragend grosser Teil von uns. Wir werden in unserer Entwicklung also als feste Grösse immer eine genetisch festgelegte Grundpersönlichkeit sein. In diesem Kontext bewegen wir uns weiter im Tierreich. Wir vergessen gar zu gerne, dass wir Tiere sind, die wahrscheinlich bisher am weitesten differenzierten. Wir vergessen gar zu gerne, dass in uns tierische Verhältnisse herrschen und es ist ganz aufschlussreich und macht Verhalten verständlicher, wenn wir uns nicht über die Tierwelt erheben, sondern uns in sie einreihen. Die Medizin und Pharmaindustrie nutzen das ganz selbstverständlich und ohne sich daran zu stören, indem sie z.B. zunächst erhoffte Medikamente an Tieren ausprobieren und erst danach an Menschen testen. Unser Menschenbewusstsein (in Abgrenzung zum Tierbewusstsein) ist sehr überheblich. Und wir sollten uns wieder klar machen, das alles hat nichts mit Moral zu tun. Unser Tiersein ist zunächst moralisch genau so indifferent wie beim Tier. Dort, wo wir dem Tier nahe sind, wo wir unser Tiersein ernst- und annehmen, werden wir oft am menschlichsten. Allerdings unterscheidet uns natürlich auch einiges vom Tier. Auch darüber lohnt es sich, nachzudenken. Bis auf winzige Kleinigkeiten können wir an unserem tierischen Menschsein gar nichts ändern.
In gleicher Weise lohnt es sich auch, mal darüber nachzudenken, wenn wir Dinge und Vorgänge in „natürlich“ und „künstlich“ aufteilen. „Natürlich“ ist aus der Natur. „Künstlich“ ist etwas, was irgendwie technisch hergestellt oder verändert ist, vom Menschen gemacht. „Natürliche“ Medizin und „künstliche“ Medizin (also Schulmedizin). Dabei haben die Pharmafirmen sehr viel von der Natur abgeschaut oder aus der Natur gewonnen. Und auch Naturstoffe können hochgiftig sein, während technisch hergestellte Medikamente völlig nutzlose, wirkungslose Stoffe sein können. Gehören wir Menschen mit unseren Ausdrucksformen von Leben nicht auch zur Natur? Diese Unterteilung ist doch höchst fragwürdig. Natürlich kann man verschiedene medizinische Therapieformen unterscheiden, aber diese Form von Unterscheidung weckt doch sehr den Verdacht, dass nicht nachgedacht worden ist, sondern mit dem Bauchgefühl intuitiv differenziert wurde. Beide Bereiche überlappen sich an vielen Stellen, aber sie sind nicht deckungsgleich. Das macht eine einfache Beschreibung und Beurteilung oder eine Gesetzgebung in diesem Bereich fast unmöglich.
Es tut unserer Ehre und unserem Selbstbewusstsein keinen Abbruch, wenn wir uns Menschen unter die Tiere einreihen. In den letzten Jahrzehnten haben Forscher so viele interessante Entdeckungen bei den Tieren gemacht, dass die Grenze zwischen Tier und Mensch sowieso immer weiter verschwimmt. Der Revierinstinkt zum Beispiel. Kommt nicht unsere Neigung zur Abgrenzung, zur Ausgrenzung, zum Zäune- oder sogar Mauernbauen etc. schlichtweg vom Revierverteidigen in der Tierwelt? In mein Revier darf kein Anderer, ein Gleichgeschlechtlicher schon sowieso nicht, ein Gegengeschlechtlicher nur, wenn er von mir geliebt wird und sie/er mich liebt (und dabei bestimme ich, was Liebe ist und was wir unter Liebe verstehen). Wenn wir Menschen unsere Heimat abstecken, in Besitz nehmen und gegen Eindringlinge verteidigen, dann ist das nichts anderes als tierisches Markieren des Revieres und die Verteidigung dieses Revieres. Im grösseren Massstab ist das bei den Völkern genauso und wir nennen es dann "Nationalismus". Das ist ganz tierisch normal und eben nichts spezifisch menschliches. Das ist einfachste Biologie. Nichts besonderes. Warum wundern wir uns beim Menschen so? Warum bekämpfen wir das so? Warum verachten wir Andere deshalb so? Warum verstecken wir das als unsere ureigenste Eigenschaft so? Wir handeln einfach nur tierisch menschlich. Da wir unseren Körper nicht einfach ändern oder austauschen können, können wir den Nationalismus in uns oder Anderen bekämpfen. Der wird nicht weggehen. Der gehört zu uns. Legen wir die Waffen aller Art nieder und geben den Kampf auf. Er ist schlicht sinnlos.
Russische Datschen funktionieren so, Schweizer private Grundstücke und die Zweitwohnung, abgesteckte Landesterritorien, Ansprüche auf zum Lande gehörende Seegebiete. Der Streit um die Verteilung der Rechte des Eigentümers und der Pflichten der Aussenstehenden oder angrenzenden Besitzer ist nichts anderes als der tierische Revieranspruch, der natürlich in beide Richtungen gilt. Wir Menschen sind Tiere, nur eben Tiere mit mehr Handlungsmöglichkeiten, aber unseren Revierinstinkt überwinden wir nicht.
Stolz, Egoismus, Gier, Habsucht, Neid, Eifersucht, Ehrgeiz, … sind menschliche Fortentwicklungen dieses Tieres in uns. Und doch sind wir ja nicht nur Tier?
Wir müssen weiter festhalten, dass unser Tier-/Menschsein und unsere Gefühlswelt sehr eng miteinander verknüpft sind. Und unsere Gefühle dominieren in aller Regel über den Verstand. Dies führt dazu, dass unsere Gene und damit verbunden unsere Gefühle, uns viel mehr beherrschen als unser Verstand uns beeinflusst. Diese Erkenntnis steht im krassen Gegensatz zur Einstellung bestimmender gesellschaftlicher Gruppen im letzten Jahrhundert.
Der Mensch hat sich als Tier entwickelt. Wir glauben heute, dass er viel besser, höher, moralischer sei als Tiere. Trotzdem besteht der Mensch zum allergrössten Teil aus seinen Genen tierischen Ursprunges und dem daraus hervorgegangenen Körper.
Innerhalb des menschlichen Organismus besteht nur ganz wenig Toleranz. Eindringende Erreger, Fremdlinge, werden so schnell wie möglich vom Immunsystem erkannt und Antikörper entwickelt und die Erreger gekillt. Da besteht fast keine Toleranz, allenfalls Toleranz als Unfall (Herpesviren, latente Tbc …). Da wirkt sich unser Immunsystem aus und nur deshalb überleben wir die vielen Infektionen, die vielen Angriffe auf unser Leben, die uns gar nicht bewusst werden, die unser Immunsystem ohne unser Bemerken und Zutun überwindet, an denen wir sonst sterben würden.
Zumindest die männlichen Artgenossen haben meist ein ausgeprägtes Revierempfinden. Das Revier wird gegen Eindringlinge verteidigt. Toleranz ist ein Ausdruck von Liebe, von Hingabe, von Verzicht, von Achtung des Fremden. Toleranz ist keine normale Umgangsform des Menschen. Toleranz ist sehr energieverbrauchend, sehr kräftezehrend. Toleranz muss bewusst eingeübt und gepflegt werden. Toleranz ist nicht „normal“. Normal ist Intoleranz(!) auch wenn wir es natürlich sehr begrüssen würden, wenn Andere uns und unseren Lebensgewohnheiten und Ansichten gegenüber tolerant wären. Warum sollten die- oder derjenige das aber tun? Nur der ist tolerant, der Toleranz entgegen seiner eigenen Intuition Anderen gegenüber übt. Unsere Intuition bindet uns an den Egoismus unseres Körpers. Unser Körper aber ist hochgradig intolerant. Mensch sein bedeutet, intolerant sein! Das können wir nicht einfach ändern und deshalb fordern wir ja die Toleranz von den Anderen.
Gibt es vielleicht auch Grenzen für Toleranz? Ist grenzenlose Toleranz vielleicht gar nicht sinnvoll? Sollten wir vielleicht nicht immer Toleranz fordern? Ist Toleranz manchmal vielleicht sogar realitätsfern, ja schädlich? Fordern Sie mal Toleranz gegenüber anderen Denk- und Lebensweisen von sich selbst. Mal sehen, was dann passiert?
Dem allgemeinen Sein und/oder dem lebenden Gott und/oder der evolutionären Natur hat es offenbar gefallen, die Welt der Lebewesen in einer stetigen Entwicklung zu erschaffen. Und diese Entwicklung schafft nicht nur immer besser der Umgebung angepasste und komplexere Lebewesen, sondern diese Entwicklung umfasst auch die einfache Tatsache, dass wir Lebewesen auf Kosten Anderer leben. Die grösseren fressen die kleineren und in die Nahrungskette inbegriffen ist die Pflanzenwelt. Aber es ist eine Tatsache, dass in der biologischen und dann deutlicher in der tierischen Welt, Lebewesen auf Kosten anderer Lebewesen leben. Und für die Natur kennen wir in diesem Rahmen nicht die Kategorien von „gut“ und „böse“. Auch wir Menschen sind Natur. Wir Menschen sind eingebettet in die Tierwelt. Auch wir Menschen leben auf Kosten und inmitten der übrigen Tierwelt, genauso wie die übrige lebende Welt auch auf Kosten und inmitten der materiellen Welt lebt. Das ist unsere Natur. Das bedeutet nicht, dass wir Menschen uns nicht auch entscheiden könnten, anders zu leben. Aber es ist zunächst unsere Natur. Und je nach Konsequenz wird die andere Lebensweise schwierig bis krankmachend, also zumindest kaum sinnvoller.
Jeder will sein Leben so schön und „sinnvoll“ (was immer das Individuum damit meint), nicht selten auch so bequem und mühelos gestalten, wie nur möglich. Auch dazu werden andere Menschen gebraucht. Es geht kaum alleine. Und in der Regel besteht da ein Geben und Nehmen. Im Zweifel ist es uns lieber, der Andere gibt mehr als wir selber, aber sobald es wahrgenommen wird, dann wollen doch lieber wir mehr gegeben als bekommen haben. Wir sind doch die „Guten“, zumindest, wenn es nach aussen sichtbar wird oder werden könnte. Wo es nicht gesehen wird, übervorteilen wir Andere gerne. Da legen wir gerne an uns selbst einen weicheren Massstab an als an Andere. Das ist unsere Doppelmoral (die wir gar zu gerne vor Anderen und am besten auch vor uns selbst verstecken). In grossen oder Dreiecksstrukturen (sehen wir später noch) ist das fast regelmässig der Fall.
Genauso gehört es zur Natur von uns Menschen, dass wir Nahrung brauchen, sonst gehen wir zugrunde. Und Hunger macht erfinderisch. Auch hier wieder: Wir Menschen sind zum grössten Teil Tier, genetisch bedingt. Und in der Tierwelt gibt es keine Moral, gibt es kein „gut“ und „böse“. Hunger hat zunächst nichts mit Moral zu tun. Erst in der Welt der Prägung und Erziehung und erst recht in der Welt des freien Willens wird diese Unterscheidung sinnvoll, kann Moral ein Mittel zur Regulation menschlichen Lebens werden. Aus dieser Perspektive kann man Moral auch rückwärts anwenden, aber dabei wird man vorsichtiger damit umgehen müssen, weil vieles, was wir Menschen als Tier so tun, dem freien Willen und damit auch den (von uns Menschen gemachten) Gesetzen kaum zugänglich ist. Auch das werden wir später intensiver durchdenken.
Viele der Eigenschaften des Menschen, die wir mit dem Tierreich gemeinsam haben, haben für uns den Ruf des „Bösen“. Das ist ja furchtbar. Wir versuchen alle verzweifelt, immer „gut“ zu sein und müssen daher dauernd den tierischen Teil unseres Menschseins verstecken, leugnen, verdrängen, so in Schach halten, dass keiner diesen tierischen Teil wahrnimmt. Wir reden nicht mehr drüber, denken am besten nicht mehr darüber nach, Tabu! Dabei sahen wir doch, dass wir Menschen zu 80 bis 90 % einfaches Tier sind. Von daher ist es auch nachdenkenswert, wie wir den biologisch begründeten Egoismus einschätzen.
Der tierische Egoismus, der zum Selbsterhalt nötige, der war der natürliche Egoismus und ist es auch jetzt noch. Deshalb galt früher Mundraub am Wegesrand auch nicht als Raub. Der darüber hinausgehende Egoismus schafft uns die Widersprüchlichkeit, die wir dann mit „gut“ und „böse“ zu managen versuchen. Mit dem tierischen Egoismus müssen wir uns arrangieren, dem in uns und dem im Anderen. Mit der darüber hinausgehenden Form von Egoismus werden wir uns noch beschäftigen.
Je mehr die Forschung in der Tierwelt Entwicklungen, Verhaltensweisen und Fähigkeiten findet und erkennt und beschreibt, desto mehr stellen wir fest, dass die Distanz zwischen den Tieren und uns Menschen klein ist. Viele menschliche Fähigkeiten finden wir hie und da in der Tierwelt auch schon. Dass wir Menschen es geschafft haben, die Tierwelt dermassen zu versklaven und nur noch unter Nutzungsaspekten für uns selbst zu betrachten (selbst die, die heute ursprüngliche Natur zu erhalten oder wieder herzustellen suchen, stehen zumindest sehr in der Gefahr, es nur für unser Wohlbefinden und unseren Stolz zu tun), ist schon eine Leistung, eine sehr fragwürdige Leistung. Ist der Unterschied zwischen Tier und Mensch eine Art von „Sündenfall“? Uns wirklich zu widerstehen scheinen ja nur die Einzeller oder sogar die, die ohne unsere Zellen gar kein eigenes Leben haben, die Viren und ähnliche? Vielleicht sind die Tiere ja sogar die besonderen Freunde eines lebenden Schöpfergottes, falls es einen gibt, des allgemeinen Seins und/oder der evolutionären Natur? Was würde das für uns Menschen bedeuten?
Jahrmillionen standen die Lebewesen zueinander in einem Gleichgewicht. Wenn eine Sorte von Lebewesen überhand nahm, dann starb sie vermutlich deshalb aus. Jahrmillionen haben weder das allgemeine Sein, noch der lebende Gott oder die evolutionäre Natur an der Tatsache gerüttelt, das Leben ein Ende findet, den Tod. Offenbar war das sinnvoll? Auch das wird uns noch beschäftigen.
Gibt es Anhaltspunkte in der Tierwelt dafür, dass ein Geschlecht die Frage stellt, wer mehr oder weniger Wert als das andere sei oder wer mehr die Tierart ausmache als das andere Geschlecht? Egal, wie die Antwort heisst, was würde das für uns Menschen bedeuten?
Von Natur aus sind wir allem Fremden, allem, was uns nicht gute Gefühle macht, erst einmal „Anti“ eingestellt. Wir finden die „negative“ Seite, die Seite, die uns abstösst und verstärken damit unser „Anti“ auch noch. Das verstärkt in uns noch das Gefühl „Ich bin gut und im Zweifel sind die Anderen schlecht, sind die Schuld, wenn etwas nicht so läuft, wie ich mir das denke und für "gut" halte“.
Prägung (10/2024)
Danach kommt die Prägung, die Entwicklung, der wir durch unser Geborenwerden in eine menschliche Umgebung ausgesetzt werden. Wir werden völlig ohne unseren Einfluss in eine Familie geboren, in eine Kultur, in ein Land und nun werden wir geprägt von einer Geschichte über Jahrzehnte und Jahrhunderte. Wir werden geprägt von einem Land mit seinen klimatischen Eigenheiten, seiner Grösse oder Kleinheit, seiner Regierungsform, seiner Religion und Philosophie. Wir erleben unsere Eltern und wir ahmen sie nach. Vielleicht gängeln sie uns, vielleicht loben sie uns, vielleicht himmeln sie uns an oder sie lehnen uns ab. Eine Scheidung oder ewiges Zusammenbleiben..., ein schlagender, oft betrunkener Vater, eine rauchende Mutter, ältere oder jüngere Geschwister oder Einzelkind. Umzüge, Reisen, Erziehung bei den Grosseltern. Kindergarten, Schule, die Spass machte, weil man der Beste ist oder die der Horror war, weil alle nur auf einem herumhackten. Viele haben Einfluss auf die Prägung, manche unbewusst, manche gezielt, manche ausnutzend, einige vielleicht auch schenkend. Aber in den meisten Fällen dürfte es eher ein Leben sein im gegenseitigen Befriedigen der Egoismen, dem Egoismus der Anderen und dem eigenen. Und oft sind die für das spätere Leben am besten gerüstet, die in der Kindheit bereits ausgewogen mit den einzelnen Egoismen trainiert wurden. Die Kinder, die es immer gut hatten und die nur eine heile Welt um sich hatten und alles bekamen, was sie wünschten, sind oft schlecht auf das Leben vorbereitet.
Die ganze Prägung in der Kindheit und Jugend durch Andere ist von uns selbst nur wenig oder gar nicht beeinflussbar und wo sie es wäre, fehlt uns noch einfach der Überblick und die Kritikfähigkeit, um Veränderung bewusst und gezielt und gegen Widerstände durchzusetzen. Meist wird der Weg des geringsten Widerstandes mit dem grössten Wohlgefühl gegangen. Es wird trainiert: Was mir ein gutes Bauchgefühl gibt, ist gut, was meinem Bauch (oder auch meinem Körper) unangenehme Gefühle macht, das schadet, ist schlecht. Manche finden auch sehr schnell den Weg in die innere oder sogar komplette Opposition, eine gute Voraussetzung, später Extremist zu werden.
Möglicherweise haben Eltern und/oder Erzieher versucht, dem kleinen Tier das Tiersein abzugewöhnen, meist eher eine Verkrüppelung des kleinen Körpers und Geistes als eine Verzierung? Eine Form von Scharia nicht nur im Islam? Interessanterweise hat sich der Gott des Neuen Testamentes der Bibel schon vor mehr als 2000 Jahren entschieden, das nicht mehr zu tun. Er hatte schon mit nur 10 Geboten bei uns Menschen nur noch Abtrünnige, nur Sünder. Er fand und bot uns Menschen einen anderen Weg an.
Diese Prägung ist später veränderbar. Wer Psychotherapie betreibt, Pädagogik, auch Demagogie, wer Bewusstsein verändern will, der weiss wie beständig selbst Prägung im Vergleich zum freien Willen noch ist oder sein kann. Aber es gibt inzwischen Tricks, diese Änderungen schneller und effektiver zu bewirken. Eine einfache Diskussion oder gar eine Regel oder ein Gesetz, ein Befehl, ein über den Verstand Überzeugen, reichen in den meisten Fällen nicht.
Ein Beispiel für die strickte Anwendung von Veränderung der Prägung war die Kulturrevolution vom grossen Revolutionär, Herrn Mao Zedong. Er hat innerhalb einer Generation die Prägung der chinesischen Gesellschaft in einem Ausmass verändert, das seines Gleichen sucht. Er hat innerhalb einer Generation die alte chinesische Kultur zerschlagen und hat seinem Volk viel westliches Gedankengut eingeimpft. Nun wird das Land, in dem Herr Konfuzius lebte, den Westen mit dessen eigener Philosophie schlagen, nur sehr viel ehrgeiziger und durchschlagender, mit der Anwendung von Strategemen, mit viel mehr Menschenkraft und Material. Das hat der damalige amerikanische Präsident, Herr Donald Trump, sehr zutreffend erkannt. Auch die ganz junge Geschichte des grossen Landes im Osten kennt wieder diese Versuche im grossen Stil. Grosse Minderheiten werden unter enormem Druck, in grossen Mengen und für lange Zeit umerzogen. Auch in Russlands Geschichte finden wir viele grosse Beispiele dafür, kleine in sehr vielen anderen Ländern dieser Welt auch. Sie ist eine beliebt gewordene Handlungsweise unter Herrschern, Geheimdiensten und anderen Interessendurchsetzern.
Wir Menschen sind Gewohnheitstiere, geprägt in unseren Nervenautobahnen mit festen Leitplanken an den Seiten und ausführenden Muskeln in Gesicht, Armen und Beinen. Oft sind sogar schnelle Urteile, meist Vorurteile, zur Gewohnheit geworden. Gewohnheiten bahnen Nervenautobahnen und diese bahnen Gewohnheiten. Selten befahrene Seitenstrassen oder selten benutzte Nervenbahnen bieten mehr Widerstand. Flexibilität und Fantasie sind daher eher Randerscheinungen. Je nach den lieb gewordenen Gewohnheiten ist das Eine lieb (z.B. Freiheit) oder das Andere (z.B. Sicherheit), dem einen der Öffentliche Verkehr, dem anderen das Auto. Je mehr etwas zur Gewohnheit wird, desto mehr empfinden wir sein Vorhandensein als Muss, als Freiheit. Wir können uns auch ändern, aber das braucht viel Energie und lange Zeiträume mit viel Wiederholung. (Deshalb chinesische Umerziehungslager? Deshalb so viel Mittelmass und so viel Dummheit in uns und kaum Chance auf Änderung?) Prägung ist für uns ein weitgehend passiver Vorgang. Wir können ihn nur wenig beeinflussen, allenfalls in der Opposition und selbst da sind wir einfach nur ins Gegenteil gedrängt der auf uns einwirkenden Prägung. Frei sind wir auch da kaum, völlig egal, was wir in unserem Denken für unserer Freiheit halten.
Freier Wille (10/2024)
Erst nach der Prägung kommt unser "Freier Wille". Erst danach kommt unsere freie, selbstständige Bewusstwerdung, Gestaltung, Veränderung und Zielsetzung. All das, was wir sind, ist immer noch nur zu einem kleinen Teil durch unsere Eltern bestimmt und dann durch unseren freien Willen selbst modifiziert worden. Die Psychologie und Pädagogik werden bei weitem überbewertet in diesem Kontext und in unserer Gesellschaft. Der weitaus grösste Teil unseres Seins, unserer Art zu sein und zu leben und zu handeln, ist gar nicht von uns bestimmt, sondern wurde zum grössten Teil durch unsere Biologie und zum kleineren Teil dann durch unsere Prägung vorgegeben. Viele nicht selbst getroffene Vorurteile geben die Bahnen unseres Lebens vor und wir können das nicht ändern.
Selbst unser freier Wille ist nicht nur von uns selbst geformt, sondern im Gegenüber zu einem oder unserem Gegenteil entwickelt. Das fängt schon mit zwei Jahren an im Trotzalter der Kinder gegen die Eltern. Freier Wille wird entwickelt im Widerspruch gegen die Eltern. In manchen Generationen hielt dieser Widerspruch zeitlebens an. Freier Wille, Standpunkte, Positionen und Parteien werden oft am besten gebildet im Widerspruch zu einem Gegner. Und wenn es natürlicherweise keinen Gegner gibt, dann schaffen wir uns einen oder welche. Dann fängt der Kampf von vorne an. Und selbst damit ist die Entwicklung unseres freien Willens nicht völlig frei und nur durch uns selbst bestimmt. Auch unser freier Wille und unser Urteil sind mitbestimmt durch die Art unseres Gegners und andere äussere Umstände. Wir wollen uns aber verbieten, Menschen mit anderen Gefühlen, anderen Gedanken, anderen Einstellungen und Meinungen als unsere Gegner zu betrachten. Sie sind genauso gut und böse und mindestens so liebenswert wie wir selbst. Wenn wir später über unser Ich nachdenken, dann kommen da noch ganz andere interessante Möglichkeiten zum Vorschein. Dazu später.
Eines unserer menschlichen Hauptprobleme ist: Ab der Trotzphase, ab dem 3. Lebensjahr, haben wir intuitiv Recht. Jeder von uns hat in seinen eigenen Augen Recht. Aber mit dem Vorurteil „Ich habe Recht!“ seit unserer Trotzphase sind wir in keiner Beurteilung mehr unabhängig. Mit der Entwicklung meines Ichs geht einher, dass ich die Realität zu verstehen suche, aber schon sehr früh und oberflächlich meine Ansicht von der Realität einfach für „richtig“ halte. Dieses Vorurteil legt eine Spur, aus der wir ganz schwer herauskommen. Die Fähigkeit, meine Ansichten zu hinterfragen und „falsch“ von „richtig“ zu trennen und richtige Ansichten zu entwickeln, hat eine Chance auf Verwirklichung erst im Laufe des Lebens, grösstenteils als Erwachsener, wenn überhaupt. Zuerst habe ich Recht. Sonst bin ich nicht „Ich“. Viel später entsteht erst die Fähigkeit zur Selbstkritik als Voraussetzung für die Urteilsfähigkeit, was recht sein könnte. Die Entwicklung kann fast nur schief gehen. Wagen Sie doch mal den Selbstversuch, drei Monate lang auf das Recht haben zu verzichten. Ein interessanter Selbstversuch. Leben Sie mal „Ich habe nicht Recht!“ Wagen Sie mal, Ihre Einstellung nicht als richtig anzusehen. Lassen Sie das mal einfach offen. Sie wissen nicht, ob Ihre Ansichten richtig oder falsch sind. Können Sie damit leben? Es wird spannend, was Sie erleben. Wir werden erst nach langem innerlichen Kampf mit uns selbst einsehen, dass wir nicht Recht haben. Aber nur in der einen Sache. In allen anderen habe ich doch Recht. Wir sind Menschen. So verlaufen die Nervenautobahnen in unserem Hirn. Die können wir kaum ändern und wenn wir es doch versuchen, bin ich nicht sicher, ob wir noch Mensch sind. Leider erfahren wir gar nicht, ob wir Recht haben oder nicht.
Bei meinem Selbstversuch bin ich meiner Ansicht nach (ob die richtig ist, weiss ich ja auch nicht) zu mehr als 90 % gescheitert. Es ist wahnsinnig schwer, seine eigenen Ansichten nicht als „richtig“ anzusehen und damit zu leben. Plötzlich fehlt mir der Rote Faden, die Leitlinie zum Handeln, denn meine Leitlinie ist: Ich habe Recht! Und doch glaube ich, dass mein eigenes Hinterfragen, mich in den letzten dreissig Jahren verändert hat, aber: Nicht 3 Monate, sondern 30 Jahre, vielleicht sogar noch länger. Vieles Andere habe ich dann gleich noch mit hinterfragt. Sie dürfen es lesen.
Wir Menschen haben eine tiefe Abwehr gegen Selbstkritik, selbst Unrecht haben oder falsch liegen. Falsch sind immer die Anderen, sowohl in der Wissenschaft, als auch in der Politik und Religion, wie sich zeigt, Möchte-gern-Männer noch mehr als Männer.
„Ich habe Recht. Was ich denke, ist richtig.“ Wahrscheinlich gehört es zum Menschsein (vielleicht auch zum Tiersein?), dass es so ist. Und was ist, wenn wir, ohne es zu wissen, falsch liegen? Dann haben wir unserer Ansicht nach auch Recht. Dann ist auch unsere Einstellung die richtige. Wir wissen es nur eben nicht, aber glauben es zu wissen. Nicht Recht haben oder sogar Falschliegen ist eine Katastrophe für uns. Das macht Erwachsenwerden unter anderem aus. Ich habe jetzt Recht und meine Ansichten sind jetzt richtig. Wenn wir aber so ticken, dann haben wir Menschen, vor allem wir Erwachsenen gar keine Chance mehr, unsere Ansichten von der Welt, vom Menschen und vielleicht auch von irgendeinem Gott zu revidieren. Wir liegen ja bereits richtig, selbst wenn wir falsch liegen.
Wir Menschen lesen und hören und sehen nicht gerne Dinge, die uns nicht passen. Deshalb lesen wir lieber wissenschaftliche und andere Erfolgsgeschichten als (meine) Warnungen.
Nur Nachdenken führt zu Überzeugung und Änderung von Überzeugung. Nachdenken setzt voraus, dass wir unser Ziel einmal aus den Augen lassen, dass wir Ablenkung in andere Richtungen zulassen, dass wir den Blick von uns selbst einmal woandershin richten, nur nicht überall hin zugleich. Zumindest bei Männern ist das Ziel des Denkens ja selten ein Mensch, fast nur Ideen oder Dinge. Bei Frauen ist das Ziel allenfalls der Mann wegen der Kinder, glücklicherweise aber wenigstens die Kinder. In vielen Fällen führt das Loslassen unseres Zieles dazu, dass es uns möglich wird, auch einmal die uns abgewandte Seite der Medaille zu erahnen, vielleicht etwas wahrzunehmen, im Idealfall eingehender zu betrachten. Meist bedeutet das, dass wir auch einmal die Gegenseite zu uns und unserer Ansicht betrachten, vielleicht so gar verstehen und einnehmen? So kommen wir oft der Realität (nicht der Wahrheit! Zu der haben wir (oder zumindest ich) keinen Zugang!) näher. Je realistischer wir eine Sache oder einen Menschen wahrnehmen, desto näher sind wir der Wahrheit. Diskussionen sind oft Kriege ohne physische Gewalt, Verteidigung und Angriff. (Deshalb folgt auf die Diskussion ja nicht so selten doch noch Gewalt). Deshalb gibt es nach Diskussionen ja auch oft nur Sieger und Verlierer oder eben Verstockte und nur selten Menschen, die ihre Überzeugung wirklich geändert haben.
Wir sind geteilte Persönlichkeiten: Körper und Prägung und freier Wille. Viele sprechen auch von einer Seele. Auch hier ist mehr denkbar. Unterschwellig, unbewusst treibt uns unser Körper. Er ist am stärksten. Unser freier Wille versucht oft, dem in Träumen, in Theorien, in Äusseres zu entfliehen. In der Theorie, in unserem Denken, sind wir auch zu Vielem in der Lage. In der Praxis, im Leben, hapert es dann. Daran sehen wir dann, wie unrealistisch unsere Theorien und unser Denken sind.
Mensch sein ist eine Unmöglichkeit. Unser Körper entwickelt sich in Jahrzehntausenden bis Jahrhunderttausenden. Unsere Prägung entwickelt sich in Jahrzehnten bis Jahrhunderten. Wir selbst entwickeln uns innerhalb von 90 Jahren, eigentlich eher weniger. Wir sind stofflich eingebaut in die Zyklen von Werden und Vergehen und damit langsamer stofflicher Veränderung, Frauen anders als Männer. Unser Denken, Wünschen, Träumen, Theoretisieren dagegen ist viel schneller als stoffliches Menschsein. Da wir unsere Umwelt unserem Denken anpassen wollen (anders gesagt: Die Welt besser machen wollen), ändern wir unsere Umwelt und merken gar nicht, dass wir vieles andere und uns selbst dabei mit verändern, obwohl wir uns kaum verändern können. Eine Zunahme des Chaos ist doch unausweichlich, oder? Ändern muss sich immer die Welt um uns, die Umwelt, die Arbeitswelt, die Politik, die anderen Menschen. Ist das überhaupt sinnvoll?
Den Menschen verstehen und verändern (10/2024)
Es gibt Dinge, die wir nicht beeinflussen können: Unsere Geburt (deren Ort und die Zeit, die Eltern und deren Prägung, die Kultur und Religion, in die wir geboren werden und vieles mehr). Andere können wir nur sehr eingeschränkt beeinflussen, wie Liebe, Sympathie, Antipathie und vieles mehr. Auch Nachdenken und Fantasie können wir nur sehr eingeschränkt beeinflussen. Dazu später.
Das bedeutet aber auch, dass wir alle aus diesen drei geschichtlichen Epochen (Genetik, Prägung, freier Wille) geformt sind. Am Ende, sozusagen als Spitze des Eisberges, in der Phase des freien Willens können wir verändernd tätig sein. In die Auswirkungen der Phase der Prägung können wir schon nur sehr eingeschränkt eingreifen und in die Auswirkungen der genetischen Phase gar nicht. Wir werden keinen Menschen schaffen, der nicht dieser Entwicklung unterliegt und unterlag. Und wir werden auch keinen „neuen Menschen“ schaffen, wie ihn in früheren Jahrhunderten bis heute oft religiöse Anführer, später Revolutionsführer, Pädagogen, Ideologen und Idealisten, Wissenschaftler, Gutmenschen und wer weiss wer noch, glaubten, schaffen oder entwickeln zu können. All diese Versuche haben genug Leichen und Unfreiheit geschaffen. Wenn wir ein wenig in der Lage sein sollten und wollten, aus der Geschichte zu lernen, dann wäre dieser Punkt (der Versuch, einen „neuen“ Menschen zu schaffen) ein hervorragender und wichtiger, um es zu tun. Wir bleiben real, wie wir sind.
Wenn wir diese Sichtweise als Brille benutzen und dadurch unsere Geschichte, unser Dasein in Person, Familie und Gesellschaft sowie unsere Zukunft betrachten, dann ergeben sich wichtige Erkenntnisse, entscheidende Differenzen zu unserer jetzigen Geisteshaltung und Chancen und Risiken für unsere Zukunft. Und es scheint ja so, dass uns das allgemeine Sein und/oder der lebende Gott und/oder die evolutionäre Natur den Verstand gegeben haben, damit wir ihn nutzen, um alles Sein und unser Dasein und unsere Umwelt so weit wie möglich zu erforschen und uns darauf einzurichten, um als Art und Individuum in unserer Umwelt, auch der von uns durch unser Handeln veränderten (und sei sie deshalb unbewohnbar geworden), bestehen zu können.
Mit dieser Brille können wir nun eine Vielzahl von Vorgängen im menschlichen Leben betrachten: Die Funktionsweise von Mann und Frau an sich, für die gegenseitige Bindung, für Ehe, beim Sex, für Familie und Beruf, für Sport, für Erziehung, für Bildung, für Führung in der Gesellschaft (Wirtschaft und Politik), ... Auch für die Gleichstellung von Mann und Frau zeigt das neue Betrachtungsweisen. Und selbst für das Ende von Beziehungen dürften diese Vorkenntnisse Erklärungen und Hilfen zum Verstehen bieten.
Für das Verständnis der Strukturen und Vorgänge von menschlichem Leben und unserer Gesellschaft in den letzten paar 1000 Jahren und insbesondere das Verhältnis von Frau und Mann ist diese Brille eminent aufschlussreich. Die Daseinsform und die Verhaltensweisen von Frau und Mann sind körperlich zum weit überwiegenden Teil genetisch bedingt und von uns weder selbst, noch von unseren Eltern und Lehrern beeinflussbar. Andererseits müssen wir feststellen, dass der grosse Veränderer, Herr Mao Zedong, die Prägung einer ganzen Generation und eines der grössten Völker der Erde so dramatisch hat verändern können, dass wir wahrnehmen müssen, dass hier das menschliche Sein entweder schon sehr fragil oder anderseits sehr veränderlich ist. Auch die 68er und der Feminismus haben solche Veränderungen bewirkt, glücklicher- und interessanterweise nicht mit so vielen Toten und nicht mit so viel Druck. Auch das wird uns noch beschäftigen.
Wir haben unsere jeweils nachfolgende Generation bereits soweit anders geprägt, dass ein unbedachtes „Zurück“ auch nicht geht. Es wäre wahrscheinlich nicht von Nachteil, wenn wir und die folgenden Generationen eher noch etwas mehr nachdenken würden und versuchen würden, die jeweilige Elterngeneration besser zu verstehen, als die vorhergehenden es jeweils taten. Unser den Eltern abgetrotztes Ich macht es aber genau umgekehrt. „Ich werde es mal besser machen und haben als meine Eltern, besser, grösser, reicher, schöner, bequemer, friedlicher, interessanter ...“ „Ich weiss und kann mehr als meine Eltern!“