"Ich weiss, dass ich nichts weiss!"
Zugesprochen wird dieser Satz Sokrates. Schon in der Überlieferung dieses Satzes gibt es Quellen und Übertragungen, aber keine direkte Quelle von ihm selbst. Es gibt verschiedene Überlieferungen und eine ganze Menge Deutungen.
In meiner Dummheit will ich Ihnen daher eine weitere liefern, denn sonst wären es ja viel zu wenige.
Wir Menschen sind Personen mit einer vollständigen Abtrennung von der Aussenwelt, von den Menschen, den Dingen, den Lebewesen. Unser Selbstbewusstsein gründet auf diesem Ich-Bewusstsein und dem körperlichen Ich-Sein. Ich bin eingesperrt in meinen Körper, in den Grenzen meiner Haut.
Die Evolution hat uns ein Hirn gegeben, dass uns ein Bild von der Aussenwelt entwirft, so dass wir uns als abgetrennte Person in unserer Umwelt zurecht finden können und mit ihr und den Lebewesen in Kontakt und Austausch treten können. Damit das überhaupt möglich ist, bekamen wir fünf bis sechs Sinne, je nach Sichtweise und Mund, Hände und Füsse.
Alles, was ich also in meinem Hirn als Abbild der mich umgebenden Welt speichere und verarbeite, ist ein Abbild, nur ein Abbild und nicht die echte mich umgebende Welt, in der ich mich befinde und zu der ich sogar gehöre, Beides. Und doch bin ich auch von ihr getrennt. Wie weit mein Abbild der Realität um mich herum entspricht, ist mir und uns Menschen nicht feststellbar, weil ich nicht aus mir heraus kann. Selbst meine Gedanken sind in meinem Hirn eingesperrt. Ich kann sie äussern durch meine Sprache, aber schon das verfälscht nicht selten den Inhalt meiner Gedanken oder kommt nur undeutlich, unklar, übereilt, ungeprüft oder überfrachtet heraus. Schon meine Äusserungen sind nicht sicher deckungsgleich, mit dem, was ich denke und will. Meistens kommen nur Vorurteile heraus. Eine Überprüfung von allen erdenklichen Seiten her durch mich hat gar nicht stattgefunden und so sind meine Äusserungen mehr oder weniger Halbwahrheiten, wenn nicht gar Unwahrheiten.
„Versetze Dich mal in den Anderen oder in seine Situation und betrachte das Geschehen von seiner Seite.“ Geht das? Ich kann aus mir nicht heraus und doch können meine Gedanken umherschweifen, können hierher und dorthin, in andere Gegenden, zu anderen Menschen, ja in andere Welten schweifen, können träumen und Theorien zusammensetzen, können sich heute sogar in virtuellen Welten bewegen. Manche leben fast nur noch dort. Aber woran will ich messen, wann, ob und wieweit ich ihre/seine Position, ihre/seine Sichtweise innehabe, um tatsächlich ihre/seine Sicht zu verstehen? Keine Chance. Mein Optimismus „Ich verstehe Dich.“ ist unbegründet. Ich kann es schlicht nicht messen. Unser Gefühl, unsere Intuition sagt es uns, wenn die Balzgefühle stark übereinstimmen oder andere Sympathiegefühle vorhanden sind oder auch beim Aufgehen in der Masse, beim Hören aufwühlender oder mitreissender Reden etc. Wir glauben, dass wir uns jetzt verstehen und später zeigt sich die Abnutzung dieses Verstehens, wenn nicht sogar das Unverständnis oder sogar der Hass aufeinander. Inwieweit wir tatsächlich übereinstimmen oder eine gleiche Sichtweise haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Wenn wir nicht weiter fragen, glauben wir unsere Ansicht, auch wenn wir glauben, dass es die Ansicht eines Anderen ist und was wir glauben, erklären wir zu Wissen, also zu etwas Bewiesenem, etwas Objektivem, etwas, was nicht mehr bezweifelt werden muss (oder sogar nicht mehr bezweifelt werden darf). Vieles wird Täuschung sein. Einiges wird der Realität sehr nahe sein. Aber ich weiss nicht sicher, was stimmt und was nicht. Ich glaube, es zu wissen.
Fragen Sie mich, wer ich bin, suche ich nach einer Antwort. Dann nenne ich Ihnen meinen Namen. Nun wissen Sie, wer ich bin, oder? Sie wissen jetzt meinen Namen, aber wer ich bin? Wir haben als Ersatz für die Auskunft zu unserem Sein einen Namen bekommen und können den sagen. Über uns sagte der früher zumindest etwas aus über unsere Herkunft. Heute können Sie aus Gründen der Freiheit den Namen wechseln, wie Sie wünschen, können Ihre Identität wechseln, wie Sie wünschen. Nun hat der Name gar keinen Inhalt mehr. Wenn Sie mich kennenlernen wollen, bleibt Ihnen und mir nur eine Zeit gemeinsamen Lebens, in der wir uns ohne Worte und mit Worten kennenlernen. Wer ich bin, wissen Sie auch dann noch nicht, aber Sie haben sich zumindest ein Vorurteil gebildet, ob ich sympathisch bin oder nicht, welche Sprache ich spreche, ob ich mürrisch bin oder fröhlich und einiges mehr. Ich selbst, mein Sein, bleibe Ihnen verborgen und umgekehrt auch. Das können wir auch nicht ändern. Das müssen Sie und ich akzeptieren, selbst wenn wir Beide verheiratet sind. Das gehört zu unserem menschlichen Sein, für das wir gar nichts können. Das hat die Evolution (oder vielleicht doch ein (uns unbekannter?) Gott) entweder so gewollt und geschaffen oder es ist aus unbekannten Gründen einfach so geworden. Das Ergebnis für uns ist das gleiche, egal, ob mit oder ohne Gott.
Wenn Sie in die Medizin schauen, ist das nicht viel anders. Schöne Namen haben wir Ärzte und die Wissenschaftler für alles und irgendwelche Definitionen, meist nach dem Schubladensystem mit Zahlen und Formeln als Begrenzungen, auch. Wenn wir nach dem dahinterliegenden Wesen der Erkrankung fragen, dann wird es spannender. Fragen wir sogar nach einem „Warum“, dann befinden wir uns in der Medizin schon auf gefährlichem Glatteis. Ursachen beheben? Da sind wir unseren Grenzen sehr schnell sehr nahe. Warum, z.B. haben Sie die Gene, die Sie haben und warum leben Sie in der Umwelt, in der Sie leben und nicht in einer anderen?
Wir wünschen uns Informationen zu uns Menschen, um gesund leben zu können, Kranke gesund zu machen, für genug Nahrung, Komfort, Glück etc. zu sorgen. Wir werden nicht selbst alle diese Informationen sammeln können, sondern wir brauchen dazu Dritte, z.B. Wissenschaftler. Diese untersuchen oder befragen jetzt eine Gruppe von Menschen. Dann wird eine Statistik erstellt und an Hand der Daten wird die Wissenschaftlichkeit der Arbeit der Wissenschaftler beurteilt und die Ergebnisse nehmen wir als richtig und zutreffend (also objektiv) für uns. Am Original haben die Wissenschaftler selten ihre Informationen gewonnen. Sie gewinnen die Daten meist an ausgewählten Stichproben und Kollektiven oder sogar Ersatzstrukturen wie Tieren und neuerdings sogar am simulierten Modell im Rechner. Die gewonnenen Daten werden dann einfach auf alle Anderen übertragen. Woher wissen Sie, dass diese Daten für alle Anderen auch gültig sind, also so einfach übertragen werden können? Sie haben es doch gar nicht überprüft. Wissenschaftler glauben nur, was sie überprüft haben. Aber dann müssten sie jeden Einzelnen untersuchen und überprüfen. Eine Forschung wäre nur am Original möglich, nicht an irgendeinem Ersatz. Das haben sie in aller Regel gar nicht getan und können wir in aller Regel auch gar nicht tun. Wir nehmen Ersatz, eine Auswahl. Woher wissen Sie, dass oder wie weit der Ersatz mit dem Original übereinstimmt? Wir wissen es nicht. Wir nehmen es einfach an. Wir glauben es.
Bei rein materiellen Objekten ist ein Austausch wahrscheinlich meist noch relativ sicher ohne grossen Verlust an Realitätsnähe möglich? Am lebenden Tier oder einer lebenden Pflanze oder am lebenden Menschen ist das anders. Da wir Menschen nicht mehr versuchsweise eingreifender untersuchen wollen (aus sogenannt „ethischen“ Gründen), müssen wir uns Ersatz suchen. Mit den Ersatzergebnissen sind wir dann aber nicht zufrieden, denn wir wollen ja qualitativ hochwertige Ergebnisse am Original. Das geht nur gar nicht und das ist nicht ein Fehler des Wissenschaftlers, sondern eine Bedingung des Seins als Mensch (und mancher unserer "ethischen" Entscheidungen). Das kann auch ein Wissenschaftler oder eine Wissenschaftlerin gar nicht ändern. Für das Echte gibt es keinen Ersatz, sonst ist es nicht mehr echt, nicht mehr das Original. Wie weit der Ersatz aber nahe am Original ist, ist meist gar nicht bestimmbar. Wir glauben es einfach schnell und bloss nicht kritisch nachdenken. Denn wir brauchen ja Ergebnisse. Wir wollen doch unsere Welt besser machen, wollen die Ergebnisse verkaufen oder nutzen und Geld damit verdienen. Die Qualität spielt da keine Rolle, Hauptsache wir glauben uns selbst, dass wir gute Qualität liefern und uns selbst glauben wir das fast immer, vor allem als selbstbewusster Neuzeitmensch, der ja von sich glaubt, dass er grundsätzlich Recht hat, dass er richtig liegt (selbst wenn er falsch liegt) und dass sie oder er alles richtig macht. Wenn wir davon nicht zutiefst überzeugt wären, würden wir ja unsere Ansicht ändern. Ich kenne noch keinen Menschen, der von sich selbst nicht glaubt, dass er Recht hat. Die meisten Menschen glauben ja auch von sich, dass sie „kompetent“ sind, ein „Kompetenz-Zentrum“ leiten, durch Certifizierung ihre Qualität belegen. Wie hat man denn überhaupt die Qualität gemessen und bestimmt?
Weil wir die Realität in aller Regel gar nicht erfassen oder messen können, müssen wir uns mit Ersatz zufriedengeben. Dann aber haben wir auch kein Wissen über die Realität, sondern allenfalls über den Ersatz der Realität, wenn überhaupt. Das ist ein Grund, warum es „Wissen“ in aller Regel gar nicht gibt, sondern nur Ansichten, die wir aus unserem Stand und mit den uns möglichen eingeschränkten Mitteln gewonnen haben und die mehr oder weniger realitätsnah sind, ohne dass wir eine Chance haben, das Ausmass der Realitätsnähe zu bestimmen. An der Stelle helfen auch Genauigkeit und Präzision nichts. Ein qualitatives Defizit kann ich nicht durch mehr Quantität ersetzen oder ausgleichen. Wenn ich eine Realität nicht messen kann, dann nützen mir auch immer genauere Messungen und Messergebnisse nichts. Irgendwann betreibe ich nur noch Pseudogenauigkeit. Die Grenze zur Pseudogenauigkeit ist viel früher überschritten als wir uns eingestehen oder es überhaupt wahrnehmen. Die meisten Kommazahlen in Statistiken z.B. sind Pseudogenauigkeit.
Die Evolution hat uns ziemlich blind auf diese Erde geworfen. Wir haben keinerlei Einblick in die Zukunft. Wenn wir bereits nur eine Minute in die Zukunft schauen könnten, und wie schnell ist eine Minute vergangen, könnten wir sicher viele Unfälle im Strassenverkehr verhindern. Wir würden 1 Minute früher beginnen, zu bremsen oder auszuweichen oder anhalten etc. Wie viele Unfälle auf den Autobahnen könnten wir verhindern, wie viele Staustunden umgehen, wie viel Schaden verhindern? Aber bereits diese fehlenden Sekunden des in die Zukunft schauen Könnens führen durch unsere Unachtsamkeit und Fehleinschätzungen zu vielen Unfällen, Staus und Folgeschäden. Die Evolution hat es nicht gut gemeint mit uns. Sie hat uns ziemlich unterentwickelt geschaffen.
Da ist es doch klar, dass unsere Wissenschaftler jede erdenkliche Methode erfinden, damit wir doch in die Zukunft schauen können und uns darauf vorbereiten können. Aber wieder, wir können nicht in die Zukunft schauen, auch die Wissenschaftler nicht. Ob die Vorausschau richtig war, können wir nur nach dem Ereignis in der Rückschau feststellen, wenn überhaupt. Wir müssen also feststellen, dass nahezu alle neuen Voraussagen nicht auf ihre Richtigkeit überprüft sind. Wir können das erst rückwirkend beurteilen. Was Nachhaltigkeit ist, entscheidet sich erst in der Zukunft. Wir wissen das natürlich schon heute. Immer wiederkehrende Voraussagen wie die Wettervorhersagen können entsprechend jeden Tag von den Personen rückschauend überprüft werden, die sie herausgeben, da sie jeden Tag aus der Vergangenheit in der Realität mit der Übereinstimmung zur Vorhersage überprüft werden können. Aber jede neue Vorhersage? „Unsere Technik ist die Zukunftstechnik...“ Woher wissen Sie das? „Wenn wir kein CO2 mehr ausstossen, dann ist die Erderwärmung kein Thema mehr.“ Wie haben Sie das überprüft? 2050 wird die Erdbevölkerung so und so viele betragen. Welche Annahmen haben Sie da zugrunde gelegt und wie sicher ist, dass die auch eintreffen? Aussagen über die Zukunft sind grösstenteils Glauben, nicht Wissen und damit auch nicht wissenschaftlich. Hier führen sich die selbsternannten „Wissenschaftler“ selbst ad absurdum.
Ich hoffe, Sie können meinen Gedankengängen folgen. Wie nahe an der Realität meine Aussagen sind, müssen Sie auch an der Realität überprüfen. Ich bin auch kein Prophet! Keine meiner dargelegten Ansichten ist „Wissen“! Sie haben es schwer mit mir. Sie müssen jede Aussage, jede Ansicht langwierig in Ihrem Leben an Ihren Erfahrungen und den Interaktionen mit Ihrer Umgebung auf Übereinstimmung oder Diskrepanz abklopfen. Das kann ich Ihnen nicht abnehmen. Und Sie werden dazu jede Aktion auf ihre Wirkung und die vielen Nebeneffekte untersuchen müssen, von denen wir meist nicht wissen, ob wir überhaupt an alle gedacht haben.
„Wissenschaft“ ist der Versuch, die Realität zu erkennen, mit allen Mitteln, in allen Dimensionen, auf jede erdenkliche Weise, ohne Einschränkung. Und schon hat die Realität unsere Aufmerksamkeit gefangen genommen und wir sind für nichts mehr Anderes zu gebrauchen. So kann die Menschheit nicht mehr weiter existieren. Halten Sie die Frauen fern der Wissenschaft, sonst sterben wir als Menschheit in Gefangenschaft der „Wissenschaft“ aus. Wissenschaft und Kinder schliessen sich gegenseitig weitgehend aus, sogar „Wissenschaft“ und leben.
Nicht viel anders verhält es sich mit der Vergangenheit. Früher lebende Menschen kannten den Fortgang der Geschichte nicht, wie gesagt, nicht einmal eine Minute im Voraus. Wie unter diesen Umständen die Lebensumstände und viele andere Dinge von den damals lebenden Menschen empfunden und interpretiert wurden, können wir mit unseren Ansichten zu damaligen Ereignissen gar nicht sagen. Wir kennen den Fortgang der Geschichte danach bruchstückhaft. Wir tun es trotzdem und urteilen. Wahrscheinlich sind das mehr Vorurteile als begründete Urteile? Aber da Keiner über uns wie ein Lehrer wacht und mit erhobenem Zeigefinger unsere Vorurteile korrigiert, merken wir das gar nicht. Wir nehmen unsere Falschbeurteilung oder Teilfehlbeurteilung nicht wahr. Wir leben damit und sind der Ansicht: Was ich denke oder glaube, das ist „Wissen“, das ist richtig. Ich habe Recht. Ob wir falsch oder richtig oder irgendwo dazwischen liegen, ist uns Menschen kaum beurteilbar. Wir setzen uns darüber hinweg und leben mit unseren Vorurteilen und es geht auch gar nicht anders. Wir müssen uns das nur jeden Tag wieder vor Augen führen und für jede Ansicht bedenken.
Nach heutiger Ansicht haben die Materie und das Licht im All sehr unterschiedliche Geschwindigkeiten. Das führt dazu, dass wir eine Menge Information aus vermeintlichen Bereichen erhalten, die wir körperlich als Materie nie erreichen werden. Aussagen zu Interpretationen in diesen „Räumen“ (was immer das auch ist) lassen sich nur mit theoretischen Aussagen auf Übereinstimmung oder stimmige Zusammenhänge überprüfen. Eine körperliche Überprüfung dieser Informationen (wie „ich lasse mir mal einen Stein auf den Fuss fallen, um zu überprüfen, ob die Erdanziehungskraft gerade wirkt“) ist unmöglich. Ist aber eine theoretische Übereinstimmung oder ein theoretischer Zusammenhang ein Beweis dafür, dass beide auch real sind und dann auch noch real miteinander in Beziehung stehen? Wir glauben das einfach, so wie wir an einen Gott glauben oder auch glauben, dass es keinen gibt. Wissen tut das Keiner, auch unsere Astrophysiker wie der verstorbene Prof. Stephen Hawkins nicht oder Professor Heino Falcke aus Nijmwegen nicht. Sie erzählen uns nur von Schwarzen Löchern und vielen anderen Dingen im Kosmos so, weil sie selbst nicht selbstkritisch ihre Aussagen hinterfragt haben. Die Annahmen können stimmen oder auch nicht. Wir können es nicht überprüfen. Wir können eine Münze werfen und danach entscheiden. Eine sehr wissenschaftliche Methode. Diese Wissenschaftler glauben einfach nur, dass ihre Theorien bis in alle Unendlichkeit so gelten. Wer hat das überprüft ausser als theoretisches Modell? Was nicht geht, geht nicht und die Wissenschaftler glauben einfach, dass sie es doch können und weil sie Wissenschaftler sind, glauben wir ihnen das auch und geben ihnen das viele Geld, damit sie an ihren vielen Unsinnigkeiten auch noch nicht nur ihren Lebensunterhalt, sondern ihren Wohlstand verdienen können (den dann unsere Kinder als Staatsschulden bezahlen dürfen).
Ich weiss nicht, was ich nicht weiss bzw. was ich nicht wahrnehme, weil mir die Evolution keinen Sinn für diese Dinge geschenkt hat. Jede Annahme oder Aussage zu solchen Dingen hat einen Wahrheitsgehalt, der einem Münzwurf entspricht.
„Ich habe Recht!“ macht uns zum Menschen. Probieren Sie mal im Selbstversuch ein halbes Jahr lang aus: „Ich habe nicht Recht!“ oder auch nur: „Ich weiss es nicht!“ Ich bezweifle also, dass meine Urteile und meine Einschätzungen über Menschen, Tiere und Umwelt jeglicher Art, über die Vergangenheit und die Zukunft richtig oder angemessen sind. Ich denke erst einmal über all diese Dinge nach.
Sie werden staunen, was Ihnen diese Übung über sich selbst und die Welt, in der Sie leben, so alles offenbart. Es wird spannend.
Die Brille „Ich habe Recht!“ (Was ich denke, ist richtig! Mein Urteil stimmt!) ist festgewachsen und unabnehmbar. Natürlich werden Sie bald überzeugt sein, dass Ihnen geglückt ist, sie abzunehmen. Nur den Anderen glückt es nicht. Ich fürchte, da sind Sie schon wieder Ihrem Vorurteil erlegen. Für mich habe ich hier einen Ausweg gefunden, aber den verrate ich Ihnen nicht.
Warum haben uns die Wissenschaftler nicht schon in den 60iger Jahren des vorigen Jahrhunderts gesagt, dass der intensive Verbrauch fossiler Brennstoffe zum CO2-Anstieg in der Atmosphäre führt, der unsere Umwelt so verändert, dass Leben für uns Menschen auf der Erde immer schwieriger wird? Die Grundlagen der Verbrennung und deren Folgen (Entstehen von gewünschter Energie und CO2 und H2O und einigem mehr) wussten die Wissenschaftler doch schon damals. Wir hätten doch mit Freuden auf die Entwicklung von Autos und Flugzeugen sowie Heizungen auf Öl und Gas basierend verzichtet, nur um unsere Umwelt so zu erhalten, dass wir und vor allem unsere Nachkommen leicht in ihr leben können. Oder hätten Sie das nicht? Wir hätten alle weiter unsere Wälder verheizt und wären zu Fuss gegangen.
Wir selbst sind nicht so, wie wir uns das vorstellen, wie wir uns das wünschen oder erträumen. Aber da wir ja Recht haben und mit unseren Ansichten richtig liegen, nehmen wir diese Diskrepanz bei uns gar nicht wahr, sondern allenfalls bei den Anderen, Möchte-gern-Männer bei sich noch viel weniger als Männer. Ich bin auch nicht, wie ich das selbst von mir erträume.
Wenn wir Entscheidungen treffen, im Privatleben ebenso wie in Wirtschaft und Politik, so wissen wir nicht, ob wir alle möglichen Nebeneffekte und Nachteile mit bedacht haben. Im Privatleben müssen wir und unsere Nächsten die Fehler ausbaden, in der Wirtschaft und Politik ganze Menschengruppen oder sogar Völker, inzwischen ja die ganze Weltbevölkerung. Machen Sie als Politiker bitte keine Fehler.
Was ich nicht denken kann, kann ich auch nicht glauben und somit schon gar nicht wissen. Was ich nicht weiss, weiss ich nicht. Deshalb weiss ich auch nicht, was ich weiss, denn im Unbekannten könnten gegenteilige Dinge oder Vorgänge vorhanden sein oder stattfinden, die meine Ansicht widerlegen. Somit wäre meine Ansicht das Gegenteil von Wissen, also Falschwissen, nicht einmal Unwissen. Was ich nicht denken kann, kann ich auch nicht in Erwägung ziehen. Die Neuzeit hat einfach entschieden, dass es das, was ich mir nicht vorstellen oder denken kann, auch nicht gibt. Wie sinnvoll eine solche Weltanschauung ist, müssen Sie für sich selbst entscheiden.
Wir leben in der Nach-Sokrates-Ära, haben das aber gar nicht bemerkt und haben ihn natürlich auch gar nicht verstanden. Wir wissen und haben auf jeden Fall Recht!
Was würde diese Ansicht für den „Beweis“ bedeuten? In der Theorie, der Mathematik, der theoretischen Physik, der theoretischen Astronomie etc. ist er denkbar. Aber haben Sie in der Theorie wirklich jede denkbare und eben auch nicht gedachte Möglichkeit überprüft? Erst recht, wenn wir die Theorie, die Mathematik, die Physik auf unsere reale Umgebung anwenden. Haben Sie jede erdenkliche Möglichkeit und auch die nicht gedachten Möglichkeiten überprüft? Nein? Dann ist der „wissenschaftliche“ Beweis soeben gestorben. Wir glauben da an etwas, was es sehr wahrscheinlich gar nicht gibt. Was wir finden, sind Hinweise, dass etwas nach unserem Verständnis, nach unserer Ansicht, nach unserer Sicht der Zusammenhänge so oder so sein könnte. Wir geben dem Hinweis eine Deutung. Das ist nicht wenig, aber eben kein „Beweis“. Mehr ist sehr wahrscheinlich nicht drin.
Stellen wir uns einmal vor, was diese Ansichten über unser Wissen für wissenschaftliche Bücher, Veröffentlichungen, Studien, Zeitungsartikel etc. heissen würden. Dort würde nicht stehen: „Wir wissen ...“, sondern: „Wir sind heute der Ansicht, dass ...“ (Morgen könnte sie ja schon widerlegt sein?). Dort würde nicht stehen: „Es ist so oder so...“, sondern dort würde stehen: „Wir glauben heute, dass es so oder so ist...“ Alles müsste so umgeschrieben werden, denn kein Wissenschaftler hinterfragt seine eigenen Ansichten. Jede und Jeder hat ganz einfach Recht.
Oder in der Schule? Müssten wir unsere wertvollen Kinder noch so mit jeder Wissensvermittlung, -aneignung und -prüfung gängeln, quälen und viele überfordern? Könnten wir vielleicht die Lehrpläne entrümpeln und Vieles auf dem Wissensmisthaufen entsorgen? Was wäre wirklich wichtig an Ansichten, dass wir sie behalten?
Falls Sie nachvollziehen können, was ich meine, ja falls Sie nachvollziehen können, dass meine Ansichten der Realität näher sein könnten als unser allgemein anerkanntes Wissen, dann bitte ich Sie, seien Sie ganz vorsichtig mit dem Ziehen von Konsequenzen. Lassen Sie uns lange und intensiv nachdenken und hinterfragen, ob es Sinn ergibt, etwas zu ändern und falls doch, was. Nicht, dass wir plötzlich das Gegenteil von dem erreichen, was wir wollten und erwarten.