„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!“ Wir wünschen Dir Glück! Was meinen wir eigentlich mit „Glück“ und schliesslich mit diesem Glückwunsch?
Seit ich darüber nachdenke und das auch äussere, wird mir immer wieder zu verstehen gegeben, dass das eine Provokation ist, darüber nachzudenken. „Das ist doch nun so etwas von klar und banal. Und wenn Du mir kein Glück wünscht, dann zeigst Du mir damit offen, dass ich Dir mindestens egal bin, wenn nicht sogar, dass Du mich nicht magst.“ Das wollte ich mit dem Infragestellen von „Glück“ eigentlich gar nicht ausdrücken. Ich bitte vorab schon um Verzeihung, aber bitte Sie um Verständnis, dass ich wie ein Wissenschaftler oder Philosoph doch darüber nachdenke, auch schriftlich oder laut, obwohl ich weder Wissenschaftler noch Philosoph bin.
„Glück“ ist etwas, was wir uneingeschränkt als positiv bewerten. Oder kann Glück auch negative Seiten haben? Ist ein Wunsch oder ein Ding oder eine Begebenheit noch Glück, wenn da etwas negatives dran ist? Sie bekommen etwas geschenkt, aber damit entstehen auch noch Pflichten oder Kosten. Das Verschenken eines Tieres z.B. an Kinder oder Verwandte? Mutter denkt, dass ihre Kinder doch gerne einen Hund, eine Katze, ein Meerschweinchen oder ähnliches haben und pflegen sollten. Sie kauft eines, schenkt es dem Kind oder den Kindern und die freuen sich wahnsinnig zum Geburtstag. Geburtstagsglück. Strahlende Kinderaugen, eine glückliche Mutter. Vier Wochen später geht schon der Streit los, wer das Tier pflegt. Es muss ein Tagesplan aufgestellt werden, alle Pflichten gerecht aufgeteilt werden und nach acht Wochen gibt Mama klein bei und übernimmt alle Aufgaben für den Rest des Tierlebens. Sehr kurzlebiges Glück und dann langlebiges Pech (Pflicht) für die glückbringende Mama, oder?
Wenn wir Glück so eindeutig mit positiv und nur positiv verbinden, dann stellt sich ja die Frage, ob es das überhaupt gibt. Gibt es etwas, was nur positive Seiten hat und keine negativen, keine Pflichten? Nach der wahrscheinlich vorhandenen Naturregel, dass es kein Plus ohne Minus gibt, denn wenn ich irgendwo etwas dazu tue, muss ich es irgendwo anders wegnehmen, gibt es das wohl eher nicht. In der Wirklichkeit, in der Realität gibt es kaum Beispiele dafür, dass 2+2 = 4 ist und nur das. In den allermeisten Fällen bedeutet 2 + 2 zugleich an anderer Stelle 2 – 2 und so ist das Ergebnis an der einen Stelle 4, aber zugleich an der anderen Stelle 0. Wir haben das seit der Kindheit gedanklich getrennt und die Verbindungen zwischen beiden schlicht vergessen. Das bedeutet aber nicht, dass es diese Verknüpfung nicht gibt. Wir haben sie nur vergessen, verdrängt oder ignoriert.
Das würde bedeuten, dass es Glück nicht ohne Unglück gibt. Das wäre ja furchtbar, aber ich glaube inzwischen, dass das genau unsere Realität ist, in der wir leben. Wir haben Glück und können uns eben gerade ein schönes grosses und geräumiges Haus leisten. Allerdings mussten wir dafür ein Darlehen mit einer Laufzeit von 25 Jahren aufnehmen und nun müssen wir unter allen Umständen 25 Jahre lang abzahlen oder das Haus gehört nur formal uns, eigentlich aber der Bank. Im Ernstfall holt sich die Bank auch alle Rechte an dem Haus von uns. Der Unterhalt und die Reinigung des Hauses und vielleicht noch Gartens bedeuten viel mehr Arbeit. Wahrscheinlich gibt es noch mehr Pflichten, die mir jetzt nur nicht einfallen?
Ich habe Glück und eine neue Arbeitsstelle bekommen mit mehr Lohn weiter oben auf der Karriereleiter, aber die bedeutet auch mehr Pflichten, einen längeren Arbeitsweg, längere Arbeitszeit oder mehr Stress durch mehr Spannungen am Arbeitsplatz.
Ich habe Glück. Eine neue Frau. Die alte ist per Scheidung schon entfernt. Drei bis vier Jahre später ist die Balz vorbei, der immergleiche Alltag mit mehr gefühlten Pflichten als gefühltem Nutzen nagt an der Sympathie, an der „Liebe“ sowieso. Bald wird das Zusammenleben mühevoll, zum Stress und dann unmöglich. Das Glück zu Beginn mit der Hochzeit, genannt „Hochzeit“ … was war das romantisch und schön. Nun solch ein Unglück, die nächste Scheidung. Es muss noch eine neue Frau her.
Der Lotto-Gewinn. Eine Million Mäuse. Was für ein Glück. Das ist doch nun wirklich Glück, oder? Gibt es da ein Minus? Nun ja, woher kommt das Geld? Eine Million Mäuse. Da haben 200000 Menschen je 5 Mäuse eingezahlt und selbst keinen Gewinn bekommen. 200000 Enttäuschte. Ist das kein Minus? Das Geld muss angelegt werden, damit es mehr wird. Aber wie? Oder wir geben es schnell aus, machen eine lange Reise und dann ist es weg. Alles wieder wie vorher. Oder wir kaufen ein Haus. Mit einer Million bekommt man schon etwas, aber die Zusatzkosten danach? Der Unterhalt, die Reinigung etc.? Woher das Geld nehmen? Eigentlich reicht eine Million doch gar nicht, oder?
Ich höre jetzt auf. Mir fallen viel zu viele solche Beispiele ein. Gibt es auch Beispiele für nur positives, ausschliesslich positives? Wenn Sie welche finden, schreiben Sie sie mir bitte. Ich suche. Bisher erlebte ich im Nachdenken nur, dass ich einfach zu kurz gedacht hatte, nicht um genug Ecken oder nicht an genug andere Beteiligte. Nicht so viel nachdenken ist praktisch. Dann findet man die Minuspunkte nicht und muss sie nicht mit bedenken. Das Gute, das Glück überwiegt. Genau das wünsche ich mir doch. Also, bloss nicht nachdenken!
Ist es denn also gerechtfertigt oder sogar schön, Dir oder mir etwas Glück zu wünschen, wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass dann Andere dafür Leistung erbringen müssen oder Unglück haben? Bei dem eigenen Haus wäre es ja sogar Glück und Unglück für die gleiche Person zugleich oder bei dem vorübergehenden Ehepaar nacheinander, erst Glück, dann Unglück.
Nun gut, wünschen kann man ja und wünschen ist doch gut, oder? Ich wünsche Dir Glück! Aber hat es Sinn, etwas zu wünschen, was wahrscheinlich gar nicht geht? Eigentlich ist das doch dumm, oder? Aber ich kann auch nicht mit Jeder und Jedem um mich herum erst solch ein intensives und hinterfragendes Gespräch führen, damit sie und er verstehen, warum ich kein Glück mehr wünsche. So wünsche ich weiter Glück, ziemlich sicher wissend, dass das weitgehender Unsinn ist. Ja, so leben wir. Wir wollen belogen werden, glauben das aber von uns selbst nicht. Da belügen wir uns auch gleich noch selbst dazu. Clever, oder?
Was aber machen Menschen, die an einen Gott glauben, z.B. an den christlichen Gott? Unter Glück verstehen wir ja doch meist, bessere Umstände als bisher, meist in irgendeiner Weise mehr Wohlstand oder sogar mehr Reichtum. Wer ist eigentlich für „Glück“ zuständig? In einer evolutionären Natur ohne einen Gott wäre es ein Zufall. Der Zufall will es, dass es mir besser geht, dass ich Sonne habe, aber dass der Landwirt, der dringend auf Regen wartet, das Nachsehen hat, weil es eben nicht regnet. Warum verteilt die Natur Glück nicht gerechter oder kann sogar Glück für Beide schicken, für mich und für den Landwirt, zugleich regnen und die Sonne scheinen lassen? Manchmal geht das vielleicht sogar? Wer weiss? Zufall ist eben Zufall, in jeder Hinsicht, allerdings auch in umgekehrter Richtung, als Pech oder Unglück. Woher wollen bzw. könnten wir denn wissen, was ist? Wir glauben einfach irgendetwas.
Wenn wir an einen Gott glaubten, wäre der dann für jedes Pech oder Glück zuständig? Würde er jede Aktion einzeln verursachen, in Auftrag geben oder selbst durchführen oder könnte es sein, dass er das nur bei einigen Aktionen tut und anderes doch irgendeinem Zufall überlässt? Wer weiss? Woher wollen bzw. könnten wir denn wissen, was er tut? Wir glauben einfach irgendetwas und da wir ab dem dritten Lebensjahr ja sowieso Recht haben, bezweifeln wir das auch gar nicht mehr. Falsch liegen doch die Anderen.
Die Bibelstellen, die Wohlstand oder gar Reichtum als erstrebenswert beschreiben, sind zahlenmässig unbedeutend im Vergleich zu der Zahl, die vor Wohlstand und Reichtum warnen und ihn als Klotz am Bein beschreiben. Wegen dieses Klotzes am Bein werden Reiche schwer ins Himmelreich (was immer das ist) kommen. Jesus hat sich dann auch noch ans Kreuz nageln lassen, anstatt die Reichen seiner Zeit zu unterstützen. Wenn Christen sich untereinander „Gottes Segen“ wünschen, dann hoffen sie vielleicht auf mehr Wohlstand oder gar Reichtum von Gott und der versteht darunter wohl eher das Gegenteil oder noch etwas ganz anderes? Wenn dem wirklich so wäre, dann lägen wir Menschen mit unseren Glücksvorstellungen ja völlig daneben?
Ja, was soll ich Ihnen oder Dir jetzt wünschen? Was wäre sinnvoll? Was wäre in irgendeiner Weise nachhaltig, also wirklich Segen oder Glück auf Dauer? Wer Glück hat, lächelt oder lacht sogar. Aber wer zuletzt lacht, lacht am Besten. So heisst es. Wann kann denn „zuletzt“ sein, vor unserem Tod oder vielleicht sogar erst nach unserem Tod? Wenn in der Bibel eine neue Erde, ein neuer Himmel und ein neues Menschengeschlecht verheissen werden, dann meint das womöglich Glück oder Segen erst nach unserem Tod? Dann wären wir mit unseren Vorstellungen hier und heute ja schon wieder recht realitätsfern, oder?
Ich wünsche Ihnen Gottes Segen in Jesus Christus, auch wenn ich nicht einmal weiss, was das ist. Da müssen Sie und ich uns überraschen lassen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie zuletzt lachen, wann immer das sein wird.