Endlich war der zweite Weltkrieg (der aus etwas anderer Sicht bereits der dritte war) zu Ende. Überall Trümmer, überall Entbehrung und Not, überall Hunger bei den noch Überlebenden. Glücklicherweise gab es Überlebende.
In einer Gesellschaft, in der es keine Ausbeutung geben soll, bleibt uns Menschen nur übrig: Wir müssen alles selbst machen. Das ganze Chaos ordnen und wieder neue Heimat bauen, kostete unendlich viel geistige und körperliche Anstrengung der Bewohner der entsprechenden Länder und Gebiete (mehr Frauen als Männer, denn letztere waren grossteils tot).
Hilfe ist da natürlich sehr willkommen. Und wir nahmen sie auch gerne an und die Anderen gaben sie uns ja auch. Mit dem „Gerne“ war es schon nicht mehr so weit her. „Gerne“ helfen taten die, die sich versprachen, dass hinterher Deutschland und Europa zu ihrer Einflusssphäre gehören, ihre Freunde werden, ihnen im internationalen Handel von Nutzen sein könnten. Hilfe aus völlig uneigennützigen Gründen? Das gab es auch und nicht zu wenig. Interessanterweise bleibt die folgenlos. Der Helfende stellt keine Ansprüche. Er hilft ja aus uneigennützigen Gründen und dem Geholfenen tut es hinterher nicht weh. Er muss ja nicht bezahlen. Meist ist die Hilfe erstaunlich schnell vergessen und andere Lebensumstände führen zu geänderten Ansichten. Mit ein bisschen mehr Pech wird der Geholfene später sogar zum Feind des Helfers. Widersinnig, was? Was sind wir nur, wir Menschen?
Was besser funktionierte, war Hilfe gegen Bezahlung oder eben Arbeit gegen Bezahlung, denn gegen Bezahlung ist es keine uneigennützige Hilfe mehr.
Auf diese Weise konnte man sich Gastarbeiter ins Land holen und sie kamen in Scharen, immer mehr, immer lieber, denn sie verdienten ordentlich im Vergleich zum Lohn in ihren Herkunftsländern. Sie bauten in den reichen und bezahlenden Ländern immer mehr Wohlstand mit auf. In ihren eigenen Ländern dagegen blieb der Wohlstand mehr oder weniger zurück. Dafür gibt es Gründe, die uns heute hier nicht beschäftigen sollen.
Aufbau von Wohlstand hat mehrere Nachteile: Erstens gibt es nie genug. Wir können es uns immer noch besser denken und träumen und deshalb müssen wir die Qualität und Sicherheit und Bequemlichkeit immer weiter verbessern und erhöhen und natürlich unser Leben verlängern. Immer weiter, immer besser, immer höher (früher nur die Männer, heute die Möchte-gern-Männer im Wettstreit mit den Männern noch mehr). Es ist wie ein innerer Zwang. Das in Frage zu stellen oder darüber nachzudenken, ist nicht einmal erlaubt. Die Frage ist, ob die Realität wirklich eine immer aufsteigende Entwicklung überhaupt zulässt? Es gibt triftige Anhaltspunkte, die mich daran zweifeln lassen. Eine stark verbeulte Gausskurve ist womöglich realitätsnäher? Was würde das für uns bedeuten?
Zweitens muss jede Errungenschaft, jeder Bau, jede „Verbesserung“ gegenüber dem Naturzustand, erhalten werden, gegen die natürliche Verwitterung, Verschmutzung, Zerstörung aus verschiedenen Gründen. Jede Infrastruktur kostet nicht nur die Herstellung, sondern auch die Erhaltung, womöglich irgendwann noch den Rückbau oder Abriss. Und jede Infrastruktur kostet nicht nur mir als einzelnem Menschen, als Eigentümer, sondern auch der Gesamtheit als Eigentümer (und damit in Demokratien wieder mir als Einzelnem, der ich ja ein Einwohner des Landes bin) Geld. Je wohlhabender ich bin, desto mehr Erhaltungsaufwand habe ich mit dem Wohlstand. Das gilt für mich privat und das gilt auch für den Staat und seine Organe (geteilt durch die Einwohnerzahl wieder für mich). Je mehr wir zusammen haben, desto mehr Unterhaltung kostet uns das auch zusammen, also auch wieder jeden Einzelnen. Die Schulden unserer staatlichen Organe geteilt durch die Anzahl der Einwohner sind unsere Schulden.
Drittens müssen wir all diese Arbeiten und Leistungen selbst vollbringen. Ausbeuten wollen wir niemanden mehr und wir hätten ja auch gar Niemanden mehr zum Ausbeuten. Jeder wehrt sich aufs Messer dagegen, selbst ausgebeutet zu werden. Also müssen wir alles selbst machen oder wir müssen einen realistischen Preis bezahlen für Arbeitskräfte (z. B. Gastarbeiter). Aber das Geld für den Lohn der Arbeitskräfte müssen wir ja auch verdienen, also selbst erarbeiten. Dann gilt blöderweise auch noch der Energieerhaltungssatz nicht nur in der Physik, sondern auch in der Gesellschaft (also: für jede Veränderung, die wir erreichen wollen, braucht es ein bisschen mehr Einsatz, als es am Ende Nutzen bringen wird) und noch viel blöder ist, dass 2+2 nicht nur 4 ist, sondern auch 0 (In der Realität muss ich nämlich die 2, die ich an einer Stelle dazutun will, an einer anderen Stelle wegnehmen. 2+2=4 allein ist Mathematik, aber nicht Realität. Mathematik und Realität sind nicht deckungsgleich!). Und wo bleibt am Ende unser Gewinn? Wir wollen doch Gewinn haben bei all diesen Transaktionen und Tauschhandeln, also 2+2=4,2 (oder nicht besser sogar 4,4?). Der Lohn für die Arbeitskräfte, hier die Gastarbeiter, muss also auch noch möglichst niedrig sein, denn sonst bleibt kein Gewinn für uns. Mindestens die 0,2, besser doch die 0,4 muss also der Gastarbeiter weniger bekommen. Wo liegt da die Grenze zur Ausbeutung der Gastarbeiter? Eine spannende Frage, die ich Ihnen auch nicht so einfach beantworten kann. Sie ist ein Graubereich und ich fürchte, oft beuten wir die Gastarbeiter doch aus, denn sonst haben wir gar keinen Gewinn. Irgendwoher muss ja der Gewinn kommen (Es sei denn, Sie hätten im Garten den Bodenschatz „Gewinn“ und könnten den einfach anzapfen. Haben Sie schon eine Bohrung in Auftrag gegeben?).
Nun haben wir also die Gastarbeiter oder Immigranten oder Expats im Land. Da müssen wir natürlich darauf achten, dass die nicht ihre Familien mitbringen und nach Ende der Arbeit nicht noch hier bleiben, denn sonst schaffen die ja neuerlichen Bedarf. Die gehören mit ihrer Familie jetzt plötzlich zu uns (auch wenn sie als Ausländer eigentlich nicht zu uns gehören). Der Bedarf steigt. Also müssen wir noch mehr Gastarbeiter, Immigranten und Expats ins Land holen. Aber bitte ohne Familie und nur zum Arbeiten und ohne weitere Rechte. Sonst wird ja wieder der Bedarf gesteigert. Wo soll das hinführen?
Ach so, das Recht auf Familienzuzug haben wir ihnen schon gleich zu Anfang gegeben und nun wundern wir uns, dass die Familien auch kommen? Wir haben sogar noch mehr Rechte zu Anfang gleich verteilt. Dann geht die Rechnung gar nicht mehr auf? Die verflixte Realität. Die funktioniert gar nicht so, wie wir uns das denken? Das ist ja eine Frechheit von der Realität. Was für eine Enttäuschung!
Viertens werden wir, je mehr Reichtum wir haben und falls wir auch wirklich die Augen und Ohren aufsperren und unser Hirn benutzen, gewahr, dass unsere Wünsche, Träume und (wissenschaftlichen?) Theorien zwar meist in Form einer exponentiellen (oder wenn es schlechter läuft, einer logarithmischen oder gar nur einer linearen) Steigerung verlaufen, dass aber die Realität auf Grund von Begrenzungen durch unser eigenes menschliches Sein (So, wie wir sind) und durch die Begrenzungen des Seins der Anderen (Die sind ja genauso wie wir) und durch die Begrenzungen, die unsere Umwelt mit sich bringt, immer weiter auseinanderlaufen. „Gesunde Menschen in gesunder Umwelt“ las ich auf einem riesigen Werbeplakat in einer Alpenstadt. Wie realistisch ist dieser Satz unter unseren Lebensumständen heute? Es ist der blanke Unsinn, denn Sie können nicht den 5er und das Weggli haben (die Ware und das Geld). Für uns ist es heute selbstverständlich, dass das geht. So, so? Haben Sie mal nachgedacht (im Sinne von, meine eigenen Positionen, Ansichten und Meinungen hinterfragen)?
Kinder, die in wohlhabender oder sogar reicher Umgebung aufwuchsen und die sich daran gewöhnt haben, werden später im Falle von wirtschaftlichen Rückschlägen schwerer damit fertig werden als Kinder, die in Armut aufwuchsen und die später wirtschaftlich bessere Verhältnisse erleben. Besser ist leichter verkraftbar als schlechter.
Dann gibt es da noch eine ganz andere Entwicklung, die Einfluss hat auf unser Land. Je mehr wir Wohlstand wollen und je mehr wir dafür arbeiten, desto teurer werden Kinder und wir haben gar keine Zeit mehr für Kinder (und Frauen auch gar keine Lust und Kraft, denn sie müssen ja Karriere machen und Geld verdienen, mindestens so viel wie die Männer). Die Geburtenrate sinkt. Wir Ureinwohner des Landes werden immer weniger. Die AfD in Deutschland hat da völlig Recht. Wir Weissen nehmen an Zahl im eigenen Land immer weiter ab und die Fremdlinge nehmen an Zahl immer weiter zu. Die Menschen weisser Rasse als Besitzer von Wohlstand in ihren eigenen Ländern? Ein Auslaufmodell. Wir können ausrechnen, wann die ursprünglich von Weissen bewohnten Länder überwiegend von ursprünglichen Ausländern bewohnt werden. Die haben dann etwas von dem Wohlstand (wenn die nicht in die gleiche Falle tappen wie wir Weissen). Für diese Entwicklung braucht es gar keinen Krieg. Dazu braucht es gar kein Töten, sondern nur kein oder zu wenig neues Leben schenken. Es braucht nur unseren Egoismus, mehr haben zu wollen, als geben zu wollen, also Gewinn zu machen und Wohlstand zu haben.
Ausbeutung und Armut bekämpfen, verhindern, abschaffen? Vergessen Sie's. Mit unserem Gewinnstreben schaffen wir selbst an anderer Stelle Armut. Das geht gar nicht anders. Unser Bild von der Welt ist realitätsfremd. Ich fürchte, Wohlstand in immer zunehmendem Masse ist ein purer menschlicher Irrtum. Gemeinsam sind wir auch nicht schlauer als alleine schon. Oder müssen wir nicht eigentlich sogar sagen: „Wir sind ziemlich dumm, es bisher anders geglaubt zu haben?“ Gemeinsam sind wir noch dümmer. Warum? Haben Sie ein realitätsnäheres Weltbild?
Unseren Wirtschaften fehlen Arbeitskräfte? Das kann doch gar nicht sein. Jedes Volk, jeder Staat, hat doch 100 % Menschen. Stellen wir uns das Volk als Kuchen vor. Wir teilen den Kuchen in verschiedene Stücke. Sie kennen diese mathematische oder statistische Darstellungsmethode. Die ist nichts Besonderes.
Nun teilen wir diesen Kuchen in verschiedene Stücke. Die Zahlen (in diesem Falle mal identisch mit %-Zahlen) sind frei erfunden. Sie können die mit realen Zahlen füllen. Da Zahlen mit höherer Wahrscheinlichkeit nicht richtig als richtig sind, können wir getrost auf sie verzichten. Die dahinter verborgene Regel (nicht Naturgesetz, denn ob es die gibt, können wir gar nicht nachprüfen, also auch nicht wissen) interessiert uns.
Ein Drittel etwa sind Männer und Frauen, die auf unser Rentensystem vertrauen und sich inzwischen nach eigener Ansicht in ihren „wohlverdienten“ Ruhestand begeben haben oder versetzen liessen oder schlichtweg dorthin abgeschoben wurden; wie auch immer. Die sind also raus aus dem Arbeitsprozess. 33 % weg. Kinder gibt es ja inzwischen nur noch wenige. Nehmen wir mal ein Sechstel für sie an. Die arbeiten noch nicht. Jugendliche und Studierende (also nicht im Arbeitsprozess Werte Schaffende, sondern Konsumierende) machen wieder etwa ein Sechstel, also 2x16,5 %, wieder 33 % weg. Wirklich für das Arbeitsleben zur Verfügung stehen also nur noch 33 %. Ich hoffe, dass die Zahlen nicht so realitätsnah sind. Sonst wäre das ja furchtbar.
Diese 33 % arbeitsfähiger Menschen müssen nun den ganzen Arbeitsmarkt ausfüllen. Da brauchen wir einen Teil in der Landwirtschaft. Wir wollen ja essen und nicht nur das, sondern auch qualitativ hochwertig speisen etc. Sagen wir mal: Landwirtschaft und deren Verarbeitende Industrie 10 % dieser arbeitsfähigen Menschen.
Kleiden wollen wir uns auch. Wir haben durch einen hochgradigen Einsatz von Maschinen die Effektivität gegenüber früher wahnsinnig gesteigert. Wir nehmen mal wieder 10 % an, obwohl ich glaube, dass es eher etwas weniger sind.
Wir wollen wohnen und schön leben. Die Bauindustrie für Wohnen und Arbeiten und Bewegung (also grob Infrastruktur) und deren Erhaltung können wir sicher locker mit 33 % veranschlagen. O, da sind wir addiert schon bei der Hälfte angelangt.
Nun brauchen wir natürlich auch einen Bereich Logistik und Handel, damit all die schönen Güter vom Produzenten zu uns Verbrauchern kommen. Wir nehmen 5 % an. Sicher leben wollen wir auch. Also brauchen wir genug Geld und Versicherungen. Wieder 5 %. Dann wollen wir reisen und Autofahren und brauchen den ÖV. Die Autos und Fortbewegungsmittel müssen produziert werden, verteilt und ausser im privaten Bereich von Fahrern bedient werden. Privat zählen wir nicht als Arbeit. Wieder 5 %. Der Staat hat eine Menge Angestellte und Beamte für alle möglichen Aufgaben. Wieder 5 %. Dem Rechtswesen mit Richtern, Rechtsanwälten, Gerichtsbediensteten und Anderem geben wir 3 %. Nun haben wir schon 75 % der arbeitsfähigen Menschen verplant.
In den letzten vierzig Jahren hat sich ein grosser Komplex entwickelt: IT-Technik mit Hardware und Software und Kommunikations- und Beratungswesen. 20 % werden wir diesem Komplex sicher zugestehen müssen, wenn nicht eher mehr. Was haben wir noch vergessen? Wie immer, was ich nicht weiss, weiss ich nicht. Wir müssen eine Schätzung annehmen. 5? oder besser doch 10? %? Wahrscheinlich wird die 10 der Realität eher entsprechen, denn ich vergesse viel und was ich hinterher nicht wusste, war bisher meistens mehr als ich vorher glaubte. Da sind wir schon bei 106 %. Nanu?!
Und ich? Ich bin im Gesundheitswesen tätig. Das habe ich ja ganz vergessen. Wenn wir also Spitäler, ambulante Medizin, Pflegeheime, Pharmaindustrie, Medikamentenhandel und eine ganze Menge mehr in diesem Bereich Tätige zählen, kommen wir sicher auch auf 10 %. Jetzt liegen wir schon bei 116 % gebrauchter Arbeitskräfte. Aber bekanntlich hat unsere Menge an arbeitsfähigen Menschen nur 100 %. Was nun?
Natürlich können wir von aussen Menschen zum Arbeiten hereinholen. Aber das haben wir oben schon bedacht. Das hat Vor- und Nachteile.
Rationalisieren! Keine Frage, wir sind kräftig dabei. Wir sollten kräftig rationalisieren, damit in Zukunft nur noch Roboter die Pflege in den Pflegeheimen übernehmen, nur noch Roboter die produktive Arbeit machen, nur noch Roboter die Fahrdienste übernehmen (oder im Stau der Roboter und wenigen Menschen stehen), nur noch Roboter in der Landwirtschaft arbeiten... Klar, da ist noch viel drin. Aber die Entwicklung dieser modernen Viecher braucht auch Menschen. Fragen wir mal umgekehrt: Hätten Sie es gerne, wenn Sie im Alter von Robotern gepflegt würden, wenn kein Mensch mehr im Handel tätig ist, sondern Sie nur noch zwischen den Robotern im Supermarkt herumirren? Sie hatten einen Unfall und schon kommt die Roboterpolizei und der Roboterrettungswagen und nimmt Sie mit. Ja, wohin? Ins Spital, ausgestattet mit Robotern (natürlich heute mit zusätzlichen schönen Namen wie KI etc. und alle hochglanzpoliert von Robotern). Was die heute doch so alles können?
Natürlich können wir uns da noch viel vorstellen. Unsere Träume (oder Alpträume?) sind noch weit ausdehnbar. Theorien haben wir noch und nöcher. Aber wie wird es uns gehen, wenn wir real in dieser Welt leben müssen, die wir den Anderen zur angeblichen Verschönerung und zu mehr Bequemlichkeit und uns zum Gewinnbringen gebaut haben? Wie viele Psychiater sollen wir noch ausbilden, anstellen und bezahlen? Das könnten doch auch Roboter übernehmen? Der Roboter – Dein Psychiater. Sie merken schon: Unsere Welt wird immer schöner und bequemer und vor Allem immer menschlicher.
Findige Leute kommen (wir haben immer findige Männer, heute auch findige Frauen), die uns mit neuen Ideen weiter bringen. Vor uns war das auch schon immer so. Da Jede und Jeder mit seiner Idee Recht hatte, also nach seiner Meinung richtig lag, gibt es heute unzählige Start ups und Kleinfirmen und andere Unternehmungen, die solche Ideen zu verwirklichen trachten. Die meisten sind nicht rentabel, so dass sie mit Subventionen, Krediten, Stipendien und anderen Hilfen über Wasser gehalten werden müssen. Nur, woher kommt das Geld? Von unseren Steuern. Dann hätten wir doch gleich diesen kleinen Teil des Geldes diesen Firmen schenken können, damit sie weiter machen können, auch wenn sich später herausstellt, dass es gar nichts half. Doch zahlungsunfähig. Bloss nichts sterben lassen.
Ja, aber was machen wir jetzt mit dem Arbeitskräftemangel im Gesundheitswesen (und anderswo)? Wir haben doch Geld. Wir bezahlen einfach mehr Geld in dieser Branche (was in den letzten 30 Jahren zumindest im ambulanten Bereich fast nie vorkam). Wenn die Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger und das übrige Personal mehr bekommen, dann gehen sicher mehr Arbeitskräfte dort arbeiten. Das stimmt vielleicht. Aber ändert das etwas am Arbeitskräftemangel? Es käme im besten Falle zu einer Umverteilung. Und wer soll die höheren Löhne bezahlen? Das würde ja auf die Krankenkassenbeiträge durchschlagen. Na, die sind ja nun schon genug gestiegen. Das darf aber nicht sein. Ja, das Gesundheitspersonal soll mehr Geld bekommen, aber nicht von uns. Ja, wer soll dann zahlen? Unsere Politiker haben da schnell eine Lösung: Der Staat und der nimmt Schulden auf und dann bezahlen es unsere Kinder. Die werden die Schulden spielend abbezahlen. Da können Sie sich drauf verlassen. Bloss gut, dass wir keine Demokraten sind und der Staat nicht direkt in unsere Hosentasche greifen darf und kann. Im Staat bestimmen wollen wir Demokraten. Bezahlen sollen die Anderen und wenn es auch unsere eigenen Kinder sind. Das ist die Differenz zwischen dem Ergebnis, das der Energieerhaltungssatz in unserer Gesellschaft zulässt, nämlich 50 % minus ein bisschen und unserem Gewinnanspruch, nämlich 50 % plus x? Ja, wie viel Gewinn wollen wir denn haben, halten wir für angemessen? 3 % wie früher auf dem Sparbuch? Das war doch ein bisschen mickrig, oder? Deshalb haben wir ja heute andere Sparmethoden, die mehr bringen sollen. Also 5 %, besser 7 % sollten es dann doch schon sein, oder? Noch höher wäre natürlich noch besser.
Nein, wenn wir realistisch bleiben wollten, dann müssten wir natürlich in unsere eigene Geldbörse greifen und als nicht im Gesundheitswesen Tätige unsere Löhne reduzieren zugunsten der im Gesundheitswesen Tätigen. Sonst geht die Rechnung gar nicht auf. Ob wir das nun mit Lohnänderungen zugunsten der im Gesundheitswesen Tätigen machen oder durch eine höhere Krankenkassenprämie, ist dabei ziemlich egal. Freiwillig müsste es sein, denn wir wollen natürlich Niemanden seiner Freiheit, seines Geldes oder sonst etwas berauben. Freiwillige vor.
Was können unsere Regierungen tun? Sie sollten für mehr Kinder sorgen, die aber bitte nicht wir, sondern der Staat bekommen und aufziehen soll. Da wir ja Demokraten sind, müssten doch wir es tun. Das aber kostet ja Geld und Aufwand aus unserer rechten Hosentasche. Wenigstens unsere linke Hosentasche bleibt unangetastet.
Die Regierung könnte ja die Gesetze ändern. 10 % der jungen neu auf den Arbeitsmarkt drängenden Menschen müssen in den Gesundheitssektor gehen. Da muss man dann ausgefeilte Konstrukte schaffen, damit Jeder dem Kompromiss zustimmen kann und Keiner ungerecht behandelt wird und Keiner seiner Freiheit beraubt wird. Geld kosten darf es natürlich auch nicht.
Vielleicht haben Sie noch ein paar Einfälle? Eigentlich hilft uns nur noch ein Märchen. Wir brauchen Beides, das Geld und die Ware und eigentlich reicht uns auch das schon nicht mehr. Sonst funktioniert unser Wirtschaftssystem gar nicht mehr.
Seit den ersten Erfindungen von Bill Gates hat sich in einem Tempo und in einem Ausmass eine Welt in unserer Gesellschaft breit gemacht, die wir grob als „Virtuelle Realität“ bezeichnen. Nicht die Realität, das Sein, das Leben ist mehr interessant, sondern jetzt sind die „Daten“ das Wichtigste. Alle haben sich ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Rücksicht auf ungünstige Folgen, ohne Selbstkritik in die „Virtuellen Realitäten“ gestürzt, die bestenfalls durch unsere Nutzung ein klein wenig Realität bekommen und sonst völlig irreal sind. Überwiegend sind es „Virtuelle Irrealitäten“. Es steht zu befürchten, dass diese Irrealitäten uns langfristig mehr kosten als nutzen. Kein Zweifel, man kann mit Ihnen allerhand anfangen, aber eben in jeder Hinsicht. Denken Sie an den Energieerhaltungssatz und die Differenz zu unserem Gewinnstreben. Ich finde keinen Anhalt, warum die Virtuellen Irrealitäten da eine Ausnahme sein sollten. Zu Anfang haben wir das natürlich geglaubt. Erinnern Sie sich? (Natürlich nur wir Alten. Die Jungen müssen da schon in die Geschichtsbücher schauen)
Stellen Sie sich nur einmal vor, all die in der „Virtuellen (Ir)realität“ Tätigen wären frei und könnten in der Realität arbeiten. Wir hätten wieder Arbeitskräfte im eigenen Volk in Fülle. Roboter in der Pflege, im Krankenhaus, in der Gastronomie und in vielen realen Lebensbereichen wären völlig überflüssig. Ein grosser Teil unserer Völker ist gar nicht mehr in der Lage, zwischen „real“ und „irreal“ zu unterscheiden. Wer hat uns die Augen so geblendet?
Das Wenige, was ich aus den „sozialen Medien“ mitbekomme, ist sehr aufschlussreich. „So findest Du Deinen Traumjob!“ Was macht denn einen Job zum Traumjob? Was macht einen „Job“ überhaupt zum Job? Da gibt es Jemanden, der offenbar eine Arbeit vergibt, die er selbst nicht machen möchte, weil sie offenbar für sie oder ihn nicht der Traum ist oder sie/er keine Zeit dafür hat. Immerhin ist sie oder er aber bereit, dafür Geld zu bezahlen, meist eher so viel wie unbedingt nötig und nicht so viel wie möglich, damit der Job zum Traum für den neuen Arbeitnehmer wird. Wir haben ja genügend Patienten, die darüber klagen, dass ihr Job nach und nach vom Traum zum Alptraum wurde. Dann ist der Arbeitgeber am Burn out Schuld. Sicher gibt es Traumjobs, aber die Anzahl ist vermutlich viel kleiner als uns lieb ist und Traumjobs lassen sich auch nicht einfach so schaffen, wenn im Hintergrund nicht der Goldesel scheisst.
Ich werde den dummen Verdacht nicht los, dass die Regierungen machen können, was sie wollen. Die Realität ändern sie nicht und die Irrealität erst recht nicht. Die Regierungen haben gar keine Chance, etwas zu ändern. Es ist völlig egal, ob da Männer am Ruder sind (Wir haben versagt. Wir schaffen das schon seit dreitausend Jahren nicht.) oder ob jetzt Frauen das Sagen haben. Wir als Einwohner müssten uns ändern. Wir müssten unsere eigenen Wünsche hintanstellen und eben, egal zu welchem Lohn, ins Gesundheitswesen arbeiten gehen. Aber wir wollen erstens Gewinne und zweitens die Freiheit, zu arbeiten, wo und was wir wollen und auch zu den von uns gewünschten Konditionen. Da aber in Demokratien der Staat, also doch wir, uns selbst die Konditionen erfüllen müssten, die wir wollen, beisst sich die Katze immer wieder in den Schwanz. So bekommen wir nicht mehr Arbeitnehmer ins Gesundheitswesen.
Und wie bekommen wir einen ausgeglichenen Arbeitsmarkt? Jeder Arbeitskraft seinen gewünschten Arbeitsplatz? Auch das schaffen wir nicht. Jeder will die Freiheit, auf den von ihm gewünschten Arbeitsplatz zu kommen, natürlich mit viel Einfluss und viel Geld verdienen. Darum schlagen sich also alle Arbeitnehmer um diese begrenzte Anzahl Arbeitsplätze und die anderen Arbeitsplätze bleiben frei. Glücklicherweise haben wir bei sehr unterschiedlichen Menschen sehr unterschiedliche Wünsche und Bedürfnisse. So verteilen sich die Menschen auf die Arbeitsplätze doch breiter. Aber Deckungsgleichheit? Wenn uns der Staat zwingen darf, kann er uns zwingen und alle Arbeitsplätze auf diesem Weg besetzen. Wenn wir aber unsere Freiheit wollen und den Staat daher seiner Mittel berauben, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn das nicht funktioniert. Mit Geld funktioniert es ja auch nicht, wie wir schon sahen.
Wir benehmen uns in den letzten hundert Jahren wie die kleinen Kinder. Wir wollen alles haben, aber nicht bezahlen oder nur zum von uns festgelegten niedrigeren Preis. Will aber ein Anderer bei uns kaufen und bezahlen, dann muss er mindestens den vollen Preis bezahlen. Es dürfte auch noch etwas TIPP zusätzlich sein. Aber dazu ist der Andere zu geizig.
Wir wollen unsere Freiheit haben vom Staat, aber dazu braucht er auch unsere Leistungen, wenn die Freiheit verwirklicht werden soll. Das schränkt unsere Freiheit natürlich ein. Unsere Leistung verweigern wir selbstredend dem Staat, denn wir wollen ja unsere Freiheit. Der soll so handeln, wie wir uns das wünschen. Einsatz für unseren demokratischen Staat? Am besten 0 und wenn doch, dann nur die Anderen. Jeder von uns will die ganze Freiheit, aber gestatten dem Staat nicht, die dafür erforderlichen Mittel einzusetzen, denn er müsste ja die Anderen zwingen, uns unsere Freiheit zu geben. Uns müsste er ja auch zwingen, den Anderen ihre Freiheit zu geben.
Nun drängen ja viele Menschen in die Welt der Weissen. Arbeitskräfte können wir gebrauchen, wie wir sahen, aber wenn arme Schlucker kommen, müssten wir die ja noch mit versorgen. Das würde unseren Wohlstand schmälern. Bloss das nicht. Wir lassen also nur noch Menschen mit guter Ausbildung ins Land, damit die uns helfen, unseren Arbeitsmarkt auszugleichen und unseren Wohlstand zu mehren. Wo kommen diese gut ausgebildeten Arbeitskräfte her? Aus den Ländern, die entweder wegen kriegerischer oder anderer Auseinandersetzungen eine nur unzureichend funktionsfähige Wirtschaft haben resp. arm sind oder aus einfach nur armen Ländern. Diesen Wirtschaften stehlen wir die gebildeten Arbeitskräfte und die armen Schlucker schicken wir ihnen zurück, damit sie dort die schon geschwächte Wirtschaft noch weiter schwächen, denn die gut ausgebildeten Arbeitskräfte fehlen denen jetzt. Die sind ja bei uns. Wir werden reicher und die werden ärmer. Dann schicken wir Entwicklungshelfer in diese Länder. Da hätten wir doch gleich die dortigen Arbeitskräfte dort lassen können, oder? Leider spielen da noch ganz andere Faktoren eine Rolle in den kommunizierenden Röhren, so dass das dargestellte Bild nur teilweise gilt. Aber dass Braindrain Reichtum verlagert, ist doch leicht einsehbar, oder?
Wir produzieren selbst die Armut, die wir hinterher bekämpfen. Die weltweit tätigen Firmen werden gesetzlich zurückgepfiffen, gerechte Löhne und gute Arbeitsbedingungen zu schaffen, damit dort die Armut endlich weniger wird und von Staates wegen schafft unsere Regierung dort immer mehr Armut? Aber klar, die Gesetze gelten immer für die Anderen, denn wir machen ja schon alles richtig. Für uns gelten die Gesetze nicht bzw. wir brauchen da gar nicht nachzudenken, denn wir halten sie ja sowie ein. Wir haben sie ja auch gemacht.
Wir sind doch ziemlich schlau, oder? Das kommt darauf an, von welcher Seite wir das jeweils betrachten. Das müssten wir eben ändern und die jeweils andere Seite müsste mitmachen. Blöderweise sind die so blöd, dass sie bei uns nicht mitmachen. Die sind aber dumm. Die denken das umgekehrt genauso. Warum finden wir nicht zusammen? So schwer kann das doch nicht sein? Vorsicht! Die Realität ist gegen uns, nicht für uns.
Zusammenfinden ist schon schwer genug, aber ich habe im Lande immer wieder sinngemäss gehört: Sie können alles ändern, nur an unserem Wohlstand darf nicht gerüttelt werden. Wir machen jede Regelung mit, aber unser Wohlstand darf nicht angetastet werden. Ja, dann ist die Sache wohl klar, oder? Die Regierung muss schliesslich das machen, was wir als Souverän wollen, oder nicht? Wollen wir nun Armut verringern oder Wohlstand vermehren? Beides zugleich ist etwa so wie der 5er und das Weggli (ich will beides haben, die Ware und das Geld). Ein Märchen also. Unsere schöne Märchenwelt.
Und was ist, wenn es umgekehrt kommt? Die Gewinne der Firmen brechen aus verschiedenen möglichen Gründen ein. Sie müssen Mitarbeitende entlassen, weil entweder die Nachfrage nach den produzierten Waren oder Dienstleistungen zurückgeht oder gar ausfällt oder die notwendigen Gewinne zwischen den Kosten und den Preisen nicht erreicht werden können. Entlassungen in grosser Zahl. Neueinstellungen in geringer Zahl. Es entsteht wieder ein Überfluss an Arbeitskräften. Dafür sind die Arbeitnehmer ja versichert, so dass sie Arbeitslosengeld oder ähnliches über ein Versicherungsmodell bekommen. Finanziell sind die Arbeitnehmer auf diese Weise abgesichert. Tatsächlich? Was ist, wenn auf Grund von Marktverschiebungen plötzlich die Bewertungen von bis dahin gehaltenen Werten dramatisch nach unten korrigiert werden? Dann fehlen der Versicherung plötzlich die Geldquellen. Oder die Phase der Verschlechterung trifft zu Viele und zu lange, so dass die Grenzen der Finanzreserven der Versicherung aufgebraucht sind. Was dann? Ausländer wieder raus? Oder dürfen sie hier bleiben und sich darauf verlassen, dass wir ihnen die vorher zugesprochenen Rechte auch tatsächlich einräumen und dass wir sie am Finanzausgleichspool gleichberechtigt mit teilhaben lassen? Wenn Alle sowieso zu wenig haben, wird das hart?! Für Alle.