Unsere eigenen Weltbilder zu hinterfragen nach der Übereinstimmung mit der uns unbekannten Realität, ist eine der wichtigsten Aktivitäten für uns Menschen im Umgang mit unserer Umwelt und den Lebewesen um uns herum. Damit der Kopf wieder frei wird, muss ich es schreiben. Sie dürfen das auch lesen, aber warum ich es schreibe, ist, weil ich es im Schreiben formulieren muss und weil manches damit klarer wird (meist eher umgekehrt und die Fragen werden mehr als vorher) und weil wieder Platz in meinem Kopf wird. Aber die vielen Fragen machen mich wirr im Kopf. Da sollen zwar sehr viele Nervenzellen sein, aber Platz ist da doch nicht so viel, wie uns die Neurologen lehren. Ich kann immer nur einen Gedanken denken. Im Verhältnis zur Fülle an Umwelt und Menschen um mich herum und unseren Interaktionen miteinander ist das wirklich wenig, oder? Das ist ja eine enorme Begrenzung meiner eigenen Lebensfunktionen. 99,99999...% dessen, was ist, bekomme ich gar nicht mit und kann ich weder wahrnehmen, noch durchdenken. Aber meine Gewissheit, dass ich mit meinen Ansichten Recht habe, dass meine Ansicht „Wissen“ ist, ist eines meiner zutiefst in mir verwurzelten Weltbilder. Wie kann ich eigentlich mit dieser Diskrepanz noch leben? Haben Sie diese Diskrepanz schon wahrgenommen und ihre Konsequenzen für sich und uns entdeckt?
Interessant war für mich auch, dass ich im Februar dieses Jahres schon einmal über Weltbilder geschrieben habe und dass mich jetzt ganz andere Seiten dazu beschäftigen. Offenbar hat unsere Umgebung viel mehr Seiten? Die meisten sind mir nur gar nicht im Sinn?
Da haben wir mal gelernt von einem Geozentrischen Weltbild (die Erde (und wir Menschen?) im Mittelpunkt), das im Mittelalter allgemein geglaubt wurde. Dann gab es ein Umdenken, ein Umglauben an Hand von Wahrnehmungen (im wissenschaftlichen Sprachgebrauch: Messergebnissen), die dem Geozentrischen Weltbild widersprechen und ein Heliozentrisches Weltbild (die Sonne im Mittelpunkt) wahrscheinlich machen. Seitdem glauben wir Neuzeitmenschen, dass das die Realität besser wiedergibt.
Viel näher ist uns Menschen sicher das Egozentrische Weltbild? Bei diesem Weltbild stehen wir selbst im Mittelpunkt. Alles dreht sich um uns selbst. Das ist schön. Ich bin wichtig. Ich bin die Hauptperson. Ich bestimme und Alles und Alle richten sich nach mir. Ich bin frei. Und da ich es offensichtlich nie genug bin, kämpfe ich um meine Freiheit, selbst auf die Gefahr hin, dass ich dabei mein Leben verliere. Dann habe ich endlich meine Freiheit gewonnen. Wer kann sagen, ob das stimmt? Die Zukunft kenne ich nicht und was nach meinem Tod kommt, doch noch viel weniger. Woher weiss ich, dass ich dann frei bin? Mit der Zeit kann das auch ganz schön anstrengend werden. Eigentlich ist ja Egozentrik auch nicht nur gut, jedenfalls die Egozentrik der Anderen nicht. Folglich meiden wir sie vielleicht doch besser? Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie selbst doch auch gar nicht egozentrisch sind? Aber dann stehen wir plötzlich nicht mehr im Mittelpunkt. Wer steht dann im Mittelpunkt? Das ist doch wohl keine so gute Idee?
Es gibt einen wunderbaren Ausweg. Nach innen reden wir uns ein, nicht im Mittelpunkt zu stehen, aber wir benehmen uns wie Jemand, der im Mittelpunkt steht. Nach aussen reden wir natürlich so, als stünden wir nicht im Mittelpunkt, aber natürlich erwarten wir, dass Andere uns im Mittelpunkt stehen lassen oder sogar hofieren. Findige Mitmenschen werden den Widerspruch oder sogar Betrug zwar merken und folgerichtig auch öffentlich anprangern, aber das ist nicht so wichtig. Hauptsache, ich selbst merke meinen Widerspruch in mir nicht. Und weil ich den auch gar nicht merke, haben die Anderen mit ihrer Ansicht ja auch gar nicht Recht. Das braucht ein bisschen Übung, aber viele Menschen üben das schon seit dem zweiten Lebensjahr. Heute gehört das zu unserer menschlichen Standardausrüstung. Das Egozentrische Weltbild ist heute sehr weit verbreitet. Mindestens 99 % der Menschen um Sie und mich herum frönen diesem Weltbild, ausser … natürlich, ausser Ihnen und mir. Wir sind Beide die Einzigen, die diesem Weltbild nicht frönen, aber welchem frönen wir? Bei mir bin ich mir da allerdings gar nicht mehr so sicher.
Als moralisch sehr gut geeignet hat sich das Anthropozentrische Weltbild entwickelt. Bei diesem Weltbild steht der Mensch oder die Menschheit oder wir alle zusammen im Mittelpunkt. Das hat den entscheidenden Vorteil, dass wir nicht alleine im Mittelpunkt stehen. Wir können auch den Anderen oder die Anderen in den Vordergrund schieben, je nach Belieben. Da wir alle gleich sind, sind wir ja auch gleich mit an vorderster Stelle. Gegenüber den anderen Lebewesen auf dieser Erde ist das Weltbild ganz handlich. Auch gegenüber allen Dingen, unserer Umwelt in jeder Hinsicht, sind wir eindeutig im Vorteil. Alles hat unserer gemeinsamen Bequemlichkeit, unseren gemeinsamen guten Gefühlen, unseren gemeinsamen Interessen zu dienen. Nachteilig ist dieses Weltbild nur untereinander. Wenn die oder der Andere anders will als ich, müssen wir uns irgendwie einigen. Eigentlich will ich ja auch ein bisschen gleicher sein, ein wenig mehr haben, ein bisschen mehr Bedeutung haben, ein bisschen mehr angeben dürfen und können, ein bisschen mehr Reserven und Geld haben, ein bisschen mehr Recht haben als die Anderen. Ab dem zweiten Lebensjahr fällt das schwer. Da ist das Egozentrische Weltbild klar von Vorteil, für Männer und Möchte-gern-Männer mehr als für Frauen.
Relativ neu und noch wenig beschrieben ist das Gynozentrische Weltbild. Hier stehen die Frauen im Mittelpunkt. In den letzten hundert Jahren hat der Glauben in diesem Weltbild mehr als die Hälfte der Menschheit erfasst. Das ändert natürlich Vieles in unserem Leben als Frauen und als Männer. Hier gibt es ganz neu sehr viel nachzudenken. Frauen betrachten meiner Ansicht nach die Welt z.B. gerne durch die Brille ihrer Träume und die sind natürlich traumhaft schön. Dann ist unsere bisher männlich geprägte Welt natürlich die Hölle. Da kann ich als Mann auch gar nicht widersprechen. Lassen wir mal die Frauen machen. Dann wird unsere Welt bald traumhaft schön.
Denkbar wäre ja auch ein Theozentrisches Weltbild, also eines, das irgendeinen Gott oder den Gott in die Mitte stellt und alles Andere um ihn herum ist dann von ihm abgeleitet, also auch wir. Es kommt natürlich auch wieder darauf an, ob man sich diesen Gott als Person oder Persönlichkeit vorstellt oder als unpersönliches allgemeines Sein, als Energie oder Licht etc. Dann sind wir Menschen plötzlich nicht mehr im Mittelpunkt und wir jeder selbst noch viel weniger? Können Sie sich solch ein Weltbild überhaupt vorstellen? Sie und ich hätten mit unseren Ansichten plötzlich nicht mehr Recht, sondern nur er? Ihre und meine Wünsche und Träume würden nicht mehr zählen, sondern nur noch seine? Sie werden da sicher schon weit in Übung sein und für Sie wird das sicher kein Problem sein. Ich? Schweigen wir lieber. Das war und ist nicht meine Lieblingsübung.
Es wäre ja auch möglich, sich die Evolution als Zentrum vorzustellen. Vielleicht sind wir Menschen gar nicht das Zentrum, die Hauptperson, das Ziel der Evolution oder wir sind schlichtweg eine Fehlentwicklung der Evolution? Unsere Grossväter (und Grossmütter?) sahen ja die Entwicklung der Evolution zielgerichtet auf die Entwicklung des Menschen an. Wir Menschen sind die Spitze (nicht einmal nur wir Menschen an sich, sondern dann natürlich auch noch unter den Menschen verschiedene Klassen (oder Rassen oder Bevölkerungsschichten) und wir natürlich zu alleroberst, Spitze eben. Also doch wieder zumindest ein Anthropozentrisches Weltbild, wenn nicht eben sogar das auf die Spitze getriebene egozentrische Weltbild. Wenn wir die unpersönliche Evolution als Mitte nähmen und uns als nachgeordnet ansähen, dann stellt sich ja die Frage, ob es irgendwelche Regeln gibt, nach denen die Evolution ausschliesslich oder im Sinne von Diversität nur oft oder sogar selten entwickelt hat? Wenn wir zum Beispiel die Balance des evolutionären Gleichgewichtes in der Natur als ein solches Prinzip nähmen, dann hätten wir uns zu einem extremen Ausreisser in der evolutionären (und auch mathematischen) Statistik entwickelt. Ob wir dann noch in einem nachhaltigen Bereich der Statistik leben oder nicht schon zum untergangsgeweihten statistischen Ausreisser geworden sind …? Wer will das entscheiden? Beides ist denkbar und womöglich noch viel mehr, was ich jetzt nur nicht denke (weil ich schlicht nicht auf die Idee komme) oder vielleicht auch, weil ich es gar nicht denken kann? Das wäre ja eine spannende Frage: Wie kommen eigentlich meine Ideen in mein Hirn?
Ändert sich mein Weltbild, wenn ich von mir grundsätzlich denke „Ich schaffe das!“, auch wenn ich gar keine Chance habe, das zu schaffen (auf Grund meines durch die Evolution entwickelten Seins)? Ein Erfolgszentriertes Weltbild. Was hat das für Folgen für mein Leben, für mein Handeln, für mein Verständnis von Realität? Natürlich ist es auch sinnvoll, das Gegenteil zu bedenken. Nach welchen Kriterien könnten Andere oder ich festlegen, dass ich das Ziel erreicht habe oder auch nicht erreicht habe? Nach welchen Grundsätzen bestimme ich überhaupt mein Ziel?
Die Evolution, wie wir sie heute unseren Wissenschaftlern glauben, hat ja für menschliche Körper schon eine lange Entwicklung hinter sich. In der Natur leben wir Lebewesen solange, wie wir dem Druck von aussen Stand halten können. Schnell fliehen können, schnell Kraft anwenden können, uns schnell verstecken oder tarnen können, mit wenig Nahrung auskommen etc. Wenn wir den Zenit unseres Lebens überschritten haben, bewusst oder unbewusst, dann ist unser Ende nahe. Wenn Andere schneller werden und sind als ich, sind die Tage meines Lebens gezählt. In der Natur gibt es nur wenige Alte und Kranke, die weiter überleben. Die meisten Kranken und Alten erliegen bald im Kampf ums Überleben und dienen dann als Nahrung für Andere. Die Natur, die Evolution mögen keine Krankheit und sie mögen kein Alter und sie sind am Ende des Lebens auch nicht verschwenderisch. Kaum sind wir gestorben, dienen wir vielen anderen Lebewesen als Nahrung, so dass unsere biologische Masse bald in anderen Lebewesen verwurstet ist. Die Evolution hat eine einfache Lösung für das Problem Krankheit und Alter: Tod und selbst zur Nahrung für andere werden. Die Evolution, die Natur beginnt dann lieber mit neuen, jungen und gesunden Lebewesen.
Wir heute möchten uns zwar in der Natur wohl fühlen und möchten in der Natur sein, aber bitte, doch nicht so, wie die Natur oder die Evolution das will. Nein, wir möchten in der reinen Natur leben, uns ihrer erfreuen, sie geniessen, sie nutzen, ja ausnutzen, aber immer bitte schön, ohne uns selbst zur Gefahr zu werden. Sobald die Natur uns ans Leben gehen will durch Katastrophen, Klimawandel, wilde Tiere, Wetterunbilden und vieles Andere mehr, so werden wir zum erbitterten Gegner der Natur und ihrer Lebewesen, bis sie sich uns wieder zu Füssen legt und wir bestimmen, wer hier das Sagen hat. Natürlich, wir leben nachhaltig und richten uns beim Bestimmen, wie die Anderen leben sollen, ganz nach der Natur und giessen das auch in Gesetze, damit die Anderen das einhalten müssen. Wenn die Natur aber gegen uns handelt, dann bestimmen doch lieber wir, wie die Natur funktionieren soll, damit sie uns nicht weh tut. Wir können nur einen Gedanken zur gleichen Zeit denken, aber bekommen es locker hin, die Natur auszuschalten, wo es nur geht und doch von uns selbst zu behaupten, dass wir nachhaltig mit der Natur lebten.
An dieser Stelle wäre ja die Frage interessant, wie wir ein vegetarisches oder ein veganes Weltbild begründen wollen. Wenn in der Natur Fressen und gefressen Werden eine sehr weit verbreitete Regel ist, dann wären sowohl Vegetarier als auch Veganer völlig unbegründet ihrer Ansicht. Natürlich kann man so leben, wenn man im Überfluss lebt und bei der Ernährung wählerisch sein kann. Aber einen eigentlichen Sinn im Sinne von Zusammenhang im Grossen und Ganzen? Es kommt ja noch dazu, dass jede einzelne Art von Lebewesen, die aus irgendeinem Grunde sehr dominant wird auf der Erde, sofort zur Gefahr wird für viele oder sogar alle anderen. Für das Gleichgewicht der Lebewesen auf dieser Erde und für einen langen Fortbestand der Lebewesen als Gesamtheit ist es sogar existenziell, dass wir Menschen nicht allzu lange leben. Wenn wir jetzt eine Menge alte Menschen durchzufüttern und durchzupflegen haben, dann sind wir als Menschen selbst Schuld. Wir wollen das so.
Wissenschaftler und Neuzeitmenschen anderer Art sehen unser Leben heute als Realität, als Kriterium für die Definition an. Unser Heute bestimmt das Weltbild wesentlich. Danach bestimmen wir, was „normal“ ist, was „gesund“, was „krank“ ist. Unser Körper hat sich aber zu 99 % in Zeiten und in Umständen entwickelt, die sich von unseren heutigen Umständen völlig unterschieden. Die Evolution würde „normal“, „gesund“ und „krank“ vielleicht nach Bedingungen von damals definieren? Damals lebten wir im Mangel und unser Körper wurde für den Mangel entwickelt. Dass wir heute so fett werden, ist eigentlich keine Krankheit, sondern einfach unangemessene Lebensweise? Wer mehr zu Essen hat als zu Mangelzeiten, der muss sich halt selbst beherrschen und gezielt weniger essen, als der Magen durch Hungergefühl als Wunsch signalisiert. Wer sich beherrscht und isst wie zu Mangelzeiten, der braucht keine Diäten, keine Abnehmspritzen, keine Magenbypass-OP etc. Je nach unserem Weltbild definieren wir unsere Worte und Ausdrücke und verursachen die entsprechenden Folgen und Kosten (die dann aber bitte Andere und nicht wir selbst zahlen sollen).
Ich entlasse Sie hier in die Gedankenlosigkeit. Wir könnten uns noch viele Gedanken machen und würden wahrscheinlich feststellen, dass alle unsere Definitionen, dass all unser Verstehen gar nicht „objektiv“ ist, ja es gar nicht sein kann, denn wir betrachten unsere ganze materielle und lebende Umgebung durch unsere Weltbildbrillen von heute. Diese Brillen haben wir nach unseren Wünschen, Träumen und Theorien entwickelt. Realistisch? Wohl eher nicht. Woran wollten wir auch messen oder bestimmen, wann unsere Ansicht vom Leben, von der Welt und den Lebewesen der Realität, den Regeln der Natur entspricht? Wir haben uns ja gerade von ihr entfernt. Und der Planungsentwurf, wie die Evolution die Natur eigentlich wollte, wurde ja auch noch gar nicht gefunden. Unsere Wissenschaftler werden wohl noch lange forschen müssen, aber wenn wir sie fragen, dann erzählen sie uns stolz schon mal ihr ganzes „Wissen“, verpflichten uns zur Qualitätssicherung zur regelmässigen Fortbildung, damit sie uns immer wieder ihre Sicht der Dinge einimpfen können, denn ihr „Wissen“ ist ja Kriterium für Qualität (in der Medizin und in anderen Lebensbereichen wie z.B. dem gesamten Bildungssystem). Wundern wir uns, wenn wir heute solche Probleme im Bildungssystem haben? Das kann doch gar nicht anders sein, oder?