leben oder nicht leben

Leben oder nicht leben, macht das einen Unterschied?

Nicht erst seit dem Beginn der Illusionszeit, die die meisten heute „Neuzeit“ nennen (wahrscheinlich im Kontrast zum „Mittelalter“), erforschen wir unsere Umgebung, unsere Mitmenschen und uns selbst. Drauf los und um die Wette ... Wohin uns das führen könnte, ist doch völlig egal. Wissenschaft bedeutet Fortschritt! Wären daran auch leise Zweifel zulässig? Müssten wir im streng wissenschaftlichen Sinne nicht auch mit allen möglichen anderen Möglichkeiten rechnen, statt uns mit Scheuklappen nach allen Seiten stur nur in eine Richtung zu bewegen, die wir heute als „wissenschaftliche Methode“ auffassen? Können wir mit der „wissenschaftlichen Methode“ „Wissen“ gewinnen? Immerhin wissen wir ja nicht, was wir nicht wissen. Es könnte daher unserer Ansicht etwas entgegen stehen, von dem wir gar nicht wissen und was unser „Wissen“ plötzlich widerlegen würde? Deshalb forschen wir ja, nie wissend, ob und wann wir etwas wissen. Sind wir mit unserer Überzeugung „Wissenschaft bedeutet Fortschritt“ nicht sehr einseitig und damit völlig unwissenschaftlich und geradezu hoch riskant optimistisch?

Wir können auch nicht eine Minute in die Zukunft schauen. Sonst könnten wir die meisten Unfälle, Missgeschicke und Unglücke noch schnell verhindern. Wir könnten die Entwicklung der Wirtschaft und Politik voraussehen und noch so beeinflussen, dass doch das am Ende herauskommt, was wir uns wünschen, das Schlaraffenland. Es kommt anders, weil wir die Entwicklung nicht rechtzeitig kommen sahen, auch Fehler im Umgang miteinander nicht und wir können sie nicht wieder ungeschehen machen. Auch Versicherungen, Ärzte und demokratische Sozialstaaten können das nicht. Keine schöne Realität.

Wir sind selbst Subjekte, Ichs und wehe, uns nimmt Jemand nicht als solche ernst. In der Forschung aber machen wir alles und sogar uns selbst zum Objekt. Was macht das mit uns? Als Subjekt empfinden und verstehen und erleben wir uns als lebend. Objekte sind in unserem Empfinden und Denken in der Regel Dinge, also leblose Objekte. Frauen und Männer waren da zumindest früher mehr oder weniger unterschiedlich. Die Möchte-gern-Männer haben von uns Männern zunehmend das Verständnis von leblosem Objekt übernommen, im Krieg, in der Gesellschaft, in der Politik, in der Medizin und auch in der Wissenschaft und Technik.

Die Forschung präsentiert mir ein Ergebnis von oder über mich selbst als Objekt. Was tue ich jetzt? Stimmt das Ergebnis mit meiner subjektiven Ansicht überein, entsteht keine Differenz, kein Problem. Aber wenn das Ergebnis ganz anders ist, als von mir erwartet? Jetzt stehen Objekt (leblos) gegen Subjekt (lebend) und das in mir, in ein und der gleichen Person. Jetzt geht der innere Kampf in mir los, den ich fast jeden Tag mehrmals in meinen Patienten erlebe. "Soll ich das glauben?" "Will ich das glauben?" Ich als lebendes Subjekt denke und will doch ganz anders und glaube das auch ganz anders, als der Doktor, als der Forscher, als das Ergebnis das jetzt sagt. Da will ich aber mindestens noch eine Zweitmeinung hören. Wirklich glauben mag ich es auch dann nicht. Spätestens nach 48 Stunden hat bei den Meisten das lebende Subjekt gesiegt und das Ergebnis am Objekt, am Körper (erforscht, als Bild dargestellt oder gemessen wie an einer Maschine, also leblos) verdrängt und bald auch vergessen. So leben wir weiter wie vorher, rauchend, saufend, kiffend, (fr)essend, über unsere Verhältnisse lebend, alle Gedanken an Vorsicht in den Wind schlagend … Wozu haben wir eigentlich untersucht und so hohe Kosten verursacht?

Umgekehrt stellt sich bei mir als Forscher oder als Arzt die Frage, was mache ich bei diesen Vorgängen? Interessanterweise war dieses Problem auch schon in den 1970iger Jahren während meines Medizinstudiums ein dringendes Thema. Gelehrt bekamen wir gleich zu Anfang des Studiums: "Nehmen Sie den Patienten als Menschen ernst. Nicht die gemessenen Befunde sind ausschlaggebend, sondern der Patient als lebender Mensch." In den weiteren Studienjahren ging es dann aber doch ganz, ganz überwiegend um Bilder und Messergebnisse, Definitionen und Regeln und Therapierichtlinien, also Ergebnisse und Handlungen am Objekt. Sind wir heute weiter als damals? Nein, das Problem hat sich eher verschärft und in der Medizin sind wir zunehmend statt abnehmend Objekte, also leblos, auch wenn wir manchmal ein Schwätzchen halten, mal streicheln und lieb sind miteinander. Das Misstrauen unserer Patienten gegenüber uns Ärzten und unserer Medizin hat dramatisch zugenommen. Offenbar können wir das gar nicht ändern in den Rollen von Subjekt und Objekt? Mediziner, mach, dass ich so weiterleben kann, wie ich will und zwar ab sofort. Am besten Telemedizin. Ich muss also gar nicht mehr zu dir kommen. Das ist der Massstab. Aber bitte, kosten darf es nichts, weh tun darf es nicht, Nebenwirkungen haben darf es nicht, es darf mein Subjektsein, meinen Willen, zu sein, wie ich will, nicht beeinträchtigen. Ist da nicht jeder Arzt chancenlos? Inzwischen sind es ja überwiegend Ärztinnen. Zum Glück sind immer nur die Anderen so fordernd, wir selbst ja nicht.

Beide zusammen haben wir dann auch noch das Problem: Wie können wir überprüfen, ob das Ergebnis der Messung an mir als Objekt auch tatsächlich damit übereinstimmt, wie es wirklich ist? Uns liegt weder ein Bauplan der evolutionär sich entwickelnden Natur, noch eines leblosen allgemeinen Seins noch eines lebenden Gottes vor. Lebewesen und erst recht lebende Menschen sind Geheimnis, nicht Rätsel.

Eine Menge unlösbarer Probleme am lebenden Subjekt bzw. lebenden Objekt. Das alles haben wir nicht am leblosen Objekt, denn ein Subjekt ist es gar nicht. Nur die letzte Frage, der Frage nach der Richtigkeit, die ist auch am leblosen Objekt nicht letztlich klärbar. Da aber lebende Subjekte und Objekte in Gestalt von derzeit 9 Milliarden einzigartigen Exemplaren sehr viel diversifizierter sind als leblose Objekte, Maschinen, Gesteine, Gewässer, Gase etc. denke ich, dass Wissenschaft am leblosen Objekt realitätsnähere Ergebnisse schaffen kann, als Wissenschaft am Lebenden (schon beim Tier und erst recht bei uns Menschen).

Können wir am lebenden Subjekt bzw. lebenden Objekt, ohne Nachzudenken, die gleichen Untersuchungsverfahren anwenden, wie an leblosen Objekten? Müssten wir vielleicht doch zwischen lebend und leblos unterscheiden? Was unterscheidet lebend von leblos? Können wir Mensch und Maschine einfach so gleichsetzen? Wir tun es und wir tun es zunehmend und sind uns gar nicht klar, dass hier ein uns bisher gar nicht bewusstes Problem liegen könnte. Wir wissen eben nicht, was wir nicht wissen. In der Medizin verstehen wir uns Menschen zunehmend als Maschinen, bauen Teile aus und Technik wieder ein, ersetzen sogar Organe, tauschen die von anderen Menschen (sogar Tieren) und demnächst werden Menschen mit technischen Organsystemen herumlaufen, Hybride. Umgekehrt verstehen die IT-Entwickler inzwischen zunehmend ihre Maschinen als lebend, als Roboter und damit Menschenersatz, glauben gar an künstliche Intelligenz. Ohne Gerät, dass uns mit einer Cloud verbindet und laufend Verbindung herstellt, sind fortschrittliche Menschen heute gar nicht mehr denkbar. Also nur noch Hybride? Die einfachen Menschen, die sich noch im analogen Leben analog bewegen, werden immer seltener. Nur noch Hybride, Fremdgesteuerte, wohin auch immer. Das merkt auch gar kein Hybrid, denn „normal“, das sind ja wir, egal, wie bekloppt wir sind. Recht haben wir seit dem 3. Lebensjahr (ganz egal, welcher Ansicht wir sind) und ein Sensor für unsere eigene Dummheit fehlt uns Menschen. Wir sehen es allenthalben, bei den Anderen; natürlich nicht bei uns.

Was macht es mit uns Menschen, wenn wir nicht einmal Respekt vor dem Unterschied von lebend und leblos haben? Wir vermengen das einfach und unterscheiden nicht mehr? Sind Sie sich absolut sicher, dass das nur ein gutes Ende nehmen kann, ja nehmen muss?

Wissenschaft hat Grenzen, auch wenn kaum eine Wissenschaftlerin oder ein Wissenschaftler dies für möglich hält. Z.B. sind „immer“ und „nie“ und vergleichbare (z.B. jeder oder keiner) wissenschaftlich in unendlichen Räumen, Zeiten und Grössen nicht überprüfbar. Ob es „Naturgesetze“ überhaupt gibt, ist wissenschaftlich daher nicht überprüfbar. Wir glauben es (oder auch nicht, aber derzeit kenne ich niemanden, der das nicht glaubt). Das gilt in beiden Bereichen, im Bereich von „leblos“ und im Bereich von „lebend“.

Der Einzelfall im leblosen Bereich findet seine Grenze z.B. in der Heisenbergschen Unschärfetheorie, die ja meines Wissens auch ganz praktische Bezüge hat, an Hand deren man die Realitätsnähe der Theorie überprüfen kann und ob sie immer gilt, können wir ja sowieso nicht überprüfen, sondern allenfalls glauben.

Wie ist das mit dieser Theorie im Lebenden? Wir sind Jede und Jeder ein Einzelfall, ein Subjekt und trotzdem Mitglied verschiedener Mengen, der Familie, der Schulklasse oder Arbeitsgruppe, eines Volkes oder Staates, einer Kultur etc. Im Einzelfall kann ich schwer messen, was passiert, weil ich nur in seltenen Fällen, die Möglichkeit habe, zugleich und unter gleichen Bedingungen zu überprüfen, was passiert, wenn ich etwas tue oder was passiert, wenn ich es eben nicht tue. Meist geht es nur nacheinander und dann könnte Versuch 1 die Bedingungen für Versuch 2 geändert haben und andere Einflüsse wirkten. Wir alle haben ein Immunsystem. Bei den 98 % der Bevölkerung, wo es intakt ist, dürfen wir davon ausgehen, dass es einen Virusinfekt (bis auf einige schlimme Ausnahmen wie HIV, Ebola und andere) in absehbarer Zeit abgewehrt hat. Wir müssen natürlich selbst noch etwas dazu tun. Also nehmen wir verschiedene Bonbons (manche nennen sie Medikamente), Säftchen und trinken viel. Dass unser Immunsystem das auch ohne unsere Zusätze in den allermeisten Fällen schaffen würde, testen wir gar nicht. Es ist klare Gewohnheit und eindeutiges „Wissen“, dass man etwas zusätzlich unternehmen muss. Eigentlich hat auch Jeder, zumindest jede Frau da ihre Mittelchen. Was wäre, wenn wir einfach Geduld hätten, habe ich hunderte Male mit Patienten (meist mit langen Gesichtern: Der gibt mir gar nichts?) ausprobiert. Abhängig von Vorerkrankungen funktioniert das sehr gut. Bei den paar Anderen muss ich genau aufpassen und handeln. Die muss ich herausfischen: Einzelfälle. Aber da nicht jeder Infekt gleich ist, kann ich nicht einfach mitteln und nach einem Mittelwert gehen. Da nicht jeder Patient gleich ist, kann ich nicht einfach eine Regel für alle aufstellen. Ich muss bei jedem Einzelnen untersuchen und individuell entscheiden. Der Mittelwert (die Statistik) ersetzt nicht die Einzelfallprüfung. Mich ersetzt die Maschine nicht, auch die nicht, die manche für "künstlich intelligent" halten. Was glauben Sie, wie wir Kosten im Gesundheitssystem sparen könnten, wenn wir diese einfache Regel beherzigen würden? In den 1980iger Jahren wurde es in Deutschland probiert, indem diese Therapien aus der Versicherungspflicht genommen wurden. Seitdem sind diese Kosten nahe 0. Kennen Sie die Realität, wie es tatsächlich ist?

Was im lebenden Einzelfall normal ist, wissen wir nicht nur in der Wissenschaft nicht. Wir können es vermutlich gar nicht wissen.

Ich bin also Einer und kann nur eine von beiden Möglichkeiten unter gleichen Umständen probieren. Deshalb kann ich nicht Versuchstier und Patient zugleich sein. Trotzdem ist im Einzelfall jede Therapie Versuch, denn an diesem Einzelfall ist sie vorher noch nicht überprüft worden und wenn sie bei 100 anderen Patienten wirkte, besteht trotzdem die Möglichkeit, dass sie in meinem Einzelfall nicht wirkt. Als Wissenschaftlerin und Wissenschaftler muss ich mit jeder Möglichkeit rechnen, auch mit der, die ich nicht kenne. Es wäre ja möglich, dass es sie gibt und dass sie meiner Verfahrensweise (den Guidelines, denen ich gehorche) entgegensteht. Ganz schön frech, diese Möglichkeit, oder?

Der Infekt heilte. Mir geht es wieder gut. Je nach Versuch hat die Therapie oder das Immunsystem oder auch beide zusammen gewirkt. Wir wissen es nicht. Jede und Jeder weiss natürlich, dass seine Ansicht stimmt. Ich gehe wieder arbeiten oder fliege in die Ferien. Einen Tag später fühle ich mich unwohl, bekomme leichtes Fieber und Husten. Nanu? Hat mein Gefühl, wieder gesund zu sein, gar nicht gestimmt? Oder habe ich es falsch gedeutet? War ich nur zu optimistisch? Ist es zufällig ein neuer Infekt oder ist der alte wieder aufgebrochen, weil gar nicht alle Erreger tot waren? Eine Deutung haben wir immer, sowohl der Patient als auch ich als Arzt. Da in 99 % der Fälle das keiner überprüfen kann, ob eine oder welche Deutung stimmt, fühlen wir uns bestätigt, denn wir haben ja sowieso seit dem 3. Lebensjahr Recht. Meist fühlen sich sogar Beide bestätigt und haben Recht, selbst wenn sich die Deutungen unterscheiden, nicht selten sogar, wenn sie sich widersprechen. Hauptsache, wir haben vor uns selber Recht, verlieren vor uns selbst nicht das Gesicht!

Verschiedene Exemplare einer Art, z.B. uns Menschen, haben verschiedene Gene, verschiedene Eigenschaften und sind nur bei Einzellern geklont (also gleich), beim Menschen bei eineiigen Zwillingen gleich. Diese Einzigartigkeit aller Exemplare bedingt verschiedene Messergebnisse, aus denen wir dann einen Durchschnitt berechnen. Entweder wir erklären den schon für normal oder wir legen noch eine Bandbreite oben und unten dazu in Form einer Standardabweichung oder ähnlicher Rechengrössen. Das erklären wir dann zum Normalwert. Nun müssen wir uns am Durchschnitt messen lassen. Aber sind Sie Durchschnitt? Interessanterweise manchmal ja, wenn wir am liebsten in der Menge untertauchen, um wegen irgendeiner Peinlichkeit oder schlimmerem nicht erkannt zu werden und bei anderen Dingen, z.B. beim Geld, sollen wir doch bitte alle gleich sein, aber unauffällig unter dem Tresen hätte ich doch gerne zumindest ein bisschen mehr als die Anderen. Für die Frage „Was ist im Einzelfall normal?“ hilft uns der Mittelwert oder der von uns willkürlich festgelegte Normbereich nur eingeschränkt etwas. Das ist gar kein „Wissen“, gar nicht „objektiv“, sondern menschliche Festlegung, weiter nichts. Wir lernen in der Schule und im Studium Unmengen von menschlichen Festlegungen. „Wissen“ ist rar und wenn wir es haben, wissen wir gar nicht, ob es welches ist. Die „Normalverteilung“ die „normale Verteilung“ von Messwerten in einem Bereich, ist eher eine reale Verteilung der Messwerte in einem Bereich und in jeder Studie mit anderen Testpersonen wieder etwas anders verteilt. Deshalb machen wir ja oft auch mehrere ähnliche Studien zum Vergleich und zur Bestätigung oder zur … Ja zu was? Zur Widerlegung oder glauben wir dann einfach nicht an die Richtigkeit der Studie? Woher wissen wir, was stimmt? Die reale Verteilung wird meist mit einer verbeulten Gausskurve am realitätsnächsten beschrieben sein, aber können Sie solche Beulen in Formeln fassen? Bei einer reinen Gausskurve ist das möglich, aber bei einer mit Beulen? Und wohin müssten die Beulen? Beim nächsten Test wären die Beulen an anderen Stellen? Ein Einzelfall in der Vielfältigkeit der Exemplare von Menschen. Dann haben wir aber auch nur einen Bereich, in dem wir unseren Wert für „normal“ halten. Wir selbstbewussten Ichs können gar nicht feststellen, ob wir normal sind, aber sind schon seit dem 3. Lebensjahr fest davon überzeugt, dass im Zweifel wir normal sind und die Anderen nicht. „Die sind doch nicht normal!“ oder sogar „Die sind doch verrückt!“ im Falle von unterschiedlichen Ansichten. Haben Sie schon mal gehört „Ich bin doch nicht normal!“ „ Ich bin verrückt!“? Am wahrscheinlichsten bin ich es, Wilfried Flade, oder?

Haben unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unseren Freund oder Feind „Zufall“ (oder auch Glück oder Pech) schon in seinem Wesen ergründet, in Formeln gegossen und in ihren wissenschaftlichen und mit Hochleistungsrechnern erstellten Prognosen verarbeitet? Sonst ist doch alles Makulatur? Bevor wir nicht den Zufall verstanden haben, nützen alle Hochleistungsrechner gar nichts, kosten uns und unsere Kinder aber einen Haufen Geld, das wir doch gar nicht haben. Da sollen unsere Parlamente und Regierungen ausgeglichene Finanzhaushalte erarbeiten? Wie soll das gehen?

Hätten wir den Bauplan der evolutionären Natur oder/und des leblosen allgemeinen Seins und/oder des lebenden Gottes, dann könnten wir vielleicht nachprüfen, was im Einzelfall „normal“ ist. Haben wir aber nicht. Wissenschaftler haben einfach als Ersatz grosse Studien mit Menschen gemacht, die sie für „normal“ hielten (meist eher durchschnittlich) und so Werte gefunden, die sie nun für „normal“ erklärt haben. Da niemand von uns an ihnen zweifelt und da wir ja an die Objektivität von Messungen und Zahlen glauben, stellen wir gar keine Fragen und auch nicht in Frage, sondern machen Normwerte daraus. Also benutzen wir sie und denken nicht mehr darüber nach. Eigentlich ist das Volksverdummung statt Wissenschaft. Was wir eigentlich von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erwarten, das können sie gar nicht. Die wissen das nur gar nicht, dass sie das nicht können, selbst als Experten und Koryphäen nicht. Sie haben ja seit ihrem 3. Lebensjahr Recht, genauso, wie wir.

Wir haben Normwerte für Cholesterin im Serum auf diese Weise festgelegt. Es bleibt uns gar nichts anderes übrig, als es auf diese Weise zu tun. Wir benutzen die Werte dann eben auch so. Was tun, wenn an diesem Normwert gemessen, mein Cholesterinspiegel im Serum zu hoch ist? Es gibt viele Studien, die immer wieder zeigen, dass das viele Cholesterin die Wahrscheinlichkeit steigert, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall oder ähnliches zu erleiden. Das will ich nicht. Aber die Studien sagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Durchschnittsmensch in der Studie solch ein Ereignis erlebt, vielleicht 20 %. Die Studie ist aber nicht in der Lage, mir zu sagen, ob ich Einzelfall zu den 20 % oder zu den 80 % gehöre, die keine oder kaum Folgen vom hohen Cholesterin haben. Alle, die zu den 80 % gehören, bräuchten ja gar keinen Cholesterinsenker zu nehmen. Aber da wir keine Erkenntnis im Einzelfall diesbezüglich haben, behandeln wir einfach alle, wohl wissend oder nicht daran denkend, dass 80 % es umsonst nehmen. Das erhöht also in diesem Falle die Kosten auf das Mehrfache. Nebenwirkungen haben wir noch gar nicht mitgerechnet. Konsequenz: Wir nehmen die Tabletten gar nicht erst. So haben wir die Kosten und Nebenwirkungen nicht, aber als Folge erleiden 20 % der Menschen einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall oder ein ähnliches Ereignis und deren Folgen. Was ist nun besser? Dann wohl doch besser die Tabletten einnehmen? Alle Kosten (-) und alle Nutzen (+) zusammenzurechnen, zu bewerten und gegeneinander aufzurechnen ist im Einzelfall gar nicht möglich und im Durchschnitt nicht präzise möglich. Unser Gefühl gibt uns auch keinen verlässlichen Massstab. Das glauben wir nur. Um Gesundheit zu den günstigsten Kosten zu bekommen, müssten wir die Bedingungen im Einzelfall kennen und wir müssten die tatsächlichen Krankheitsereignisse und nicht nur die Risiken im Voraus genau kennen. Beides können wir wissenschaftlich gar nicht.

Wir könnten eine Münze werfen. Kosten sparen kann medizinische Wissenschaft wohl nur bis zu einem niedrigen Limit? Was darüber ist, steigert die Kosten. Wir können es gar nicht beeinflussen oder gar verhindern?

Wäre es denkbar, dass die Wissenschaft uns einen Test entwickelt, der uns genau im Einzelfall voraussagt, wer zu den 20 oder 80 % gehört? Dazu wäre sie ja da, oder? Solch ein Test müsste nicht unbedingt an mir entwickelt werden, aber er müsste an mir selbst überprüft werden: Zehn Jahre einnehmen und zehn Jahre nicht einnehmen, denn beides zugleich schliesst sich ja gegenseitig aus, sodass wir es an mir nicht zugleich prüfen können. In den zehn Jahren bin ich aber bereits zehn Jahre älter geworden. Das sind schon gar nicht mehr gleiche Untersuchungsbedingungen. Und was ist, wenn ich in den zehn Jahren Testphase ohne Medikament den Herzinfarkt schon erleide? Ergebnis? Ich habe noch keine saubere Lösung für das Problem im Einzelfall gefunden. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es gar keine gibt.

Wie ist es am nicht lebenden Ding? Die Erfindung der Eisenbahn neben den Autos oder bereits vor den Autos fasziniert. Wir legen zwei Schienen und die Bahn fährt dorthin, wo die Schienen hinführen (ausser die Bahn entgleist aus irgendeinem Grunde). Geführte Maschine eben. Maschine ohne eigenen Willen, ohne eigene Ansichten, ohne eigene Hoffnungen oder Träume etc.

Am Lebenden, womöglich noch Menschen? Wir legen zwei Schienen durch Gesetze oder Gebote: Du sollst … und Du sollst nicht …! Versuchen Sie es mal mit Ihrem Kind, falls Sie noch eins haben. Viel Erfolg! Es wird kaum eine Woche gut gehen. Wir werden kaum im gegebenen Korridor ins Ziel kommen. Es gibt Streit, Gerangel und schliesslich fliessen Tränen oder sogar Blut.

Nichts anderes versuchen unsere Regierungen und Parlamente pausenlos durch die Verabschiedung von Gesetzen am Fliessband und im Wettlauf mit der Zeit. Für Übertretungen werden die Strafen immer höher gesetzt. Wir als „Geleitete“ aber kämpfen doch eigentlich um unsere Freiheit, statt um immer mehr Gesetze und damit Einschränkungen unserer Freiheit. Die von uns zur Vergrösserung unserer Freiheit gewählten Parlamentarier und Regierungen schränken unsere Freiheit, so schnell wie möglich, immer weiter ein. Die spinnen wohl oder spinnen wir? Können wir nicht eigentlich schon vor der Verabschiedung von Gesetzen voraussagen, was wir bei uns und den Anderen erreichen? Kampf um unsere Freiheit, Suche nach einer Umgehung, einer Ausnahmeregelung, Kampf um unser selbstgedachtes Recht vor Gericht mit hohen Kosten oder anderem. Noch wirkungsvoller ist, wenn wir uns selbst wählen lassen und dann die Gesetze ändern, sodass sie den Anderen die Pflichten auferlegen, aber uns Rechte geben. Nach der nächsten Wahl werden die Anderen dann möglichst alles wieder rückgängig machen. Der Gott der Juden gab seinem Volk zehn Gebote. Wir haben heute schon mehr als zehntausend Gesetze erlassen und sind immer noch nicht frei oder gehorchen den Gesetzen noch immer nicht mehr als zu Beginn. Stimmt da etwas mit uns nicht? Gesetze haben doch so gar keinen Sinn?! Interessanterweise gilt ähnliches schon seit hunderten von Jahren auch für Regeln, Aufklärungskampagnen, Verträge und ähnliches.

Nehmen wir an, unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Technikerinnen und Techniker schaffen wirklich die Entwicklung einer künstlichen Intelligenz. Dann haben wir neben uns Menschen als Konkurrenz noch einen Akteur oder sogar viele Akteure, der oder die uns sagen, was „richtig“ ist und wo es lang geht. Klar, die Entwicklerinnen und Entwickler sehen und berichten uns nur die positiven Seiten. Das ist schon seit hunderten von Jahren so gewesen. In den Begleitzetteln von Medikamenten und in den letzten 50 Jahren auch Produkten in den Ländern der weissen Menschen nachchristlicher Prägung, stehen nun auch jede Menge Nebenwirkungen und Warnhinweise, damit alle Risiken minimiert und vom Produzenten und Qualitätstester und den Behörden auf den Kunden abgeschoben werden können. Der Kunde ist jetzt voll informiert, braucht eine Sache, aber ist nun völlig verunsichert, was er machen soll. Ja, ohne all diesen Unfug mussten wir Kunden schon immer die Risiken der Anwendung von Produkten tragen, ohne die Risiken zu kennen. Jetzt kennen wir die Risiken. Tragen müssen wir sie trotzdem, sonst haben wir nicht die Chance auf den Nutzen. Mehr als die Chance haben wir sowieso nicht, denn die Gewissheit, dass es wunschgemäss kommt, verweigert uns die Realität. Der Zufall oder nach schlimmer: Unfall, Pech oder Glück... Was hat der ganze Aufwand geändert? Mindestens den Aufwand (meist Bürokratie) und dafür die Kosten und deshalb Preise gesteigert.

Was, wenn KI anders entscheidet, als ich es würde? Wer bekommt Recht? Würde ich ihrem Ergebnis dann Recht geben? Woran kann ich überprüfen, ob sie überhaupt Recht hat? Ich weiss es ja schon bei mir nicht. Was würde im Falle eines Unfalles passieren? Den Schaden, den ich erleide, den habe sowieso ich. Ist das dann anders als sonst auch? Wenn mir ein Mensch den Schaden zufügt, habe ich den Schaden auch. Beim Menschen kann ich nur mit einer Bestrafung Rache üben. Die Maschine wird das nicht interessieren. Wenn sie intelligent ist, wird sie mich auslachen und verhöhnen.

Wir hybriden Menschen sind ab nun immer mit einer Cloud verbunden. Wer steuert diese Cloud, trennt den Schaden, den Unsinn oder schlimmeres von nützlichem, zutreffendem, wo wir Menschen noch nicht einmal in der Lage sind, „gut“ von „böse“ und „richtig“ von „falsch“ zu trennen, weil uns die entsprechende objektive Informationsgrundlage fehlt? Wir wissen nicht, was wir nicht wissen. Sie dürfen sicher sein, dass die maschinelle Datenverarbeitung (genannt: KI) in der Cloud, weiss, was für Sie „gut“ und "richtig" ist und Sie dürfen sich ihr ohne Zweifel vollends anvertrauen. Zweifel können da doch gar nicht angebracht sein, oder? Was ist, wenn Ihre Feinde auch noch die maschinelle Datenverarbeitung digital kapern und Sie dann mit einem kleinen Paddelboot auf hohe See in den Sturm geleiten? Glauben Sie ihr ruhig, dass das so „gut“ und "richtig" für Sie ist.

Wir setzen laufend „lebend“ und „ nicht lebend“ in die gleiche Ebene und wechseln zwischen beiden hin und her und können gar nicht anders und doch sind wir Lebende völlig unterschiedlich von nicht lebenden Dingen und wollen als Ich, als Persönlichkeit, als Mensch wahrgenommen werden und selbst bestimmen, was wir für richtig halten und so soll es sein. Wir sind ein Geheimnis und verstehen nicht einmal uns selbst. Auch die nicht vorhandene KI und die maschinelle Datenverarbeitung (eine leblose Maschine) sind ein Geheimnis. Deshalb ist sie ja für die sich selbst für gebildet haltenden Forscher so interessant, wahrscheinlich vergleichbar mit dem Apfel, den Eva im Garten Eden dem Adam reichte und der dann Beiden schmeckte, sie aber zur Verbannung aus dem Garten führte (gleich zu Anfang der Bibel beschrieben).

Hatten wir nicht in unseren „westlichen Werten“ die Menschlichkeit mit als hohes Gut eingereiht und sogar gesetzlich und in Verträgen und wo auch immer verankert und mahnen die Menschlichkeit bei Vertretern anderer Kulturen laufend moralisierend an? Jetzt haben wir uns bereits selbst zu Hybriden gemacht, die „Gebildeten“ aktiv durch Entwicklung und Produktion der entsprechenden Technik, wir Anderen passiv durch Kauf und Nutzung, alle um die Wette? Inzwischen wurden wir sogar gesetzlich dazu verpflichtet, im hybriden Leben kompetent zu sein. Treibt uns womöglich ein Teufel, denn so bekloppt können wir Menschen mit unserem Verstand oder Intellekt oder was auch immer Tolles wir da zu haben glauben, doch gar nicht sein, oder? Aber genau damit sind wir völlig menschlich.

Nun könnten wir doch auf die Idee kommen, zur Vorsicht neue Gesetze zu fordern, die das verhindern sollen. Aber wie schon bei der vorher genannten Gesetzgebung: Gesetze sind nicht nur erfolgreich in dem, was wir wollen, sondern haben oft Kollateralschäden, z.B. dem, dass sie Ungerechtigkeit schaffen oder dem, dass sie Bürokratie brauchen und schaffen oder dem, dass sie immer neue Rechtsunsicherheit, statt -sicherheit schaffen, dass sie mehr Kosten verursachen. Da gibt es noch mehr Kollateralschäden. Wer clever ist, fordert und macht nicht neue Gesetze, sondern schaltet seine eigene nicht vorhandene Intelligenz ein und verzichtet einfach auf Dummheiten. Oder sind wir gar nicht dazu in der Lage? Menschen eben?

Wir wollen als lebende Subjekte selbst entscheiden und führen und haben natürlich auch Recht seit unserem dritten Lebensjahr und nun geben wir unsere Entscheidungsfreiheit und die Kontrolle über „richtig“ und „falsch“ an eine nicht vorhandene „künstliche Intelligenz“ ab? Wer hier „bekloppt“ ist, dürfen und müssen Sie selbst entscheiden.

Sollten Sie jetzt irgendwelche Konsequenzen ziehen wollen, dann denken Sie bitte erst lange darüber nach, ob die „Lösung“, die Sie jetzt denken, wirklich eine Lösung ist, denn was wir nicht können, das können wir wirklich nicht.

24 February 2025
wf